Erlangen 13 October
1865
Liebe Susi!
Habe ich nicht recht gesagt; aus den Augen, aus dem Sinn? bis heute Nachmittag (Freitag) noch kein Sterbenswörtchen aus Simmelsdorf. Und hier der zweite Brief aus Erlangen! Wenn nun Dein Gewissen nicht in Reue brennt, so ist es gewiß schon recht verhärtet. Hoffentlich hast Du keinen andern Grund der Entschuldigung, als die dringenden Geschäfte, nothwendigen Besuche, einladenden Spaziergänge, die Dir gar keine Zeit übrig gelassen haben. Dann will ich ja zufrieden sein, wenn nur Du selbst mit den Kleinen recht bald, ich hoffe am Montag, wiederkehrst, und zwar recht erfrischt und gekräftigt wiederkehrst.
Zu dem, was ich Dir vorgestern früh schrieb habe ich kaum etwas hinzuzufügen, denn es geht bei uns alles seinen gewöhnlichen Gang und Rosel scheint mit dem Fegen zu Ende zu sein. Auf Sonntag Mittag lade ich mir den Dr. Knochenhauer aus Bamberg ein, weil ich mich mit ihm zu besprechen habe.
In meinen nicht der Arbeit gewidmeten Mußestunden las ich dieser Tage Scherr, Blücher und seine Zeit – ein sehr pikantes aber nicht für Jedermann zu empfehlendes Buch und Heinrich
Stieglitz Selbstbiographie, | die an sich und mir persönlich besonders interessant war wegen der Beziehungen, die zwischen meinen Eltern und mir selbst mit ihm statt gefunden haben; er gedenkt derselben an mehreren Stellen.
Ich habe mit dem clavire von
Bach Theil 2 angefangen. –
Auf Deiner Reise hierher wirst Du Dich, wenn Du meinen Rath befolgst, über Mittag in Nürnberg aufhalten. Da wünschte ich nur, daß Du von Herrn Amtmann Schmidt die Geldpapiere und das Geld, welches er für mich von Lödel und Merkel erhalten hat, in Empfang nehmest, weil ich selbst wahrscheinlich nicht so bald nach Nürnberg kommen werde. Du wirst ihn daher entweder vorher oder in Nürnberg selbst (in seinem Hause) benachrichtigen lassen, wohin er Dir das Aufbewahrte schicken möge; ich denke Du wirst mit den Kleinen entweder bei Maria, oder wenn das zu weit ist bei Crailsheims, im Falle diese nicht selbst noch in Simmelsdorf bleiben, zu Mittag sein.
Möge es Dir und den Kindern recht wohl ergehen und vergiß uns nicht; wir lassen Dich nicht. Herzliche Grüße an Alle von
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher
Susanna Maria Hegel, geb. Tucher116146891918261878Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher (1826–1878), häufig „Susette“ genannt, Tochter Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871) und Maria Magdalena Tuchers, geb. Grundherr (1802–1876), Ehefrau Karl Hegels (1813–1901); siehe auch: Tucher, Susanna Maria.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Privatbesitz
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Privatbesitz
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Hegel, Sigmund (Mundel, Mundulus, Munerle)Sigmund Hegel11657085718631945Hegel, Sigmund (1863–1945), sechstes Kind (zweiter Sohn) Karl (1813–1901) und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878), Mitglied des Corps Onoldia in Erlangen, Chemiker, Kaiserlicher Geheimer Regierungsrat am Reichspatentamt in Berlin.
Hegel, Sophia (Sophiechen)Sophie Hegel-18611940Hegel, Sophia (Sophiechen) (1861–1940), vierte und jüngste Tochter Karl und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878); sie blieb unverheiratet und absolvierte Stationen in München und Göttingen in den Haushalten der Schwestern Luise Lommel, geb. Hegel (1853–1924), und Anna Klein, geb. Hegel (1851–1927), später eine ca. 20 Jahre währende Tätigkeit als Lehrerin/Erzieherin an einem englischen Mädchenpensionat in Malvern, ab 1910 wieder in der Familie ihrer schwerhörigen Schwester Anna Klein lebend und dort vor allem in der Erziehung und Krankenpflege helfend; spätere Arbeit im sozialen Bereich in Göttingen.
Rosel-Rosel, Hilfsperson im Erlanger Haus Karl Hegels (1813–1901).
