Zuerst meinen Dank für die Sendung und Ihren Brief vom 14. dieses Monats. Im Copiren der Urkunden nicht fortzufahren und Hinweisung auf den nächsten Block unserer Ausgabe, traf mich gerade als ich selbst das erstere aufgegeben und angefangen hatte, mich mit Auszügen zu begnügen. In diesen bin auch seither fortgefahren und habe bereits von einer ziemlichen Anzahl einschlägiger Urkunden Kenntniß genommen; das Abschreiben zu Anfang ist mir für schnellere Er-| ledigung anderer Urkunden sehr zu statten gekommen. So wenig ich verkenne, daß eine vollständige wissenschaftliche Bearbeitung des Streits außerhalb der Aufgabe liegt, so habe ich doch geglaubt, die in die von unserm Bericht umfaßten Jahre fallenden, auf die Immunitäten bezüglichen Urkunden, so weit möglich, sämmtlich durchnehmen zu müßen, da sich bei der Mangelhaftigkeit alles bis jetzt darüber Geschriebenen nur so eine Ansicht über den Werth unsres Berichts gewinnen ließ. Von den in diesen gegebenen Urkunden liegen mir bis jetzt nur 5 im Original vor; ich habe die Correctur des im wesentlichen doch nur sprachlich abweichenden Textes der Handschrift theilweise bereits vorgenommen unter genauer Angabe der Varianten. Auch das Hinausgehen über die Jahre 1431-1435 hat sich bereits belohnt, doch zum Beispiel erst gestern in | einer schiedsrichterlichen Verhandlung vom Jahr
1438 von dem Anwalt der Bürger eine Reihe der in unsrem Bericht enthaltenen Urkunden citiert fand: bei dem Verlust der Originale ein erwünschtes Zeugnis für ihre Echtheit. Wird es mir durch die reichlichere Benützung von Urkunden möglich, in der Einleitung die Entwickelung des Streites einigermaßen vollständig zu geben, so wird dies, denke ich, der Ausgabe nicht zum Schaden gereichen; doch kann ich mich sowol hier als in den Anmerkungen knapp halten und auf das Nothwendige beschränken. Und auch zu viel Zeit wird die Bearbeitung des als Darstellung freilich armen für die Auffassung der Bamberger
Geschichte aber doch bedeutenden Stückes nicht wegnehmen; wie mir Archivar
Rapp sagt, werde ich mit den im königlichen Archiv befindlichen einschlagenden Urkunden nach Maaß der bis jetzt absolvirten noch etwa eine Woche zu thun haben. Dann gehe ich zum Stadtarchiv über und kann zugleich die eigentliche Bearbeitung beginnen. Von etwa noch im Besitz des Domcapitels befindlichen Sachen ist auf keinen Fall etwas | zu bekommen. So denke ich doch im Lauf des nächsten Monats zu Ende zu kommen und werde Ihnen dann das Abgeschlossenen zur Einsicht zustellen, damit wir uns über etwaige Aenderungen in der Art der Behandlung für die Zukunft verständigen. – Von neuen Urkunden halte ich etwa 2-3 zum Abdrucken angemeßen; die Urkunde, die das Urtheil des Basler Concils enthält, würde freilich allein nahezu einen Druckbogen füllen; ich habe sie vorläufig nur zum Theil abgeschrieben, sonst excerpirt. Die Schreibweise der Urkunden habe ich bis auf die kleinen Anfangsbuchstaben und eingefügte Interpunction ganz unverändert lassen zu sollen geglaubt. –
Ich finde, daß ein von Dr. von
Kern notirter Codex der Würzburger
Universitätsbibliothek den uns vorliegenden Bericht in Auszug, wie es scheint, enthält; er muß also wol verschrieben werden. (MS. chart. in fol. N191, olim) – An Litteratur für das Allgemeinere ist die hiesige Bibliothek arm; wohin wende ich mich wol, wenn mich auch die des Germanischen Museums im Stich läßt? Einiges werde ich mir aus Meiningen schicken lassen können.
