Simmelsdorf den 2/10 1865
Mein Liebster!
Schönen Dank für Deinen lieben Brief, den ich Samstag Abend erhielt zu derselben Zeit, wo Du hoffentlich den meinigen auch in Händen gehabt hast, der wohl schon am Donnerstag geschrieben war, aber erst am Freitag weiter befördert werden konnte. Ich freue mich der guten Nachrichten von Dir, mein Geliebter, und freue mich doppelt, Dir ebenso von uns berichten zu können. Es ist wundervoll hier in dem lieben Simmelsdorf bei dem köstlichen Wetter und der herzlichen Aufnahme der lieben Eltern. Wir sitzen meistens in der schönen Verandah, die Kinder tummeln sich im Garten oder fahren per Esel hinaus auf Wiese und Feld unter des Schneiders Obhut, es ist ein köstliches Leben, besonders liebt Sophiechen diese Fahrten in Gesellschaft von Beyers Kindern und lacht aus voller Brust, wenn der Esel recht übermüthig springt, während der |
Mundel sich als Hasenfuß zeigt und nur in gehöriger Entfernung oder auf dem sichern Schoos seiner Margareth aus mit der Peitsche hanthiert und sein hü hott ertönen läßt; Wärt Ihr Lieben nur auch Alle da, wie wohl würde es Dir und den Kindern thun und aufgenommen werdet Ihr Alle von Herzen gern. Wir haben übrigens diese letzten Tage Besuch gehabt, nachdem man Freitag und Samstag Besuch in der Nachbarschaft bei Lochner und Walther gemacht hatte, kam am Abend der Herr von
Welser zum Entzücken seiner lieben Lotte und uns Allen war er auch ein lieber Gast. Gestern Morgen wurde unsers lieben Mütterchens Geburtstag gefeiert zu dem aber leider keine der Schwestern gekommen war, nur Briefe kamen von allen Seiten und Geschenke, die jungen Leute gingen dann nach Helena hinauf und ich begleitete sie als Gardendame, es war wunderschön, besonders der Rückweg durchs Thal. Hier sieht Alles so frisch und schön aus, die Wälder sind so wundervoll bunt gefärbt und | selbst die Wiesen erscheinen noch ziemlich grün trotz der anhaltenden Trockenheit. Nachmittags kam unerwartet Onkel Wilhelm, der aber nur bis Abend bleiben wollte und erst auf Zureden sich entschloß über Nacht zu bleiben und heute Morgen 5 Uhr in Walthers Begleitung wegzugehen um den Zug um 7 Uhr in Ottensoos zu erreichen, der sie dann zu rechter Zeit wieder ihrem Bureau zuführte. So sind wir denn wieder allein und freuen uns der Hoffnung, Euch, Ihr Lieben zu Ende der Woche zu sehen, leider nicht vor Freitag, da Du so bald wieder nach Erlangen zurückkehrst.
Von Luise kam heute noch ein hübsches Geburtstagsgeschenk, ein Schreibkästchen, und in dem begleitenden Brief schreibt sie, Du würdest schon Dienstag von München weggehen, nachdem Ihr heute Abend beim
Onkel zusammen sein sollt. Wie ist denn Eure gestrige Parthie ausgefallen, gewiß recht schön? war denn Frau Sybel auch dabei und Giesebrecht, oder ist sie noch zu angegriffen? | Ich bin begierig zu hören wie die Deputation den König gefunden hat, was man überhaupt von ihm hört in München, Du hast ihn vielleicht gar nicht gesehen. – Nun wegen Eures Kommens; die lieben Eltern lassen Dir vorschlagen, doch den Sonntag ganz für Simmelsdorf zu bestimmen, wolltet Ihr Abend noch zurück, so müßtet Ihr schon glaube ich um 3 Uhr von hier weg, das wäre doch zu Schade, gib also den Kindern noch Urlaub bis Mondtag Nachmittag, wir begleiten Euch dann am Mondtag eine Strecke und Ihr könnt bis Nachmittag zurück sein, so ein gestörter Sonntag ist gar betrübt. Sollt es Dir zu lang erscheinen, so könntet Ihr ja lieber einen halben Tag später kommen erst Freitag Mittag von Erlangen weggehen, nicht wahr richte es so ein, daß Ihr den Sonntag ungetheilt hier bleiben könnt. Jedenfalls erwarte ich noch Nachricht und genaue Angabe, vielleicht könnte Euch der Schneider bis Hedersdorf entgegen kommen, der Esel ist jetzt sehr brauchbar.
