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Theodor Knochenhauer an Karl Hegel, Nürnberg, 23. April 1865

Hochgeehrter Herr Profeßor!2

Die Tage gehen so schnell dahin, daß ich eile, vor meinem Weggang von hier Ihnen noch einmal zu berichten.

Ich habe die letzten Tage vorwiegend auf die Abschrift verwendet und sie soweit als möglich gefördert; dasselbe denke ich auch in kommender Woche zu thun, um für den schöneren Theil der Arbeit möglichst bald ganz freie Hand zu haben. Mittheilung von Urkunden ist in dem Bericht über die Immunitätskämpfe durchweg die Hauptsache, die Erzählung dient nur zum Aneinanderreihen der einzelnen Stücke, hat aber doch eine lebendige und frische Farbe. Man merkt die lebhafte Theilnahme am Streit, und zwar vom Standpunkt der Bürger aus, sicher heraus. Nur einmal bis jetzt sind Bemerkungen über das Wetter eingeflochten. – Auch so ist die Chronik – wenn man den Namen gebrauchen darf – für die Bambergische Geschichte von großem Interesse, und um so mehr, da von den Urkunden mit Ausnahme zweier – einer gelegentlich eingeschobenen des Papst Bonifaz IX, des Jahres 1397, und einer Sigmunds des Jahres 1431. – den Bamberger Historikern keine einzige bekannt zu sein scheint. Nirgends wenigstens habe ich eine derselben bis jetzt angeführt gefunden, und bei allen, die ich kenne, wird es in Folge davon auch gar nicht hervorgehoben, wie sehr Sigmund damals für die Bürger gegen die Stifter thätig gewesen ist. Schuberth (Bamberg. Staats- und Gerichtsverfassung: 1790 und 1792), Pfeufer (Beiträge zu Bambergs Geschichte) und Mayer (von ihm, nicht von Pfeufer ist die Schrift über Steuerwesen) sind über die Kämpfe seit 1431 gleich dürftig, und von Anderen ist keinesfalls mehr zu erwarten, jene sind die Hauptschriften. Wie ich gesehen, enthält auch das bairische Regestenwerk keine einzige von den vorkommenden Diplomen, freilich auch nicht einmal jene beiden sonst schon gedruckten. Suchen wird man sie daher nur etwa im städtischen Archiv3 dürfen, aber es liegt sehr nahe anzunehmen, daß die den Stifter so ungünstigen Urkunden überhaupt durch sie beseitigt worden sind; auch der, wie es scheint, anzunehmende Verlust des Originals unserer Chronik und das Vorhandensein dieser einzigen Abschrift dürfte so zu erklären sein.

Es ist überhaupt auffällig, wie wenig die bambergische Geschichte vom Standpunkt der Bürger aus bis jetzt, so viel ich sehe, betrachtet worden ist; das Wachsthum des Bisthums, die Kämpfe um die Besitzungen, dann die Steuer, und, besonders in der späteren Zeit, die Immunitätsverhältniße sind im Vordergrund. Und in der That scheint hinter dem oligarchischen Regiment der Geistlichkeit alles Uebrige im Verlauf der Geschichte immer mehr zurückgetreten zu sein. Für das Ankämpfen dagegen und die Bestrebungen der Bürger ist unser Bericht jedenfalls eine bei dem Mangel anderer jedenfalls sehr lehrreiche Quelle. Zu Erläuterungen wird er doch sich selbst wol nicht viel Anlaß bieten; er nennt einzelne Persönlichkeiten, auch Festlichkeiten fast gar nicht; nur die auf die Gesandtschaften verwendeten Summen würden, falls man sie in den Rechnungen angegeben fände, den Eifer der Bürger sehr ins Licht stellen. An ihr Vorhandensein glaube ich doch noch; wenigstens citirt nach Aufseß im ersten Jahrgang des Anzeigers (1832) vielfach aus den Stadtrechnungen auf dem Magistrat, freilich immer vom Jahr 1435 ab. Er gibt überhaupt mehrfach Notizen, die auf sehr reichliches Material in den Bamberger Archiven4 schließen lassen.

In Betreff des Bauernkriegs habe ich unter den Mandaten, die das Germanische Museum besitzt, mehrere gefunden, die vielleicht von Wichtigkeit sind; doch weiß ich sie noch nicht recht zu schätzen. Es sind alte Drucke ohne alte Schrift. Das eine, das sich auf die Beitreibung der Entschädigungssummen nach dem Aufstand bezieht, habe ich in Abschrift genommen; ein anderes entspricht einem schon bei Waldau (Geschichte des Bauernkriegs aus einer gleichzeitigen Handschrift.) gedruckten, ist aber unvollständiger als hier. – Unser Bericht ist jedenfalls von dem ebengenannten verschieden, dieser ist von einem Anhänger des Bischofs, unserer jedenfalls von einem Bürger: er führt den zuletzt den Bürgern gebotenen Huldigungseid als Eid, den wir schwören müßen an. Was sich aus dieser Verschiedenheit des Verfassers ergeben wird, weiß ich noch nicht. – Benutzt ist unser Bericht wol noch nicht, immer nur der Waldauische. So führt das Heller in seiner Reformationsgeschichte diesen und den fast gleichlautenden, jetzt auf dem Germanischen Museum befindlichen, als seine handschriftlichen Quellen an. Derselbe spricht hier (pagina 78) übrigens die Absicht aus, die Geschichte des Bauernkriegs in Franken noch besonders darzustellen; das Germanische Museum hat das Buch nicht.

Diese Woche gedenke ich die Abschrift weiterzuführen und mich aus den Urkunden selbst mehr zu unterrichten über die Bambergischen Verhältniße. Sehr intereßant war mir das von Höfler herausgegebene Rechtsbuch des Bischofs Friedrich von Hohenlohe (1348), auch seine Uebersicht über die Bambergische Geschichte in der Einleitung. Im Rechtsbuch ist Manches für die Bürgerverhältniße sehr Brauchbare, so pagina 38 folgende eine Liste der damaligen Hausbesitzer nach den einzelnen Straßen, pagina 9 folgende ein zur Kenntniß der Bamberger Gewerbsthätigkeit dienliches Zollregister.

Eine Quittung füge ich heute schon bei; meine Auslagen bestehen in 24 Kreuzer für Schreibpapier und 1 florin 12 für 2 Wörlsche Karten5. Ich habe 2 nehmen müßen, da Bamberg nicht Mittelpunkt einer Karte ist, und könnte zu der 3ten vom Generalstab noch eine 4te brauchen.

Zu reisen denke ich am 1. Mai, künftigen Montag, des Abends, so daß ich den Morgen noch hier benutzen kann.

Hochachtungsvoll ergeben
Theodor Knochenhauer.