Mit Herrn Archivar Rapp verständige ich mich fortgesetzt sehr gut und fühle mich auch sonst hier ganz wol. Nur die Hitze ist oft beschwerlich. – Die Quittung lege ich heute schon bei.
In der Hoffnung, daß unsre Ansichten sich begegnen werden, und mit bestem Gruß hochachtungsvoll
Theodor Knochenhauer.
Knochenhauer, TheodorTheodor Knochenhauer106801292718421869Knochenhauer, Theodor (1842–1869), hatte in Berlin und Göttingen Philologie, Geschichte sowie Nationalökonomie studiert und war 1863 als Schüler Georg Waitz’ in Göttingen mit seiner Dissertation über die „Geschichte Thüringens in der karolingischen und sächsischen Zeit“ zum Dr. phil. promoviert worden. Nachdem er kurzzeitig als Privatsekretär des Archivars Johann Martin Lappenberg (1794–1865) in Hamburg gearbeitet hatte, legte er 1864/65 das Oberlehrerexamen ab und wirkte eine Zeit lang als Lehrer. 1865 gab er seine Lehrertätigkeit auf und begann, auf Empfehlung Waitz’ als Mitarbeiter Karl Hegels (1813–1901) zuerst in Nürnberg, später in Bamberg Chroniken zu sichten. In den Jahren zwischen 1864 und 1869 stand Theodor Knochenhauer in regem Briefkontakt mit Karl Hegel. In diesen Briefen berichtete er zumeist über den Fortgang seiner Forschungen. Mit nicht ganz 27 Jahren beging er Selbstmord. Hegel, der dem Bearbeiter der Bamberger Chroniken noch zu Lebzeiten zugesagt hatte, „daß sie so lange liegen bleiben“, bis er „zu ihrer Vollendung und Ergänzung abkommen können werde“, hatte wohl aus Gründen der Pietät sich gegen eine Publikation derselben in überarbeiteter Fassung entschieden, so daß diese erst nach Hegels Tod mit dem entgegenkommenden Einvernehmen der Münchener Historischen Kommission in der Publikationsreihe „Fränkische Chroniken“ der Gesellschaft für fränkische Geschichte erscheinen konnten. Sie wurden in der Historischen Zeitschrift positiv rezensiert.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Bamberg49.8916044,10.8868478Alte Bischofsstadt in Franken, etwa 60 Kilometer nördlich von Nürnberg an der Mündung der Regnitz in den Main gelegen.
Universitätsbibliothek (UB) Erlangen-Nürnberg, Erlangen: Ms. 2053; Ms. 2069; Ms. 2306; Rar V, 11
.
UB Erlangen-Nürnberg
1000
Kreis
, Marion: Karl Hegel. Geschichtswissenschaftliche Bedeutung und wissenschaftsgeschichtlicher Standort (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 84), Göttingen, Bristol, CT, USA 2012.
Kreis
, Geschichtswissenschaftliche Bedeutung
2012
Chroust
, Anton/
Knochenhauer
, Theodor: Chroniken der Stadt Bamberg. 1. Hälfte. Chronik des Bamberger Immunitätenstreites von 1430-1435. Mit einem Urkundenanhang. Nach einem Manuskripte von Th[eodor] Knochenhauer. Neu bearbeitet und hg. von Anton
Chroust
(= Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. 1. Reihe. Fränkische Chroniken, Bd. 1, 1. Hälfte, postum), Leipzig 1907.
Chroust/Knochenhauer
, Chroniken Stadt Bamberg 1. Hälfte
1907
Chroust
, Anton/
Knochenhauer
, Theodor: Chroniken der Stadt Bamberg. 2. Hälfte. Chronik zur Geschichte des Bauernkrieges in der Markgrafenfehde in Bamberg. Mit einem Urkundenanhang. Bearbeitet und hg. von Anton
Chroust
(= Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. 1. Reihe. Fränkische Chroniken, Bd. 1, 2. Hälfte, postum), Leipzig 1910.
