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Karl Hegel an Matthias Lexer, Erlangen, 1. Mai 1864

Sehr geehrter Herr Professor!1

Der Druck des Meisterlin hat so eben begonnen und ich muß daher wegen des Glossar zu einer Entscheidung kommen. Wie ich Ihnen bereits versichert habe, so war es nicht meine Meinung, Ihnen für die Ausarbeitung eines Glossars nur ebenso viel zu bieten als für die Textesbearbeitung und Sie werden mir das wohl glauben, da Sie mich hoffentlich während unseres mehrjährigen Verkehrs als einen ehrlichen Mann kennen gelernt haben, der nicht sagt, was nicht wahr ist und nicht anders spricht, als er denkt. Ich gönne meinen Mitarbeitern von Herzen jedes wohlverdiente Honorar und mein persönliches Interesse wird in keiner Weise dadurch berührt, da ich selbst nur nach sehr mäßigen Sätzen für meine Arbeiten (10 bis 20 florin pro Bogen) honorirt werde, gleichwohl was meine Mitarbeiter bekommen. Aber an diese bestimmten Sätze bin ich ebenso für meine Mitarbeiter, wie für mich selbst, durch die Beschlüsse der Commission gefunden, und ich darf sie um so weniger überschreiten, als auch für andere Mitglieder der Commission, welche ähnliche Untersuchungen zu leiten haben, dieselben Normen gelten. Sie werden es also wohl begreiflich finden, daß ich Bedenken trug, auf Ihre Honorarforderung für das Glossar einzugehen. Doch wollte ich mir die Sache noch überlegen, ob ich nicht einen Modus finden könnte, Ihnen so weit als möglich entgegen zu kommen, da mir um der Sache willen daran liegt, daß Sie die Arbeit machen, nachdem Sie sich schon so eingehend mit dem Meisterlin beschäftigt haben; denn ich bin überzeugt, daß Sie sie um deßwillen so viel leichter und besser als ein Anderer machen werden. Da ist mir der Gedanke entgegengetreten, daß wir uns vielleicht über eine Honorarsumme für das Glossar im ganzen verständigen können, welche ein dieser Form vor der Commission zu vertreten ich kein Bedenken tragen würde. Damit Sie aber genau wissen, um was es sich handelt, so ist es meine Absicht, dem Wunsch des Verlegers entsprechend, den folgenden dritten Band2 nur einige 20 Bogen stark zu machen, und dieser wird demnach nur den deutschen und lateinischen Meisterlin und im Anhang das kurze Stück der deutschen Chronik, welches Sie kennen, und einige Beilagen, wovon nur die eine nähere deutsche Urkunde bringen wird, enthalten. Demnach würde das Glossar sich nur auf etwa die Hälfte des Bandes, mit circa 12 Bogen, nämlich den deutschen Meisterlin, das Stück der deutschen Chronik und die deutschen Urkunden beziehen. Sie ersehen hieraus, daß die Arbeit weit nicht so schwierig und umfänglich als die zu den beiden ersten Bänden sein wird, und vielleicht möchte Ihnen ein Honorar von 50 florin nicht unangemessen erscheinen, auch in dem Fall wenn das Glossar mehr als einen Druckbogen ausmachen sollte. Das wäre freilich aber auch das Höchste, was ich im vorliegenden Falle verantworten zu können glaube und setze ich voraus, daß der Umfang nicht unter einem Druckbogen ausmacht; dann sollte dieser um ein beträchtliches (etwa ¼) geringer sein, wie ich jedoch kaum erwarte, so würde sich jene Summe noch um ⅕, also auf 40 florin im ganzen ermäßigen. Ich hoffe, Sie werden meinen Vorschlag, auch wenn Sie ihn unannehmbar finden – denn das hängt ja ganz von den für Sie allein maßgebenden Erwägungen ab – nicht für eine an sich unbillige Zumuthung erklären; Sie können versichert sein, daß ich damit so weit gegangen bin, als ich es irgend vor der Commission vertreten zu können glaube, in dem Wunsch Sie zu befriedigen und Sie für die Arbeit zu gewinnen.

Im Fall Sie auf meinen Antrag eingehen, werde ich Ihnen die Aushängebogen zukommen lassen. Aber sehr erwünscht wäre mir eine unverzügliche Erklärung.

Was die Stuttgarter Handschrift3 betrifft, so habe ich von Stälin die Erlaubniß erwirkt, sie noch länger in Ihren Händen zu lassen, doch bis zum Herbst, schreibt er (ohne bestimmtere Angabe des Termins) müsse sie jedenfalls zurückgegeben werden. Ich fürchte fast, daß Sie bis dahin mit der Arbeit nicht fertig werden, aber ich weiß es für jetzt nicht zu ändern.4

Leben Sie wohl. Ich denke nicht, daß unser gutes und freundliches Verhältniß, wie es Jahre lang zwischen uns bestanden hat, durch diese leidige Honorarfrage im Grunde alterirt werden sollte, selbst wenn auch diesmal eine Verständigung nicht erreichbar wäre.

Hochachtungsvoll
der Ihrige
Carl Hegel.