Mit bestem Dank sende ich hierbei den aus Ihrer Bibliothek entliehenen Codex und in dem andern Paket die derselben angehörigen Bücher zurück.
Nachdem nun endlich doch noch die kaum mehr erwartete Einladung zur Sitzung der Historischen Commission erfolgt ist, habe ich die begründete Hoffnung Sie im Beginn des Herbsts1 in München wieder zu begrüßen.
Die Besetzung unserer philosophischen Professur wird, scheint es, ad Grecias calendas verschoben. Wir sind aufs neue zum Gutachten über Müller und Autenrieth und andere beliebige bayrische Gymnasiallehrer aufgefordert worden, nachdem wir schon einmal unser Vorschlagsrecht gegen den Grundsatz es auf Einheimische | beschränken zu sollen verwehrt haben. Unsre Antwort wird jetzt nur eine Wiederholung der früheren sein, und wir werden erwarten, auf welche Weise und wie weit jener noch bei zwei vorderen Gelegenheiten uns vorgerückter Grundsatz durchgeführt werden wird. Nachdem Herr von Zwehl abgegangen ist, wird es sich ja zeigen, wer eigentlich jetzt regiert, ob Herr Pfistermeister oder wer sonst? In München scheint man es zur Zeit noch ebenso wenig bestimmt zu wissen, als es hier bei uns bekannt ist.
Unser trefflicher Kliniker Ziemssen hat so eben einen Ruf nach Greifswald zurück erhalten und der Senat eine Gehaltszulage für ihn beantragt. Auch hierbei wird es sich zeigen, welchen Werth man in München darauf legt, tüchtige auswärtsgeborene Kräfte nicht erst zu gewinnen, sondern um festzuhalten.
Mit vollkommener Hochachtung
der Ihrige Carl Hegel.
1Die sechste Plenarversammlung der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften fand im Jahr 1864 vom 28. September bis 4. Oktober statt. Nach dem plötzlichen Tod König Maximilians II. von Bayern im März 1864 war diese Versammlung nun von seinem Sohn und Nachfolger Ludwig II. genehmigt worden, ihr Fortbestand stand damals noch in Frage genauso wie etwaige Veränderungen ihrer Statuten sowie der Kommission an sich als solcher. Vgl. dazu Neuhaus, 150 Jahre Historische Kommission, besonders S. 17 f.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Halm, KarlKarl Halm10015846318091882Halm, Karl (1809–1882), war ein in München geborener und gestorbener Klassischer Philologe, der zunächst als Gymnasiallehrer in München wirkte, bevor er 1856 Ordinarius an der Münchener Universität wurde und zugleich zum Direktor der Hof- und Staatsbibliothek, der heutigen Bayerischen Staatsbibliothek in München, avancierte. Karl Hegel (1813–1901) arbeitete mit ihm vornehmlich im Rahmen seines großen Editionsunternehmens der „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“ im Auftrag der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München eng zusammen.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Bayerische Staatsbibliothek (BSB), München
: Döllingeriana II.
BSB München1000
Neuhaus
, Helmut: 150 Jahre Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Eine Chronik, München 2008.
Neuhaus
, 150 Jahre Historische Kommission
2008
Müller, Iwan11759726018301917Müller, Iwan (1830–1917), klassischer Philologe und Pädagoge, der von 1864 bis 1893 an der Universität Erlangen wirkte, von 1893 bis 1906 in München; er war zu seinen Lebzeiten einer der führenden Pädagogen und daher aufgrund seiner Reputation von 1890 und 1893 Mitglied des bayerischen Obersten Schulrates.
Autenrieth, GeorgGeorg Autenrieth11638820X18331900Autenrieth, Georg (1833–1900), war ein deutscher Philologe und Pädagoge, der an der Universität Erlangen Philosophie, Philologie und Theologie studiert hatte. Nach Abschluss seines Studiums unterrichtete er an verschiedenen Gymnasien in Erlangen, Zweibrücken und Nürnberg (Melanchthon-Gymnasium), an beiden letzteren war er jeweils auch als Rektor tätig, 1869 erhielt er den Professoren-Titel und trat durch mehrere Publikationen in unterschiedlichen Disziplinen hervor.