Chroust/Knochenhauer
, Chroniken Stadt Bamberg 2. Hälfte
1910
Rapp, Georg13692863318191893Rapp, Georg (1819–1893), Archivar, war von 1866 bis 1872 Archivvorstand des königlichen Archivs in Bamberg.
Kern, TheodorTheodor Kern11614072018361873Kern, Theodor (1836–1873) wurde am 5. Mai 1836 in Bruneck in Tirol im Kaisertum Österreich geboren und starb am 18. November 1873 in Veytaux am Genfer See. Theodor Kern stammte aus einer österreichisch-badischen Handwerker- und Beamtenfamilie. Er besuchte das Gymnasium in Innsbruck und studierte seit 1853 zunächst Jura, später Geschichte und Philologie in Innsbruck, Göttingen, Heidelberg und München. Julius Ficker in Innsbruck, Georg Waitz in Göttingen, Ludwig Häusser in Heidelberg sowie Heinrich Sybel in München waren seine akademischen Lehrer. Das Staatsexamen für das Höhere Lehramt hatte er 1857 „mit glänzendem Erfolg“ absolviert. Promoviert worden war er als Schüler Ludwig Häussers im darauffolgenden Jahr 1858 in Heidelberg. 1863 habilitierte er sich über die „Chronik der Stadt Nürnberg vom 14. bis in’s 16. Jahrhundert“ und wurde im selben Jahr Privatdozent. Er war seit 1859 erster wissenschaftlicher Mitarbeiter Karl Hegels beim Editionsunternehmen „Die Chroniken der deutschen Städte“, für das er viele Forschungsreisen unternahm. Mit seiner sehr ordentlichen Arbeitsweise war Karl Hegel als Editionsleiter sehr zufrieden. Ab 1866 war Theodor Kern außerordentlicher, 1871 ordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Freiburg im Breisgau, wo er einen historischen Verein gründete und die „Zeitschrift für Geschichte des Breisgaus“ herausgab. Auch noch in dieser Zeit blieb er dem Editionsprojekt der „Chroniken der deutschen Städte“ als Mitarbeiter auf Honorarbasis verbunden. 1873 starb der sehr begabte junge Historiker an den Folgen einer schweren Erkrankung.
Meiningen50.56761,10.4153029Etwa 60 Kilometer südlich von Eisenach und etwa 70 Kilometer nördlich von Schweinfurt gelegene Haupt- und Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Meiningen.
Professor, ProfeßorBerufs- oder Amtsbezeichnung und Anrede für den Inhaber einer Professur an einer Universität oder Hochschule, wobei nicht jeder Professor eine Professur bekleidet; früher auch Bezeichnung für einen Gymnasiallehrer (Gymnasial-Professor) bzw. Lehrer an einer Lateinschule.
Urkunde, Urkunden, urkundliche DenkmälerAus dem Althochdeutschen von „urchundi“ für „Zeugnis“ stammender Begriff für ein historisches Dokument in Form eines geschriebenen, nicht literarischen Textes, der im engeren Sinne eine rechtskräftige Niederschrift einer schriftlichen, in bestimmter, wenn auch wechselnder Form abgefassten Erklärung über rechtliche Vorgänge darstellt, welche in der abendländischen Geschichte seit der römischen Antike belegt ist.
Bamberger Immunitätenstreit (1430-1446)Sich länger hinziehender Machtkampf in Bamberg zwischen Domkapitel, Bischof und Stadt um den Status der Dienst- und Abgabenfreiheit (Immunitäten) in Bezug auf das Domkapitel und der damit verbundenen Kollegiatstifte nach dem Neubau der Stadtmauer in Anschluss an den Hussiteneinfall von 1430, was eine Neuintegration umfangreicher Sonderbezirke in die Stadt erforderlich machte und zu einer Benachteiligung des Domkpitels hinsichtlich der Besteuerung führte; im Zuge dieses Streits fanden auch kriegerische Auseinandersetzungen statt. So kam es 1435 zu einer Erstürmung des Klosters Michelsberg durch die Bevölkerung, was als Gegenreaktion zur Belagerung Bambergs durch ein Heer des Bischofs und des Stiftsadels führte, worauf sich die in der Hegelschen Korrespondenz genannte „Einschließung Bambergs“ bezieht.