Leb wohl, mein Liebster, ich freue mich, Dich so bald wieder bei den Kindern zu | wissen, hoffentlich hast Du Alles gut angetroffen, wie ist Auguste? | ich theilte ihr unsern Entschluß brieflich mit, weiß also nicht wie sie es aufgenommen. Leb wohl, die lieben Eltern und | Geschwister grüßen, ebenso die Kinder, von ganzem Herzen aber
Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher
Susanna Maria Hegel, geb. Tucher116146891918261878Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher (1826–1878), häufig „Susette“ genannt, Tochter Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871) und Maria Magdalena Tuchers, geb. Grundherr (1802–1876), Ehefrau Karl Hegels (1813–1901); siehe auch: Tucher, Susanna Maria.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Simmelsdorf49.5972637,11.3379197Namengebender Sitz der Nürnberger Patrizier-Familie Tucher von Simmelsdorf, 1598 erworben, nordöstlich der alten Reichsstadt Nürnberg gelegen. Das Alte Tucher-Schloß, ursprünglich ein Wasserschloß, wurde in den 1830er Jahren im gotischen Stil umgebaut, das „Neue Herrenhaus“ 1808 erbaut.
Privatbesitz
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Privatbesitz
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Schneider, N. N.-Schneider, N. N., Berliner Buchhändler und Inhaber einer eigenen Buchhandlung.
Hegel, Sophia (Sophiechen)Sophie Hegel-18611940Hegel, Sophia (Sophiechen) (1861–1940), vierte und jüngste Tochter Karl und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878); sie blieb unverheiratet und absolvierte Stationen in München und Göttingen in den Haushalten der Schwestern Luise Lommel, geb. Hegel (1853–1924), und Anna Klein, geb. Hegel (1851–1927), später eine ca. 20 Jahre währende Tätigkeit als Lehrerin/Erzieherin an einem englischen Mädchenpensionat in Malvern, ab 1910 wieder in der Familie ihrer schwerhörigen Schwester Anna Klein lebend und dort vor allem in der Erziehung und Krankenpflege helfend; spätere Arbeit im sozialen Bereich in Göttingen.
Beyer, N. N.-Beyer, N. N., Familie in Simmelsdorf.
Hegel, Sigmund (Mundel, Mundulus, Munerle)Sigmund Hegel11657085718631945Hegel, Sigmund (1863–1945), sechstes Kind (zweiter Sohn) Karl (1813–1901) und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878), Mitglied des Corps Onoldia in Erlangen, Chemiker, Kaiserlicher Geheimer Regierungsrat am Reichspatentamt in Berlin.
Margareth(e) (Margreth)-Margareth(e) (Margreth), Kindermädchen im Haus der Familie Karl Hegels (1813–1901) in Erlangen.
Lochner, N. N.-Lochner, N. N., Familie in Simmelsdorf.
Walther, N. N.-Walther, N. N., Familie in Simmelsdorf.
Haller, Friederike Elise Charlotte, verh. Welser-18441873Haller, Friederike Elise Charlotte (1844–1873), Tochter Johann Sigmund Samuel Hallers (*1794) und seiner zweiten Ehefrau Karoline Amalie Laura, geb. Troeltsch (*1812), Ehefrau des königlich bayerischen Kämmerers Ludwig Welser (1841–1931).
Sybel, Karoline, geb. Eckardt
11738667718171884Sybel, Karoline, geb. Eckhardt (1817–1884), Tochter des Geodäten und hessen-darmstädtischen Ministerialrats Christian Eckhardt (1784–1866).
Giesebrecht, Wilhelm FriedrichWilhelm Giesebrecht
HiKo
11871736718141889Giesebrecht, Wilhelm Friedrich (1814–1889), in Berlin geborener Historiker, der 1851 außerordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Königsberg wurde, von 1857 bis 1861 dort Ordinarius und anschließend bis 1889 an der Universität München war. Im Jahre 1858 wurde er Gründungsmitglied der Historischen Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften und von 1862 bis 1889 deren Sekretär. Im Jahre 1875 wurde er Mitglied der neugeschaffenenen Zentraldirektion der MGH in Berlin und wurde Mitglied des Verwaltungsrates und Gelehrtenausschusses des GNM in Nürnberg.
Wolfermann, LudwigDer Kaufmann Ludwig Wolfermann war Inhaber einer Spezereihandlung (Gemischtwarenhandlung) in Nürnberg im 19. Jahrhundert.
AugusteAuguste, Dienst- und Kindermädchen im Hause Karl Hegels in Erlangen.
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Hegel, Clara (Klara), geb. Flottwell
Clara Hegel, geb. Flottwell116570776?18251912Hegel, Clara (Klara), geb. Flottwell (1825–1912), Tochter Eduard Heinrich Flottwells (1786–1865) und Auguste Flottwells, geb. Lüdecke (1794–1862), jüngere Schwester Friederike Hegels, geb. Flottwell (1822–1861), der ersten Ehefrau Immanuel Hegels (1814–1891) und dessen zweite Ehefrau ab 8. September 1865.
Sankt Helena49.630977,11.3563024Das nördlich von Simmelsdorf gelegene Dorf Sankt Helena mit seiner selbständigen evangelisch-lutherischen Pfarrkirche stand unter dem Patronat der Nürnberger Familie Tucher von Simmelsdorf.
Ottensoos49.5092808,11.3383283Gemeinde, östlich von Nürnberg zwischen Lauf und Hersbruck gelegen.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Hedersdorf49.5679749,11.3426108Nordöstlich von Nürnberg und südlich von Simmelsdorf gelegener Ort.
Verandah (Veranda)Teilweise offener und überdachter Anbau als Terrasse.