Es thut mir herzlich leid, daß ich Ihren Erwartungen in Bezug auf Anerkennung Ihres Fleißes und Ihres selbstständigen Verdienstes bei Bearbeitung der AugsburgerChronik1 durch mein Vorwort kein Genüge gethan habe2; es thut mir dies umso mehr leid, als ich Ihnen die Freude an Ihrem vorzüglichen Werk in keiner Weise verkümmern möchte, da es nun in seinem ersten Theile fertig vorliegt. Es war gewiß nicht meine Absicht mit dem Lobe gegen Sie kurz zu sein oder gar mir ein scheinbares Verdienst zuzuschreiben, welches mir nicht gebührt. Ich ging vielmehr von der Überzeugung aus, daß die Leistung so sehr für sich selber spräche, daß sie nicht erst des Lobes des Herausgebers bedürfe. Und nicht nach dem Urtheil von diesem wird ja die Arbeit selbst von den Kundigen beurtheilt, sondern nach dem eigenen Werth, den sie selber zeigt. Auch wie groß Ihr Antheil im Ganzen und Einzelnen war, geben alle Ihre Einleitungen, meine ich, so bestimmt zu erkennen, daß darüber ein Mißverständniß nicht wohl möglich erscheint. Alles dies im Einzelnen zu recapituliren, | war für das Vorwort wohl kaum passend. Ihre Selbständigkeit im Ganzen aber glaube ich doch gebührend geachtet zu haben, in dem ich ausdrücklich hervorgehoben, wie wenig ich selbst hinzu gethan habe. Und das Wenige, was davon gesagt ist, wird gewiß nicht zu viel sein, weil es sonst nach dem Schluß Ihrer Einleitung für den Draußenstehenden scheinen könnte, als ob ich gar nicht dabei gewesen wäre!
Aber in Einem Punkt, das gebe ich zu, haben Sie Recht und dieser ist es auch hauptsächlich, den Sie betonen. Ich habe Ihnen im Allgemeinen nur die historische Seite der Bearbeitung zugeschrieben, und ich weiß sehr wohl, wie viel sie für die Texteskritik gethan haben. Auch dies ergiebt sich zwar für Jeden, der sich darum kümmern will, aus Ihren Einleitungen, aber ich hätte es gern ausdrücklich im Vorwort anerkannt, wenn mich nicht die Rücksicht auf Lexer’s Empfindlichkeit, die ich schon erfahren, davon zurückgehalten hätte, und ich glaube dies auch in Ihrem Sinne unterlassen zu können, da ich bei Ihnen selbst immer eine ähnliche Rücksichtsnahme gegen Lexer wahrgenommen habe. Doch darin habe ich mich geirrt und mich nicht genug auf Ihren Standpunkt versetzt, und wie leid mir dies ist, habe ich schon durch die That bewiesen, denn ich habe heute morgen eine andere Correctur des Vorworts nach Leipzig abgehen lassen, mit | verschiedenen Änderungen und Zusätzen auf der zweiten und dritten Seite, welche, wie ich glaube, alle Ihre Wünsche vollkommen befriedigen werden. Sollte aber, wie leicht möglich, der erste Bogen mit dem Vorwort bereits abgezogen sein, so wird wenigstens Ein Cartonblatt (zwei wollte ich dem Verleger nicht zumuthen) die wesentlichste der Abänderungen bringen, worin ich Ihre Bemühungen um die Texte hervorgehoben habe.
Alles andere halte ich für erledigt oder überlasse es ganz Ihrem Gutbefinden.
Hinsichtlich der Zahl der Freiexemplare habe ich zu erwiedern, daß ich selbst von der Commission nicht mehr als 6 erhalte, wenn Sie eines, ich eines, Kern und Lexer zwei andere, Greiff und das Augsburger Stadtarchiv die übrigen erhalten. An die Stadt Augsburg wird eines direct von München aus geschickt, welches man der Stadtbibliothek übergeben wird.