Knochenhauer, TheodorTheodor Knochenhauer106801292718421869Knochenhauer, Theodor (1842–1869), hatte in Berlin und Göttingen Philologie, Geschichte sowie Nationalökonomie studiert und war 1863 als Schüler Georg Waitz’ in Göttingen mit seiner Dissertation über die „Geschichte Thüringens in der karolingischen und sächsischen Zeit“ zum Dr. phil. promoviert worden. Nachdem er kurzzeitig als Privatsekretär des Archivars Johann Martin Lappenberg (1794–1865) in Hamburg gearbeitet hatte, legte er 1864/65 das Oberlehrerexamen ab und wirkte eine Zeit lang als Lehrer. 1865 gab er seine Lehrertätigkeit auf und begann, auf Empfehlung Waitz’ als Mitarbeiter Karl Hegels (1813–1901) zuerst in Nürnberg, später in Bamberg Chroniken zu sichten. In den Jahren zwischen 1864 und 1869 stand Theodor Knochenhauer in regem Briefkontakt mit Karl Hegel. In diesen Briefen berichtete er zumeist über den Fortgang seiner Forschungen. Mit nicht ganz 27 Jahren beging er Selbstmord. Hegel, der dem Bearbeiter der Bamberger Chroniken noch zu Lebzeiten zugesagt hatte, „daß sie so lange liegen bleiben“, bis er „zu ihrer Vollendung und Ergänzung abkommen können werde“, hatte wohl aus Gründen der Pietät sich gegen eine Publikation derselben in überarbeiteter Fassung entschieden, so daß diese erst nach Hegels Tod mit dem entgegenkommenden Einvernehmen der Münchener Historischen Kommission in der Publikationsreihe „Fränkische Chroniken“ der Gesellschaft für fränkische Geschichte erscheinen konnten. Sie wurden in der Historischen Zeitschrift positiv rezensiert.
Scherr, Johannes11879495718171886Scherr, Johannes (1817–1886), Historiker und Schriftsteller.
Blücher von Wahlstatt, Gebhardt Leberecht11851188217421819Blücher von Wahlstatt, Gebhardt Leberecht (1742–1819), preußischer Generalfeldmarschall.
Stieglitz, Heinrich Wilhelm AugustHeinrich Stieglitzhttps://www.deutsche-biographie.de/sfz81412.html#adbcontent119396289 11939628918011849Stieglitz, Heinrich Wilhelm August (1801–1849), im waldeckschen Arolsen geborener Kaufmannssohn, deutscher Philologe und Dichter, der nach Studien in Göttingen, Leipzig und Berlin Lehrer, Bibliothekar und Privatgelehrter wurde. Nach dem Selbstmord seiner Frau Charlotte Stieglitz, geb. Willhöfft (1806–1834), lebte er weitgehend mittellos bis zu seinem Lebensende in Venedig.
Hegel, Georg Wilhelm FriedrichGeorg Wilhelm Friedrich Hegel https://www.deutsche-biographie.de/sfz28648.html#ndbcontent11854773917701831 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770–1831), Philosoph, Ehemann Maria Helena Susanna Hegels, geb. Tucher (1791–1855), Vater Karl und Immanuel Hegels , von 1808 bis 1816 Gymnasialrektor und Schulrat in Nürnberg, ordentlicher Universitätsprofessor für Philosophie von 1816 bis 1818 an der Universität Heidelberg und von 1818 bis 1831 an der Universität Berlin.
Bach, Johann Sebastian11850553X16851750Bach, Johann Sebastian (1685–1750), in Eisenach geborener Komponist, Kantor, Konzertmeister und vielseitiger Instrumentalist.
Simmelsdorf49.5972637,11.3379197Namengebender Sitz der Nürnberger Patrizier-Familie Tucher von Simmelsdorf, 1598 erworben, nordöstlich der alten Reichsstadt Nürnberg gelegen. Das Alte Tucher-Schloß, ursprünglich ein Wasserschloß, wurde in den 1830er Jahren im gotischen Stil umgebaut, das „Neue Herrenhaus“ 1808 erbaut.
Bamberg49.8916044,10.8868478Alte Bischofsstadt in Franken, etwa 60 Kilometer nördlich von Nürnberg an der Mündung der Regnitz in den Main gelegen.
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
Lödel und MerkelNürnberger Handelshaus, in dem der Kaufmann und Marktvorsteher Paul Wolfgang Merkel (1756-1820) im Jahre 1787 Mitinhaber, 1803 alleiniger Inhaber wurde. Die ab 1860 betriebenen Bankgeschäfte blieben erfolglos und führten 1874 zum Konkurs des Unternehmens.