Sie werden wol sehr verwundert sein, wenn Sie, wie ich hoffe, glücklich von angenehmer Reise zurückkehrend, den beiliegenden Ballast zu Hause vorfinden. Ich glaube, daß Ihr mir sehr erfreulicher Besuch für meine Arbeiten noch nutzbringender sein wird, wenn ich das im Ganzen vollendete Immunitätenstück zuvor Ihrer Einsicht unterstelle. Anmerkungen und Einleitung sind wahrscheinlich etwas weitläufiger ausgefallen, als Sie erwarten und wünschen. Aber bei der Art des Stoffes glaubte und glaube ich noch jetzt, nicht anders verfahren zu dürfen. Wir haben eben keine Städtechronik, sondern einen Bericht über 5 Jahre, der ohne urkundliche Vervollständigung meiner Mei- | nung nach dem wissenschaftlichen Publicum sehr wenig bieten würde. Ebenso schien mir eine Einleitung dazu gehören, welche den sehr vernachlässigten inneren Verhältnissen der Stadt gerecht zu werden sucht. Ich bedaure nur, über die Anfänge nicht noch vollständigeren Aufschluß geben zu können. Vielleicht findet sich noch mir bis jetzt verborgenes Material, auch um über das Wachsthum der Stadt mehr zu Resultaten zu kommen, wie ich überhaupt etwaigen einzelnen Berichtigungen noch entgegen sehe.
In 9 oder 14 Tagen würde ich Ihnen auch eine Einleitung über die Stadt im Allgemeinen, die kurz gehalten werden kann, sowie einige Ergebnisse über die inneren Gliederungen der Bürgerschaft vorlegen können.
Der Hussitenkrieg scheint mir knapp gehalten werden zu können, da der Bericht sich ganz auf die Ereignisse in der Stadt beschränkt. Das Werk von Joerg hat von den hiesigen Acten sehr viel benutzt, mehr als ich bis jetzt habe einsehen können. Dieselben sind | in einer Menge starker Foliobände gesammelt, von denen sich aber viele auf die markgräflichen und speciell Rotenburgischen beziehen. Ich denke nun den Stoff zu durchmustern.
Es ist mir die Zeit über sonst ganz gut ergangen, und ich fühle mich hier fortdauernd wol. Etwas habe ich es freilich gemerkt, daß der Immunitätenstoff ein ziemlich spröder und lebloser ist.
In der Hoffnung, Sie bald hier zu begrüßen, einstweilen mich empfehlend
hochachtungsvoll
Theodor Knochenhauer.
Knochenhauer, TheodorTheodor Knochenhauer106801292718421869Knochenhauer, Theodor (1842–1869), hatte in Berlin und Göttingen Philologie, Geschichte sowie Nationalökonomie studiert und war 1863 als Schüler Georg Waitz’ in Göttingen mit seiner Dissertation über die „Geschichte Thüringens in der karolingischen und sächsischen Zeit“ zum Dr. phil. promoviert worden. Nachdem er kurzzeitig als Privatsekretär des Archivars Johann Martin Lappenberg (1794–1865) in Hamburg gearbeitet hatte, legte er 1864/65 das Oberlehrerexamen ab und wirkte eine Zeit lang als Lehrer. 1865 gab er seine Lehrertätigkeit auf und begann, auf Empfehlung Waitz’ als Mitarbeiter Karl Hegels (1813–1901) zuerst in Nürnberg, später in Bamberg Chroniken zu sichten. In den Jahren zwischen 1864 und 1869 stand Theodor Knochenhauer in regem Briefkontakt mit Karl Hegel. In diesen Briefen berichtete er zumeist über den Fortgang seiner Forschungen. Mit nicht ganz 27 Jahren beging er Selbstmord. Hegel, der dem Bearbeiter der Bamberger Chroniken noch zu Lebzeiten zugesagt hatte, „daß sie so lange liegen bleiben“, bis er „zu ihrer Vollendung und Ergänzung abkommen können werde“, hatte wohl aus Gründen der Pietät sich gegen eine Publikation derselben in überarbeiteter Fassung entschieden, so daß diese erst nach Hegels Tod mit dem entgegenkommenden Einvernehmen der Münchener Historischen Kommission in der Publikationsreihe „Fränkische Chroniken“ der Gesellschaft für fränkische Geschichte erscheinen konnten. Sie wurden in der Historischen Zeitschrift positiv rezensiert.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Bamberg49.8916044,10.8868478Alte Bischofsstadt in Franken, etwa 60 Kilometer nördlich von Nürnberg an der Mündung der Regnitz in den Main gelegen.
Universitätsbibliothek (UB) Erlangen-Nürnberg, Erlangen: Ms. 2053; Ms. 2069; Ms. 2306; Rar V, 11
.
UB Erlangen-Nürnberg
1000
Kreis
, Marion: Karl Hegel. Geschichtswissenschaftliche Bedeutung und wissenschaftsgeschichtlicher Standort (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 84), Göttingen, Bristol, CT, USA 2012.
Kreis
, Geschichtswissenschaftliche Bedeutung
2012
Chroust
, Anton/
Knochenhauer
, Theodor: Chroniken der Stadt Bamberg. 1. Hälfte. Chronik des Bamberger Immunitätenstreites von 1430-1435. Mit einem Urkundenanhang. Nach einem Manuskripte von Th[eodor] Knochenhauer. Neu bearbeitet und hg. von Anton
Chroust
(= Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. 1. Reihe. Fränkische Chroniken, Bd. 1, 1. Hälfte, postum), Leipzig 1907.