Wenn Sie wünschen noch mehrere Exemplare zu Geschenken zu erhalten, so glaube ich es bei der Commission verantworten zu können, wenn ich Ihnen noch zwei außer dem Ihrigen anbiete.3
Hochachtungsvoll
der Ihrige Carl Hegel
1Vgl. dazu Die Chroniken der deutschen Städte, Bd. 4, Augsburg, Bd. 1; in das Projekt einführend vgl. Kreis, Geschichtswissenschaftliche Bedeutung, S. 165 ff.2Zu dem dargelegten Konflikt, der das Hauptthema des hier vorliegenden Briefes ausmacht, vgl. hinsichtlich der Mitarbeiterführung durch Karl Hegel (1813-1901) als Editionsleiter ebenfalls Kreis, Geschichtswissenschaftliche Bedeutung, S. 230-246, hier besonders S. 242 ff.3Der vorliegende Brief enthält im Folgenden das Konzept eines Antwortschreibens Ferdinand Frensdorffs (1832-1931) an Karl Hegel (1813-1901), das sich direkt auf dem Brief Karl Hegels an Ferdinand Frensdorff Brief 18651115_01 aus Erlangen bezieht. Es ist undatiert und ohne Ort. Auch die Anrede fehlt. Die Schlussformel enthält lediglich den abgekürzten Gruß „Mit herzlichen Grüßen“ bzw. „Mit herzlichem Gruß“, wohingegen die Unterschrift des Verfassers fehlt. Der Briefentwurf enthält viele Abkürzungen und ist kaum lesbar; aufgrund seiner Fundstelle und seines Inhalts ist er auf die Zeit zwischen dem 15. und 21. November 1865 zu datieren.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Frensdorff, FerdinandFerdinand Frensdorffhttps://www.deutsche-biographie.de/sfz17060.html#ndbconte11677010418331931Frensdorff, Ferdinand (1833–1931), in Hannover geborener Jurist und Historiker, der von 1853 bis 1857 an den Universitäten Heidelberg, Berlin, Leipzig und Göttingen Rechtswissenschaften studierte und 1857 in Göttingen promoviert wurde. Er war Mitarbeiter Karl Hegels bei dem Editionsunternehmen „Die Chroniken der deutschen Städte“ der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Im Jahre 1863 habilitierte er sich an der Universität Göttingen und wurde 1866 außerordentlicher, dann dort von 1873 an bis zu seinem Lebensende ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften und Rechtsgeschichte. Im Studienjahr 1887/88 war er Rektor der Universität Göttingen.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
SUB Göttingen
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SUB Göttingen1000
Die Chroniken der deutschen Städte
vom 14. bis in’s 16. Jahrhundert, hg. durch die Historische Commission bei der Königl. Academie der Wissenschaften von Karl
Hegel
, Bd. 4, Die Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, bearb. von Ferdinand
Frensdorff
, Bd.1, Leipzig 1865. (https://dlibra.bibliotekaelblaska.pl/dlibra/publication/59551/edition/55553 )
Chroniken der deutschen Städte
, Bd. 4, Augsburg, Bd. 1
1865
Kreis
, Marion: Karl Hegel. Geschichtswissenschaftliche Bedeutung und wissenschaftsgeschichtlicher Standort (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 84), Göttingen, Bristol, CT, USA 2012.
Kreis
, Geschichtswissenschaftliche Bedeutung
2012
Lexer, MatthiasMatthias Lexer11905732818301892Lexer, Matthias (1830–1892), in Kärnten geborener Privat- und Gymnasiallehrer, Sprachwissenschaftler und Lexikograph, der 1861 wissenschaftlicher Mitarbeiter Karl Hegels am Editionsunternehmen „Die Chroniken der deutschen Städte“ der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften wurde und ihm auch nach seinem Ausscheiden verbunden blieb. 1863 wurde er außerordentlicher, 1866 ordentlicher Professor für Deutsche Philologie an der Universität Freiburg im Breisgau und war von 1868 bis 1890 Ordinarius an der Universität Würzburg. Im Jahre 1891 folgte er einem Ruf an die Universität München, verstarb aber ein Jahr später.
Kern, TheodorTheodor Kern11614072018361873Kern, Theodor (1836–1873) wurde am 5. Mai 1836 in Bruneck in Tirol im Kaisertum Österreich geboren und starb am 18. November 1873 in Veytaux am Genfer See. Theodor Kern stammte aus einer österreichisch-badischen Handwerker- und Beamtenfamilie. Er besuchte das Gymnasium in Innsbruck und studierte seit 1853 zunächst Jura, später Geschichte und Philologie in Innsbruck, Göttingen, Heidelberg und München. Julius Ficker in Innsbruck, Georg Waitz in Göttingen, Ludwig Häusser in Heidelberg sowie Heinrich Sybel in München waren seine akademischen Lehrer. Das Staatsexamen für das Höhere Lehramt hatte er 1857 „mit glänzendem Erfolg“ absolviert. Promoviert worden war er als Schüler Ludwig Häussers im darauffolgenden Jahr 1858 in Heidelberg. 1863 habilitierte er sich über die „Chronik der Stadt Nürnberg vom 14. bis in’s 16. Jahrhundert“ und wurde im selben Jahr Privatdozent. Er war seit 1859 erster wissenschaftlicher Mitarbeiter Karl Hegels beim Editionsunternehmen „Die Chroniken der deutschen Städte“, für das er viele Forschungsreisen unternahm. Mit seiner sehr ordentlichen Arbeitsweise war Karl Hegel als Editionsleiter sehr zufrieden. Ab 1866 war Theodor Kern außerordentlicher, 1871 ordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Freiburg im Breisgau, wo er einen historischen Verein gründete und die „Zeitschrift für Geschichte des Breisgaus“ herausgab. Auch noch in dieser Zeit blieb er dem Editionsprojekt der „Chroniken der deutschen Städte“ als Mitarbeiter auf Honorarbasis verbunden. 1873 starb der sehr begabte junge Historiker an den Folgen einer schweren Erkrankung.
