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Karl Hegel an Ferdinand Frensdorff, Erlangen, 21. November 1865

Geehrter Herr Doctor!

Es thut mir herzlich leid, daß ich Ihren Erwartungen in Bezug auf Anerkennung Ihres Fleißes und Ihres selbstständigen Verdienstes bei Bearbeitung der Augsburger Chronik1 durch mein Vorwort kein Genüge gethan habe2; es thut mir dies umso mehr leid, als ich Ihnen die Freude an Ihrem vorzüglichen Werk in keiner Weise verkümmern möchte, da es nun in seinem ersten Theile fertig vorliegt. Es war gewiß nicht meine Absicht mit dem Lobe gegen Sie kurz zu sein oder gar mir ein scheinbares Verdienst zuzuschreiben, welches mir nicht gebührt. Ich ging vielmehr von der Überzeugung aus, daß die Leistung so sehr für sich selber spräche, daß sie nicht erst des Lobes des Herausgebers bedürfe. Und nicht nach dem Urtheil von diesem wird ja die Arbeit selbst von den Kundigen beurtheilt, sondern nach dem eigenen Werth, den sie selber zeigt. Auch wie groß Ihr Antheil im Ganzen und Einzelnen war, geben alle Ihre Einleitungen, meine ich, so bestimmt zu erkennen, daß darüber ein Mißverständniß nicht wohl möglich erscheint. Alles dies im Einzelnen zu recapituliren, war für das Vorwort wohl kaum passend. Ihre Selbständigkeit im Ganzen aber glaube ich doch gebührend geachtet zu haben, in dem ich ausdrücklich hervorgehoben, wie wenig ich selbst hinzu gethan habe. Und das Wenige, was davon gesagt ist, wird gewiß nicht zu viel sein, weil es sonst nach dem Schluß Ihrer Einleitung für den Draußenstehenden scheinen könnte, als ob ich gar nicht dabei gewesen wäre!

Aber in Einem Punkt, das gebe ich zu, haben Sie Recht und dieser ist es auch hauptsächlich, den Sie betonen. Ich habe Ihnen im Allgemeinen nur die historische Seite der Bearbeitung zugeschrieben, und ich weiß sehr wohl, wie viel sie für die Texteskritik gethan haben. Auch dies ergiebt sich zwar für Jeden, der sich darum kümmern will, aus Ihren Einleitungen, aber ich hätte es gern ausdrücklich im Vorwort anerkannt, wenn mich nicht die Rücksicht auf Lexer’s Empfindlichkeit, die ich schon erfahren, davon zurückgehalten hätte, und ich glaube dies auch in Ihrem Sinne unterlassen zu können, da ich bei Ihnen selbst immer eine ähnliche Rücksichtsnahme gegen Lexer wahrgenommen habe. Doch darin habe ich mich geirrt und mich nicht genug auf Ihren Standpunkt versetzt, und wie leid mir dies ist, habe ich schon durch die That bewiesen, denn ich habe heute morgen eine andere Correctur des Vorworts nach Leipzig abgehen lassen, mit verschiedenen Änderungen und Zusätzen auf der zweiten und dritten Seite, welche, wie ich glaube, alle Ihre Wünsche vollkommen befriedigen werden. Sollte aber, wie leicht möglich, der erste Bogen mit dem Vorwort bereits abgezogen sein, so wird wenigstens Ein Cartonblatt (zwei wollte ich dem Verleger nicht zumuthen) die wesentlichste der Abänderungen bringen, worin ich Ihre Bemühungen um die Texte hervorgehoben habe.

Alles andere halte ich für erledigt oder überlasse es ganz Ihrem Gutbefinden.

Hinsichtlich der Zahl der Freiexemplare habe ich zu erwiedern, daß ich selbst von der Commission nicht mehr als 6 erhalte, wenn Sie eines, ich eines, Kern und Lexer zwei andere, Greiff und das Augsburger Stadtarchiv die übrigen erhalten. An die Stadt Augsburg wird eines direct von München aus geschickt, welches man der Stadtbibliothek übergeben wird.

Wenn Sie wünschen noch mehrere Exemplare zu Geschenken zu erhalten, so glaube ich es bei der Commission verantworten zu können, wenn ich Ihnen noch zwei außer dem Ihrigen anbiete.3

Hochachtungsvoll
der Ihrige
Carl Hegel