XML PDF

Theodor Knochenhauer an Karl Hegel, Bamberg, 16. Juli 1865

Geehrtester Herr Professor!2

Ganz unversehens ist mir die Hälfte des Monats schon dahingegangen. Ich hätte nicht gedacht, daß die vielen Kleinigkeiten, die die genauere Durchsicht des Textes zu bedenken und zu berichtigen verlangt, so viele Zeit hinwegnehmen. Doch denke ich damit nun bald abgeschlossen zu haben. Ebenso mit der Redaction der Anmerkungen. Unter der Hand sind sie an manchen Stellen etwas angeschwollen, aber ich finde doch immer mehr, daß ein Bericht wie dieser entweder dem Leser ganz nackt zu bieten ist oder eine möglichst vollständige Beleuchtung durch die Urkunden verlangt. Aus diesem Grunde wäre es mir sehr lieb, wenn ich das Material, das aus dem Nachlaß des hiesigen Sammlers von Reider in das Nationalmusem zu München gekommen ist, durch irgendwelche Vermittlung durchmustert wüßte; namentlich über die Belagerung der Stadt im Jahr 1435, vor der unser Bericht freilich gerade stehen bleibt, fehlt es hier sehr an Quellen und für die Einleitung wäre es von Wichtigkeit, wenn sich den Fabeleien, die gerade über jenes Ereignis in den bisherigen Schriften darüber umgehen, etwas Positives entgegen stellen ließe. Es sollen aber in jenem viele Urkunden, vielleicht ja auch handschriftliche Chroniken enthalten gewesen sein. – Es ist jedenfalls gut, daß durch Veröffentlichungen des Berichts in die vielleicht wichtigste Epoche der Stadtgeschichte einiges Licht gebracht wird. Aber eben jetzt, da ich die Ausarbeitung der Einleitung begonnen habe, wird es mir recht fühlbar, daß für ‚Chroniken der deutschen Städte’ von hier aus eigentlich gar kein Zuwachs beigebracht werden kann; die drei Stücke betreffen doch nur Episoden aus der speciellen Stadtgeschichte.

Interessant war mir, daß ich auf der städtischen Registratur die ältesten Stadtrechnungen gefunden habe; die Registratoren dort sind sehr freundliche und brauchbare Leute. Es sind aber nur einige Bruchstücke erhalten: die von 1437 bis 1449 und dann noch eine Reihe aus dem 16. Jahrhundert, leider weder die von 1431-1435 noch die von 1525. Für 1435 habe ich einen Ersatz gefunden in handschriftlichen Auszügen von Keller auf der Bibliothek, die ich da in einem Convolut Bambergensien fand. Die Sammlung von Hand- schriftlichem, die der historische Verein besitzt, habe ich trotz wiederholten Bemühungen noch nicht einsehen können. Ob es ganz mit rechten zugeht, weiß ich nicht. In diesem Monat werde ich das Immunitätenstück ziemlich abschließen können; ich freue mich dann Ihr Urtheil, ob ich die Art der Behandlung recht getroffen, hören zu können. – Für die Stadtgeschichte im Allgemeinen haben mir die städtischen Urkunden Einiges recht Hübsches, noch kaum Beachtetes geliefert, das sich zur allgemeinen Einleitung gut verwerthen lassen wird. Die Stadtrechnungen gäben leicht mit Anderem zu einer Beleuchtung der financiellen Verhältniße Stoff.

Etwas störend ist in letzterer Zeit die hier übergroße Hitze; doch habe ich vor, mein Zimmer mit einem viel geräumigeren, stilleren und in einem schönen Garten gelegenen zu vertauschen, das der jetzigen Wohnung sehr nahe liegt und – zur Vollendung seiner Vorzüge noch billiger ist als dieses. Von da aus werde ich mir nächste Woche wieder zu schreiben erlauben.3

Für heute hochachtungsvoll grüßend
Theodor Knochenhauer.