Liebster! guten Morgen! Du wirst vielleicht jetzt auf einem schönen Morgenspaziergang sein und an uns denken, und vielleicht unzufrieden sein, daß ich meinen gestern geschriebenen Brief1 zurückbehielt, aber ich wartete eben immer auf Nachricht von Dir und wollte auch gerne nach manchen Seiten hin eine Entscheidung abwarten. Wiewohl mit den Kindern geht es gut, der Husten bei Mariechen nimmt ab, der arme Bubi ist heute auch ruhiger, setzt sich wieder in seinem Bette auf, was er die letzten Tage gar nicht mehr that, schlief auch besser, es scheint daß das Geschwür bald reif ist und geöffnet werden kann.
Mit dem Kleinen ging es diese Nacht recht erträglich, wenn ich’s auch wohl merkte daß ich mich mit einer geringern Portion Schlaf begnügen mußte, doch habe ich Aussicht auf ein Kindermädchen, die von der Schott; sie war vor wenigen Tagen hier, gefiel mir nicht übel und Schott’s und Scheuerl’s loben sie sehr, in jeder Hinsicht, besonders aber außerordentlich sorgsam und treu mit dem Kind. Sie vermiethet sich aber nur Aushilfsweise, was wieder auch lieb ist, ich bin dann nicht gebunden und ist sie wirklich eine Perle, wird sie durch silberne Bande wohl zu fesseln sein. Bald ist es Zeit, daß der Briefbote kommt, vielleicht bringt er mir ein Briefchen von Dir.
Es ist Mittag und meine Hoffnung ist zu Wasser geworden, Du böser Mann! Dagegen sind die Kinder eben erfreut worden durch eine Sendung Bonbons von der lieben Großmutter nebst einem herzlichen Briefchen. – Ziemssen, der ein Paar Tage verreist war, sah sich heute nach uns um und fand die Kranken auch gut und läßt Dich schön grüßen und freute sich Deines bessern Aussehens während der letzten Tage. Er war sehr liebenswürdig und nett mit den Kindern.
Gott mit Dir und Deiner Susanna.