Greiff, BenediktBenedikt Greiff11683035218031871Greiff, Benedikt (1803–1871), Gymnasiallehrer, war unter dem Augsburger Stadtbibliothekar und Rektor des Gymnasiums bei St. Anna, Georg Caspar Mezger (1801–1874), seit 1841 auch Unterbibliothekar der Königlichen Kreis- und Stadtbibliothek Augsburg und Sekretär des Historischen Vereins für den Regierungsbezirk von Schwaben und Neuburg.
Leipzig51.3406321,12.3747329Am Zusammenfluß von Weißer Elster, Pleiße und Parthe gelegene Universitäts- und Messestadt in Sachsen.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Doctor, DoktorDoktor als höchster akademischer Grad und Bezeichnung für jemanden, der einen Doktor-Titel trägt.
AugsburgerZu Augsburg gehörend, Augsburg betreffend, auf Augsburg bezogen; in Augsburg lebender Mensch bzw. lebende Menschen.
Chronik(en), Chroniken der deutschen Städte (Städtechroniken), chronikalische DenkmälerEdition „Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“, von 1862 bis 1899 hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften durch Karl Hegel (1813-1901); auch allgemein: auf die Antike zurückgehende geschichtliche Darstellung, in der die Ereignisse in zeitlich genauer Reihenfolge, dabei aber, im Gegensatz zu den formal strengeren Annalen, in größeren Zeitabschnitten aufgezeichnet werden, auch im Sinne von: Lebensläufen.
Stadtchroniken, Städtechroniken, auch: ChronikenIm Rahmen von Stadtgeschichtsschreibung und -forschung geschriebene, teilweise auch edierte Chroniken von Städten. Karl Hegel (1813-1901) gab im Rahmen seiner Leitung des umfangreichen wissenschaftlichen Editionsunternehmens für die Münchener Historische Kommission „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“ – angefangen mit seiner Geburtsstadt Nürnberg – solche Städtechroniken heraus.
Historische Bearbeitung, historische BehandlungInnerhalb einer historisch-kritischen Edition stattfindende Bearbeitung, die sich auf die gesellschaftswissenschaftlichen Arbeitsschritte konzentriert.
Texteskritik, textkritische BehandlungSprachliche Aufbereitung (Textkritik) einer historisch-kritischen Edition im textkritischen Sinne auf Basis aller aufgefundener Textkörper zum Nachvollziehen der Text-Entstehungsgeschichte und Darlegung eines möglichst fehlerfreien, authentischen Textes mit textkritischem Apparat, Dokumenten, Kommentaren und weiteren Hilfsmitteln mit dem Ziel, durch quellenkritische Texterschließung eine verlässliche, wissenschaftlich fundierte Textausgabe zu schaffen, die überdies auch für andere wissenschaftliche Disziplinen als Forschungsgegenstand spezieller Fragestellungen anschlussfähig ist.
Correctur, CorrecturenKorrektur bzw. Korrekturen im Rahmen einer historisch-kritischen Edition bzw. Korrekturen im Rahmen einer Drucklegung; auch: Korrekturen von Abiturprüfungen.
Bogen (Papierbogen)Papierbogen mit einem vorgegebenen Maß (z. B. für die Drucklegung von Büchern).
CartonblattSynonym für: Cancellans, auch: Austauschblatt, Eratzblatt, Auswechselblatt, Umdruck, als Begriff aus der Buchwissenschaft für eine auszutauschende bzw. ausgetauschte Seite (Cancellandum, Cancellatum) aus einem zu veröffentlichenden Buch durch den Hersteller oder Verleger noch vor der Publikation; bei einem Einblattkarton handelt es sich um ein einzelnes Blatt, das ausgetauscht wurde.
Freiexemplar(e), auch verkürzt: Exemplar(e)Kostenlose Abgabe eines oder mehrerer Druck-Erzeugnisses.