Zwehl, Theodor Karl Johann Nepomuk116000791 11600079118001875Zwehl, Theodor Karl Johann Nepomuk (1800–1875), im mittelrheinischen Vallendar geborener bayerischer Politiker, der nach seinem Studium der Rechtswissenschaften von 1818 bis 1826 an den Universitäten Würzburg und Heidelberg in königlich bayerische Ministerialdienst trat. Von 1849 bis 1852 war er Staatsminister des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten, dann bis 1859 Kultusminister, und beendete sein Berufsleben von 1864 bis 1868 als Regierungspräsident von Oberfranken in Bayreuth und von 1870 bis 1875 als Regierungspräsident von Oberbayern in München.
Pfistermeister, Franz SeraphFranz Pfistermeister11616714918201912Der in Amberg geborene und in München verstorbene Franz Seraph Pfistermeister (1820–1912), war bayerischer Staatsrat, Hofsekretär und Politiker.
Ziemssen, Hugo WilhelmHugo Wilhelm Ziemssen11759745718291902Ziemssen, Hugo Wilhelm (1829–1902), in Greifswald geborener Mediziner, der von 1848 bis 1854 an den Universitäten Greifswald, Berlin und Würzburg studierte, 1854 in Greifswald promoviert wurde, sich dort 1856 habilitierte und 1861 außerordentlicher Professor wurde. Von 1863 bis 1874 war er ordentlicher Professor für Innere Medizin, Spezielle Pathologie und Therapie an der Universität Erlangen und wechselte dann bis zu seinem Tode auf einen Lehrstuhl an der Universität München.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
GreifswaldUniversitäts- und Hansestadt an der Ostsee gelegen im westlichen Pommern. Infolge des Wiener Kongresses war die Stadt Greifswald, die 1250 das Stadtrecht erhalten hatte und seit 1456 über eine Universität verfügte, 1815 an Preußen gefallen.
Bayerische Staatsbibliothek, München1558 als Hofbibliothek gegründete Staatsbibliothek, die im Lauf ihrer Geschichte und innerhalb verschiedener Quellen unterschiedlich benannt bzw. bezeichnet wird (z. B.: königliche Hofbibliothek, Königlich bayerische Hofbibliothek, Königliche Staatsbibliothek, Königliche Staats- und Hofbibliothek).
Codex, CodicesKodex, aus dem Lateinischen stammend, Plural Codices, in Bezug auf das Mittelalter bezogen auf eine Sammlung von Handschrift(en), welche zwischen Holzdeckeln zu einer Art Buch zusammengefügt sind; im übertragenen Sinne auch Bezeichnung für eine Sammlung geschriebener oder auch ungeschriebener Verhaltensregeln innerhalb einer Gesellschaft, Menschengruppe, eines Standes etc.
Historische Commission/Kommission, MünchenIm Jahre 1858 in München auf Anregung des Berliner Historikers Leopold Ranke (1795-1886) vom bayerischen König Maximilian II. Joseph (1811-1864) bei seiner Akademie der Wissenschaften gegründete Institution zur Erforschung der deutsche Geschichte.
ad Graecas CalendasSpöttische Redewendung, wörtlich: „Bis zu den griechischen Kalenden“ für die scherzhafte Beschreibung eines nie eintretenden Zeitpunktes (auch im Sinne von: niemals), da die Griechen – im Gegensatz zu den Römern – keine Kalenden kannten.
Senat, akademischer (Universität Erlangen)Akademischer Senat der königlichen Universität Erlangen.
Mehrere Registerverweise
Zitierempfehlung
Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers Karl Hegel (1813-1901), bearbeitet von Helmut Neuhaus und Marion Kreis