Immunität, ImmunitätenAus dem Lateinischen von: „immunita“ für: Dienst- und Abgabefreiheit, zurückgehend auf die römische Antike für die Freiheit der kaiserlichen Domänen von öffentlichen Abgaben und Lasten, was sich in der Spätantike auch auf den kirchlichen Bereich übertrug und auch weiterhin Bestand hatte.
Original(e), Originalhandschrift(en); OriginalienUrsprüngliche handschriftliche Quelle(n); Originalschriften; Originalwerk (z. B. literarisches Werk etc.).
Correctur, CorrecturenKorrektur bzw. Korrekturen im Rahmen einer historisch-kritischen Edition bzw. Korrekturen im Rahmen einer Drucklegung; auch: Korrekturen von Abiturprüfungen.
Handschrift, HandschriftenIn Handschrift verfasste zumeist ältere historische Quelle(n).
Variante, VariantenIm Rahmen einer historisch-kritischen Edition abweichende Lesart einer Textstelle bei mehreren Fassungen eines Textes.
Bamberger, BambergischZu Bamberg gehörend, auf Bamberg bezogen, Bamberg zuzuordnen.
GeschichteGeschichtswissenschaft als Universitätsdisziplin sowie als gymnasiales Unterrichtsfach; auch: historische bzw. gesellschaftswissenschaftliche Abhandlung, Darstellung, Monographie über einen speziellen konkreten oder abstrakten Forschungsgegenstand wie z. B. die Geschichte einer Stadt, Geschichte einer wissenschaftlichen Disziplin etc.
Stadtarchiv BambergSpätestens auf das 13. Jahrhundert zurückgehendes Archiv der Stadt Bamberg, dessen Archivgut in der bayerischen Zeit zunächst von der städtischen Verwaltung in Form einer reponierten Altregistratur, welches 1907 als Depositum dem Staatsarchiv Bamberg zur betreuenden Verwaltung übergeben wurde.
DomcapitelDomkapitel als Kapitel, welches für einen Dom zuständig ist, also Körperschaft der Geistlichen einer Domkirche, Stiftskirche oder eines Kirchenbezirks.
BaslerZu Basel gehörend, Basel zuzuordnen, auf Basel bezogen.
Codex, CodicesKodex, aus dem Lateinischen stammend, Plural Codices, in Bezug auf das Mittelalter bezogen auf eine Sammlung von Handschrift(en), welche zwischen Holzdeckeln zu einer Art Buch zusammengefügt sind; im übertragenen Sinne auch Bezeichnung für eine Sammlung geschriebener oder auch ungeschriebener Verhaltensregeln innerhalb einer Gesellschaft, Menschengruppe, eines Standes etc.
WürzburgerZu Würzburg gehörend, Würzburg zuzuordnen, darauf bezogen.
Universitätsbibliothek Würzburg1619 zunächst als fürstbischöfliche Bibliothek gegründete Bibliothek der Universität Würzburg.
Quittung, Quittungen„Quittung“ bzw. „Quittungen“ hier als finanzverwaltungsspezifische Abrechnungsgrundlage zu verstehen, bezogen auf das umfangreiche Editionsunternehmen der „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“, das Karl Hegel (1813-1901) für die Münchener Historische Kommission leitete, und welche für die Ausbezahlung der Remuneration an den jeweiligen Mitarbeiter erforderlich war. Dieser musste im Vorfeld eine solche Quittung als Beleg ausstellen und an den Abteilungsleiter übermitteln. Die Abrechnung erfolgte hierbei zumeist monatsweise, weswegen gelegentlich auch der Begriff „Monatsquittung“ geläufig war, für Zwischenabrechnungen oder vorläufige „Quittungen“ der Begriff „Interimsrechnung“.