Chroust/Knochenhauer
, Chroniken Stadt Bamberg 1. Hälfte
1907
Chroust
, Anton/
Knochenhauer
, Theodor: Chroniken der Stadt Bamberg. 2. Hälfte. Chronik zur Geschichte des Bauernkrieges in der Markgrafenfehde in Bamberg. Mit einem Urkundenanhang. Bearbeitet und hg. von Anton
Chroust
(= Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. 1. Reihe. Fränkische Chroniken, Bd. 1, 2. Hälfte, postum), Leipzig 1910.
Chroust/Knochenhauer
, Chroniken Stadt Bamberg 2. Hälfte
1910
Professor, ProfeßorBerufs- oder Amtsbezeichnung und Anrede für den Inhaber einer Professur an einer Universität oder Hochschule, wobei nicht jeder Professor eine Professur bekleidet; früher auch Bezeichnung für einen Gymnasiallehrer (Gymnasial-Professor) bzw. Lehrer an einer Lateinschule.
Immunität, ImmunitätenAus dem Lateinischen von: „immunita“ für: Dienst- und Abgabefreiheit, zurückgehend auf die römische Antike für die Freiheit der kaiserlichen Domänen von öffentlichen Abgaben und Lasten, was sich in der Spätantike auch auf den kirchlichen Bereich übertrug und auch weiterhin Bestand hatte.
Stadtchroniken, Städtechroniken, auch: ChronikenIm Rahmen von Stadtgeschichtsschreibung und -forschung geschriebene, teilweise auch edierte Chroniken von Städten. Karl Hegel (1813-1901) gab im Rahmen seiner Leitung des umfangreichen wissenschaftlichen Editionsunternehmens für die Münchener Historische Kommission „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“ – angefangen mit seiner Geburtsstadt Nürnberg – solche Städtechroniken heraus.
urkundlichZu einer Urkunde gehörend, auf eine Urkunde bezogen, einer Urkunde zuzuordnen.
Publicum, publicumPublikum; auch im Sinne von Form der Vorlesung bzw. „Collegium publicum“ gebracht für: öffentliche Vorlesung an einer Universität; öffentlich, allgemein, staatlich.
Stadt, StädteAllgemein in einer Landschaft, einer Herrschaft bzw. in einem Staat verkehrsgünstig, oft zentral gelegener Knotenpunkt von Handel und Gewerbe, Regierung, Verwaltung, Militär und Kult; oftmals Mittelpunkte eines Volkes und weltweit nachweisbar auch hinsichtlich früher Hochkulturen; innerhalb der europäischen Geschichte enge Verflechtung mit Markt und Handel, Ansiedlung von Kaufleuten, Handwerkern und Militär; frühes Streben auf europäischen Boden innerhalb der Städte nach Freiheit und Selbstverwaltung auch äußerlich in Form der freien Reichsstädte mit eigenem Stadtrecht („Stadtluft macht frei“) in Abgrenzung zum geltenden Landrecht, womit die Städte auch als Keimzelle des Bürgerstandes anzusehen sind. Mit seinen Arbeiten zur städtischen Verfassungsgeschichte und der Edition der „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“ im Auftrag der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München beteiligte sich Karl Hegel (1813-1901) führend an der faktisch-wissenschaftlichen Beweisführung hinsichtlich dieser Annahme hin zur bewiesenen Tatsache, womit seine Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der stadtgeschichtlichen Forschung als gleichsam richtungsweisend wie fundamental anzusehen sind.
MaterialGesamtheit der Quellen, Dokumente und entsprechenden Unterlagen, die für ein bestimmtes Forschungsvorhaben die zu bearbeitende Basis bilden.
BürgerschaftGesamtheit der Bürger eines Gemeinwesens, einer Kommune, wie z. B. einer Stadt etc., wobei nicht alle Einwohner Teil der Bürgerschaft waren.
Hussitenkrieg(e)Die Bischöfe von Bamberg, Würzburg und Regensburg beteiligten sich 1422 und 1427 an den sogenannten Hussitenkriegen mit der Entsendung von Truppen. Bei diesen Kriegen handelte es sich um kriegerische Auseinandersetzungen seit 1420 gegen die böhmischen Anhänger des auf dem Konstanzer Konzil (1414-1418) exekutierten Jan Hus (ca. 1370-1415) von Seiten der Traditionen der abendländischen Kirche; diese Kämpfe dauerten 17 Jahre lang an. 1430 fielen die Hussiten von Cheb aus (Eger) auch in fränkische Gebiete ein, hier insbesondere in Hof, Bayreuth, Kulmbach und Bamberg.
Folio/folioHistorisches deutsches Papierformat, oftmals mit „fol.“ abgekürzt.
markgräflichAuf einen Markgrafen bezogen, zu einem Markgrafen gehörend, einem Markgrafen zuzuordnen; siehe auch: Markgraf.
Rotenburger; Rotenburgisch (Rothenburger, Rothenburgisch)Zu „Rotenburg ob der Tauber“ gehörend, „Rotenburg ob der Tauber“ beinhaltend, „Rotenburg ob der Tauber“ zuzuordnen.
Quittung, Quittungen„Quittung“ bzw. „Quittungen“ hier als finanzverwaltungsspezifische Abrechnungsgrundlage zu verstehen, bezogen auf das umfangreiche Editionsunternehmen der „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“, das Karl Hegel (1813-1901) für die Münchener Historische Kommission leitete, und welche für die Ausbezahlung der Remuneration an den jeweiligen Mitarbeiter erforderlich war. Dieser musste im Vorfeld eine solche Quittung als Beleg ausstellen und an den Abteilungsleiter übermitteln. Die Abrechnung erfolgte hierbei zumeist monatsweise, weswegen gelegentlich auch der Begriff „Monatsquittung“ geläufig war, für Zwischenabrechnungen oder vorläufige „Quittungen“ der Begriff „Interimsrechnung“.