München Sonntag 4. October 1863
Morgens
Liebes Suschen!
Ich benutze die ruhige Morgenstunde, um Dir von mir Nachricht zu geben. Bei schlechtem Wetter ging meine Reise am Freitag doch glücklich von statten. Ich traf Ranke schon auf dem Bahnhof in Nürnberg, mit dem ich mich natürlich vortrefflich unterhielt. Er hatte seinen Sohn bei sich der eben die Universität bezieht. In Augsburg, wo es fest regnete, erwartete mich Frensdorff, aber ich sah mich vergeblich nach Wegele um; er war nicht da, er war auch nicht in München, doch hatte er Wohnung bei Leinfelder bestellt und ich bezog eines der drei für uns bestimmten Zimmer, dann ging ich zu Giesebrecht, der mich für den Abend bei sich festhielt. Bis ich wieder nach Hause kam, war Freund Stälin eingetroffen, aber statt Wegele ein Brief von ihm, worin er wieder abschrieb – ein seltsames Schwanken, welches seine unruhige und doch viel weniger sichere Meinung als er zugeben will, beweist. Auch Droysen und
Sybel sind ausgeblieben. Gestern Vormittag war die erste Sitzung, am Abend auch eine Commissionssitzung, der ich beizuwohnen hatte. |
Mit Waitz, der sich sehr theilnehmend für unser Gottlob vergangenes Mißgeschick bewies, Arneth, Lappenberg, Stälin aß ich zu Mittag; Nachmittags ein Spaziergang durch die glänzende Maximiliansstraße. Daswar mein bisheriges Leben. Für heute ist die herkömmliche Octoberfest-Excursion verabredet. Um 10 ½ Uhr fahren wir nach Starnberg, dann nach Feldaffing über den See, wo wir Mittag halten wollen, und von da vielleicht noch nach Andechs am Ammersee, wenn die Zeit nicht zu kurz wird. Ich muß noch erwähnen, daß ich gleich nach Ankunft vorgestern Hoffmanns auf dem Wege begegnete: beide sehen ganz wohl aus und waren dabei Abschiedsbesuche zu machen. Am Montag das ist morgen wollten sie München verlassen, aber nicht sogleich nach Erlangen zurückkehren, sondern erst noch einen Abstecher nach Lindau machen. Gestern Nachmittag ging ich auch zum Onkel, fand ihn aber nicht zu Hause und die Tante so beschäftigt mit Vorbereitungen für die Ankunft Wilhelminens, daß ich sie nicht sehen konnte; statt ihrer empfing mich das Annchen, that aber auch sehr unruhig; doch bestellte ich meine verschiedenen Aufträge. Ich dachte bei mir, ebenso wie das vorige Mal, wie gut war es doch, daß ich eine Einladung der lieben Tante bei ihr zu wohnen, abgelehnt hatte! – |
Der heutige sonnenhelle Morgen verspricht uns einen schönen Tag. Auch Ihr werdet Euch dessen freuen und vielleicht dürfen die Kinder nach dem Glockenhof; ich hätte meinerseits nichts dagegen, wenn sie auch nur zur rechten Zeit wieder nach Hause kommen. Von Deiner Ausrichtung in Erlangen am Freitag hoffe ich in Deinem ersten Brief, der vielleicht noch heute kommt, zu hören: das üble Wetter wird Dir sehr unbequem gewesen sein. –
Soviel sich bis jetzt absehen läßt, werde ich Ende der Woche zurückkommen. Ich werde das nächste Mal bestimmter darüber schreiben können, denn bis jetzt läßt sich noch nicht übersehen, wie lange wir beschäftigt sein werden. Ich grüße die lieben Eltern, Deine Schwestern und
Friedrich und alle unsere Kinderlein, von denen ich mit Verlangen Nachricht erwarte.
Lebe wohl, meine innigst geliebte Susi.
Dein
Karl
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher
Susanna Maria Hegel, geb. Tucher116146891918261878Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher (1826–1878), häufig „Susette“ genannt, Tochter Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871) und Maria Magdalena Tuchers, geb. Grundherr (1802–1876), Ehefrau Karl Hegels (1813–1901); siehe auch: Tucher, Susanna Maria.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Privatbesitz
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Privatbesitz
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Neuhaus
, Helmut: 150 Jahre Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Eine Chronik, München 2008.
Neuhaus
, 150 Jahre Historische Kommission
2008
Ranke, LeopoldLeopold Ranke
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11859827917951886Ranke, Leopold (1795–1886), in Wiehe geborener deutscher Historiker, der von 1818 bis 1824 Gymnasiallehrer in Frankfurt an der Oder war. Im Jahre 1824 wurde er außerordentlicher Professor, 1834 ordentlicher Professor für Geschichte an der Berliner Universität. Von 1858 an war er erster Präsident der von ihm initiierten Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Ranke, OttoOtto Ranke13910552218441928Ranke, Otto (1844–1928), geboren in Berlin als Sohn des Historikers Leopold Ranke (1795–1886) und Helena Clarissa Rankes, geb. Graves-Perceval (1808–1871), evangelischer Theologe und Pfarrer in Berlin.
