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Susanna Maria Hegel, geb. Tucher, an Karl Hegel, Simmelsdorf, 2. Oktober 1865

Mein Liebster!

Schönen Dank für Deinen lieben Brief1, den ich Samstag2 Abend erhielt zu derselben Zeit, wo Du hoffentlich den meinigen3 auch in Händen gehabt hast, der wohl schon am Donnerstag geschrieben war, aber erst am Freitag weiter befördert werden konnte. Ich freue mich der guten Nachrichten von Dir, mein Geliebter, und freue mich doppelt, Dir ebenso von uns berichten zu können. Es ist wundervoll hier in dem lieben Simmelsdorf bei dem köstlichen Wetter und der herzlichen Aufnahme der lieben Eltern. Wir sitzen meistens in der schönen Verandah, die Kinder tummeln sich im Garten oder fahren per Esel hinaus auf Wiese und Feld unter des Schneiders Obhut, es ist ein köstliches Leben, besonders liebt Sophiechen diese Fahrten in Gesellschaft von Beyers Kindern und lacht aus voller Brust, wenn der Esel recht übermüthig springt, während der Mundel sich als Hasenfuß zeigt und nur in gehöriger Entfernung oder auf dem sichern Schoos seiner Margareth aus mit der Peitsche hanthiert und sein hü hott ertönen läßt; Wärt Ihr Lieben nur auch Alle da, wie wohl würde es Dir und den Kindern thun und aufgenommen werdet Ihr Alle von Herzen gern. Wir haben übrigens diese letzten Tage Besuch gehabt, nachdem man Freitag und Samstag Besuch in der Nachbarschaft bei Lochner und Walther gemacht hatte, kam am Abend der Herr von Welser zum Entzücken seiner lieben Lotte und uns Allen war er auch ein lieber Gast. Gestern Morgen wurde unsers lieben Mütterchens Geburtstag4 gefeiert zu dem aber leider keine der Schwestern gekommen war, nur Briefe kamen von allen Seiten und Geschenke, die jungen Leute gingen dann nach Helena hinauf und ich begleitete sie als Gardendame, es war wunderschön, besonders der Rückweg durchs Thal. Hier sieht Alles so frisch und schön aus, die Wälder sind so wundervoll bunt gefärbt und selbst die Wiesen erscheinen noch ziemlich grün trotz der anhaltenden Trockenheit. Nachmittags kam unerwartet Onkel Wilhelm, der aber nur bis Abend bleiben wollte und erst auf Zureden sich entschloß über Nacht zu bleiben und heute Morgen 5 Uhr in Walthers Begleitung wegzugehen um den Zug um 7 Uhr in Ottensoos zu erreichen, der sie dann zu rechter Zeit wieder ihrem Bureau zuführte. So sind wir denn wieder allein und freuen uns der Hoffnung, Euch, Ihr Lieben zu Ende der Woche zu sehen, leider nicht vor Freitag, da Du so bald wieder nach Erlangen zurückkehrst.

Von Luise kam heute noch ein hübsches Geburtstagsgeschenk, ein Schreibkästchen, und in dem begleitenden Brief schreibt sie, Du würdest schon Dienstag von München weggehen, nachdem Ihr heute Abend beim Onkel zusammen sein sollt. Wie ist denn Eure gestrige Parthie ausgefallen, gewiß recht schön? war denn Frau Sybel auch dabei und Giesebrecht, oder ist sie noch zu angegriffen? Ich bin begierig zu hören wie die Deputation den König gefunden hat, was man überhaupt von ihm hört in München, Du hast ihn vielleicht gar nicht gesehen. – Nun wegen Eures Kommens; die lieben Eltern lassen Dir vorschlagen, doch den Sonntag5 ganz für Simmelsdorf zu bestimmen, wolltet Ihr Abend noch zurück, so müßtet Ihr schon glaube ich um 3 Uhr von hier weg, das wäre doch zu Schade, gib also den Kindern noch Urlaub bis Mondtag Nachmittag, wir begleiten Euch dann am Mondtag eine Strecke und Ihr könnt bis Nachmittag zurück sein, so ein gestörter Sonntag ist gar betrübt. Sollt es Dir zu lang erscheinen, so könntet Ihr ja lieber einen halben Tag später kommen erst Freitag Mittag von Erlangen weggehen, nicht wahr richte es so ein, daß Ihr den Sonntag ungetheilt hier bleiben könnt. Jedenfalls erwarte ich noch Nachricht und genaue Angabe, vielleicht könnte Euch der Schneider bis Hedersdorf entgegen kommen, der Esel ist jetzt sehr brauchbar.

Leb wohl, mein Liebster, ich freue mich, Dich so bald wieder bei den Kindern zu wissen, hoffentlich hast Du Alles gut angetroffen, wie ist Auguste? ich theilte ihr unsern Entschluß brieflich mit, weiß also nicht wie sie es aufgenommen. Leb wohl, die lieben Eltern und Geschwister grüßen, ebenso die Kinder, von ganzem Herzen aber

Deine Susanna.

P. S. Gestern kam auch ein Brief von Manuel und Clara mit guten Nachrichten.