Frensdorff, FerdinandFerdinand Frensdorffhttps://www.deutsche-biographie.de/sfz17060.html#ndbconte11677010418331931Frensdorff, Ferdinand (1833–1931), in Hannover geborener Jurist und Historiker, der von 1853 bis 1857 an den Universitäten Heidelberg, Berlin, Leipzig und Göttingen Rechtswissenschaften studierte und 1857 in Göttingen promoviert wurde. Er war Mitarbeiter Karl Hegels bei dem Editionsunternehmen „Die Chroniken der deutschen Städte“ der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Im Jahre 1863 habilitierte er sich an der Universität Göttingen und wurde 1866 außerordentlicher, dann dort von 1873 an bis zu seinem Lebensende ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften und Rechtsgeschichte. Im Studienjahr 1887/88 war er Rektor der Universität Göttingen.
Wegele, Franz XaverFranz Xaver Wegele
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11930313218231897Wegele, Franz Xaver (1823–1897), in Landsberg am Lech geborener Historiker, der an den Universitäten München und Heidelberg studierte und sich im Jahre 1849 habilitierte. Von 1851 bis 1857 war er außerordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Jena, von 1857 bis zu seinem Tode ordentlicher Professor an der Universität Würzburg. Im Jahre 1858 gehörte er, ein Freund Karl Hegels (1813–1901), zu den Gründungsmitgliedern der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und war von 1873 bis 1897 einer der Redakteure bei der Allgemeinen Deutschen Biographie (ADB).
Giesebrecht, Wilhelm FriedrichWilhelm Giesebrecht
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11871736718141889Giesebrecht, Wilhelm Friedrich (1814–1889), in Berlin geborener Historiker, der 1851 außerordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Königsberg wurde, von 1857 bis 1861 dort Ordinarius und anschließend bis 1889 an der Universität München war. Im Jahre 1858 wurde er Gründungsmitglied der Historischen Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften und von 1862 bis 1889 deren Sekretär. Im Jahre 1875 wurde er Mitglied der neugeschaffenenen Zentraldirektion der MGH in Berlin und wurde Mitglied des Verwaltungsrates und Gelehrtenausschusses des GNM in Nürnberg.
Stälin, Christoph FriedrichChristoph Friedrich Stälin
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11720279718051873Stälin, Christoph Friedrich (1805–1873), in Calw geborener Bibliothekar und Historiker, der von 1821 bis 1825 an den Universitäten Tübingen und Heidelberg Philosophie, Theologie und Philologie studierte und danach in den Dienst der Königlichen Öffentlichen Bibliothek in Stuttgart eintrat, deren Direktor er 1869 wurde. Im Jahre 1858 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Droysen, Johann GustavJohann Gustav Droysen11852755X18081884Droysen, Johann Gustav (1808–1884), in Westpommern geborener Lehrer, Historiker und Politiker, der von 1835 bis 1840 außerordentlicher Professor für Geschichte an der Universität Berlin und von 1840 bis 1851 ordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Kiel war, dann bis 1859 an der Universität Jena und von 1859 bis 1884 an der Universität Berlin. Er war Gründungsmitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, schied aber im Jahre 1871 wieder aus. 1848/49 war er Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung.
Sybel, HeinrichHeinrich Sybel
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11862022318171895Sybel, Heinrich (1817–1895), in Düsseldorf geborener Historiker, Politiker und Archivar, der nach seinem Studium im Jahre 1838 an der Berliner Universität promoviert und 1840 an der Universität Bonn habilitiert wurde. Als ordentlicher Professor wirkte er an den Universitäten Marburg (1845–1856), München (1856–1861) und Bonn (1861–1875) und übernahm von 1875 bis 1895 als Direktor die Leitung der Preußischen Staatsarchive. Im Jahre 1858 gehörte er in München zu den Gründungsmitgliedern der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, gründete 1859 die Historische Zeitschrift und war von 1886 bis 1895 Präsident der Historischen Kommission in München. Im Jahre 1848 war er Mitglied des Frankfurter Vorparlaments, 1850 Mitglied des Erfurter Unionsparlaments, von 1874 bis1880 Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses.
Waitz, GeorgGeorg Waitz
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11905914218131886Waitz, Georg (1813–1886), in Flensburg geborener Historiker, der nach einem breiten geisteswissenschaftlichen, juristischen und theologischen Studium an den Universitäten Kiel und Berlin 1836 promoviert wurde. Nach seiner Tätigkeit bei den Monumenta Germaniae Historica wurde er 1842 ordentlicher Professor der Geschichtswissenschaft an der Universität Kiel, wechselte 1848 als Ordinarius an die Universität Göttingen und wurde 1858 Gründungsmitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München. Als er 1875 Präsident der Monumenta Germaniae Historica in Berlin wurde, ging er gleichzeitig an die Universität Berlin. Er war in erster Ehe mit Clara Schelling (1818–1857), einer Tochter des Philosophen Friedrich Wilhelm Schelling (1775–1854), verheiratet, in zweiter Ehe mit Helene Franziska Friederike Hartmann (1831–1915), einer Tochter des Generals Georg Julius Hartmann (1774–1856).
Arneth, AlfredAlfred Arneth
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11634485718191897Arneth, Alfred (1819–1897), in Wien geborener österreichischer Historiker, Archivar und Politiker. 1848/49 gehörte er der Frankfurter Nationalversammlung an, wurde 1863 Mitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und war 1896/97 deren Präsident; im Jahre 1868 wurde er Direktor des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs.
Lappenberg, Johann MartinJohann Martin Lappenberg
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10018093017941865Lappenberg, Johann Martin (1794–1865), in Hamburg geborener deutscher Historiker und Archivar, der nach Studien an den Universitäten in Edinburg und Berlin an der Universität Göttingen zum Dr. jur. promoviert wurde und nach diplomatischen Tätigkeiten für seine Vaterstadt Archivar des Archivs des Hamburger Senats wurde. Sein Wirken als Gelehrter fand höchste Anerkennungen mit seinen Berufungen in die Akademien der Wissenschaften in München, Berlin, Göttingen und Sankt Petersburg sowie in die Historische Kommission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften in München, zu deren 18 Gründungsmitgliedern er im Jahre 1858 gehörte.
Hofmann, Charlotte, geb. Lameyer
Charlotte Hofmann, geb. Lameyer-1883Hofmann, Charlotte, geb. Lameyer († 1883), Ehefrau Johannes Christian Konrad Hofmanns (1810–1877), des ordentlichen Professors der evangelischen Theologie an den Universitäten Rostock und Erlangen.
Hofmann, Johannes Christian KonradJohannes Hofmann11870611X18101877Hofmann, Johannes Christian Konrad (1810–1877), in Nürnberg geborener evangelischer Theologe und Gymnasiallehrer, 1841/42 außerordentlicher Professor der Theologie an der Universität Erlangen, ordentlicher Professor an den Universitäten Rostock (1842–1845) und Erlangen (1845–1877).
Tucher, Friedrich Wilhelm Sigmund Friedrich Wilhelm Sigmund Tucher116153730918461924Tucher, Friedrich Wilhelm Sigmund (1846–1924), Sohn Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871) und Maria Magdalena Tuchers, geb. Grundherr (1802–1876), jüngster Bruder Susanna Maria Hegels (1826–1878), Taufpate Gottlieb Friedrich Hegels (1867–1874), 1867 Forsteleve in Aschaffenburg, Ehemann Auguste Marianna Tuchers, geb. Stramer (1857–1887), nach deren Tod ab 1888 Maria Margarethe Charlotte Tuchers, geb. Anns (1852–1917).
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
Augsburg48.3668041,10.8986971Auf römische Zeit zurückgehende alte Reichsstadt des Heiligen Römischen Reiches und Bischofsstadt am Lech, etwa 65 Kilometer nordwestlich von München gelegen und seit 1806 zum Königreich Bayern gehörig.
Starnberg48.0001038,11.3508972Stadt an der Nordspitze des gleichnamigen Sees im Südwesten Münchens.
Feldaffing47.9466714,11.2905374Die Gemeinde Feldafing liegt am Westufer des Starnberger Sees.
Andechs47.9746379,11.1828225Benediktinerkloster, zwischen Ammersee und Starnberger See gelegen.
AmmerseeEtwa 50 Kilometer südwestlich von München gelegener Voralpen-See.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Lindau47.550753,9.6926624Seit 1806 Stadt und Insel des Königreiches Bayern, am Nordostufer des Bodensees gelegen.
Historische Commission/Kommission, MünchenIm Jahre 1858 in München auf Anregung des Berliner Historikers Leopold Ranke (1795-1886) vom bayerischen König Maximilian II. Joseph (1811-1864) bei seiner Akademie der Wissenschaften gegründete Institution zur Erforschung der deutsche Geschichte.
OktoberfestSeit 1810 in der Regel jährlich in München auf der Theresienwiese stattfindendes Herbstfest für die Bevölkerung mit landwirtschaftlichen Ausstellungen.
Glockenhof (Nürnberg)Seit 1765 gehörte der südöstlich vor der Nürnberger Altstadt gelegene Herrensitz der Familie von Grundherr.