Die Bauernkriegssachen habe ich vergangenen Dienstag erhalten. Da die Beilage mich noch einige Tage beschäftigen wird, erlaube ich mir einstweilen die Quittung einzuschicken. Ich fand nämlich bei näherer Untersuchung, daß der Text bei Waldau verglichen mit dem auf hiesiger Bibliothek befindlichen Original doch so viele Mängel enthält, daß ich die vollständige Wiedergabe des erzählenden Textes für nothwendig halten mußte. Dazu sind noch einige Erläuterungen nothwendig. Ausgeschlossen habe ich mit Rücksicht auf den vorliegenden Druck die urkundlichen Stücke. Theils sind sie bereits in dem erzählenden Theil dem Inhalt nach genau ausgezogen, theils denke ich sie selbst durch ein Regest zu ersetzen, diejenigen Urkunden nämlich, die sich auf die Abfindung der im | Aufruhr Beschädigten beziehen. Die letzteren machen ein volles Drittel des ganzen Berichts aus, sind sehr weitschweifig und inhaltslos. Ich glaube daß auf diese Weise der wissenschaftlichen Forschung gar nichts entzogen wird; uns bleibt dagegen die Mittheilung eines guten Theils lästigen Ballasts erspart, an dem die Bamberger Sachen ohnehin so reich sind. In wenigen Tagen werde ich Ihnen Alles zurücksenden.
Mit dem Stand der übrigen Arbeiten steht es so. Nach kaum begonnener Durchsicht der hiesigen Acten zum Markgrafenkrieg fand ich, daß die Arbeit sich vereinfachen würde, wenn mir bereits auch die übrigen markgräflichen Sachen zur Erläuterung vorlägen. Von diesen sind die Culmbacher, Schweinfurter und Baireuther Berichte ganz speciell; den letzteren, hier befindlichen, der nur sehr unbedeutend ist, habe ich bereits abgeschrieben. Der Culmbacher ist erst 1853 abgedruckt worden, ist ebenfalls ganz speciell und nur auf die Belagerung der Stadt selbst bezüglich. Das gilt ebenfalls von dem Schweinfurter. | Um so wichtiger ist der Bericht des Höfer SchulrectorsSchlemmer über den Markgrafenkrieg mit besonderer Rücksicht auf die Stadt Hof. Von ihm gilt es besonders, daß die Bamberger Sachen am besten mit ihm zugleich erläutert werden können, zum Theil auch durch ihn selbst Licht erhalten werden. Er ist allerdings sehr umfangreich, aber für einen Theil wenigstens der zahlreichen in ihm aufgenommenen Urkunden wird die einfache Verweisung auf bereits vorhandenen Abdruck genügen. – Das Original dieser Aufzeichnung ist im Stadtarchiv zu Kulmbach, hier die wol wichtigste Abschrift. Mit Ihrer Zustimmung möchte ich jetzt zunächst Schlemmers Bericht vornehmen und müßte wol, um die Handschrift, wo möglich, hier her zu bekommen, und zugleich die etwa sonst in Kulmbach befindlichen Archivalien einzusehen, zunächst dahin einen Abstecher machen. Bis Weihnachten könnte ich die Abschrift ausführen, dann bis 1. März die Erläuterung dieser wie der Bamberger Aufzeichnungen, neben den sonst notwendigen Ergänzungen der bereits fertigen Arbeiten, vollenden. Der Baireuther Bericht würde sich passend daran anschließen, während von einem abermaligen Abdruck des Kulmbacher bereits wol abgesehen werden kann und der Schweinfurter Bericht besser | zu den unterfränkischen Sachen gestellt werden wird. – Hat dies Ihre Zustimmung, so möchte ich Sie um eine Beglaubigung ersuchen, die ich der städtischen Behörde zu Kulmbach vorlegen könnte, oder doch, wenn dies unnöthig ist, um Ermächtigung zu der Reise nach Kulmbach. Ich würde Sie wol am besten gleich nach Beendigung der Beilage zum Bauernkrieg, etwas Mitte nächster Woche ausführen.
Die Nähe des Zeitpunktes, der meinen Arbeiten für die Städtechroniken das mir sehr unwillkommene Ende schicken wird, zwingt mich auch über meine persönlichen Angelegenheiten ernstlich nachzudenken. Leider bin ich nicht in der Lage, auch ohne Remuneration fortzuarbeiten, so gern ich es gerade unter Ihrer Leitung thun würde. Daher ist die Frage, die ich mir an Sie persönlich zu richten erlaube, nur noch die, ob ich nach Ihrer Ansicht bei der Sorge um meine Zukunft von einer Betheiligung an den Arbeiten der Kommission überhaupt abzusehen habe, oder ob ich auf eine solche, wenn auch erst nach einiger Zeit, mit Sicherheit werde rechnen können. Mögen Sie diese Berührung persönlicher Verhältnisse mit der Vorliebe entschuldigen, mit der ich einer ausschließlich wissenschaftlichen Thätigkeit wenigstens einige Jahre noch mich hingeben würde.
In meiner neuen Wohnung befinde ich mich recht wohl. Sonst sind jetzt mein Hauptgenuß die philosophischenVorlesungen des ProfessorsKatzenberger, die ich seit Anfang des Monats regelmäßig mit anhöre.
Knochenhauer, TheodorTheodor Knochenhauer106801292718421869Knochenhauer, Theodor (1842–1869), hatte in Berlin und Göttingen Philologie, Geschichte sowie Nationalökonomie studiert und war 1863 als Schüler Georg Waitz’ in Göttingen mit seiner Dissertation über die „Geschichte Thüringens in der karolingischen und sächsischen Zeit“ zum Dr. phil. promoviert worden. Nachdem er kurzzeitig als Privatsekretär des Archivars Johann Martin Lappenberg (1794–1865) in Hamburg gearbeitet hatte, legte er 1864/65 das Oberlehrerexamen ab und wirkte eine Zeit lang als Lehrer. 1865 gab er seine Lehrertätigkeit auf und begann, auf Empfehlung Waitz’ als Mitarbeiter Karl Hegels (1813–1901) zuerst in Nürnberg, später in Bamberg Chroniken zu sichten. In den Jahren zwischen 1864 und 1869 stand Theodor Knochenhauer in regem Briefkontakt mit Karl Hegel. In diesen Briefen berichtete er zumeist über den Fortgang seiner Forschungen. Mit nicht ganz 27 Jahren beging er Selbstmord. Hegel, der dem Bearbeiter der Bamberger Chroniken noch zu Lebzeiten zugesagt hatte, „daß sie so lange liegen bleiben“, bis er „zu ihrer Vollendung und Ergänzung abkommen können werde“, hatte wohl aus Gründen der Pietät sich gegen eine Publikation derselben in überarbeiteter Fassung entschieden, so daß diese erst nach Hegels Tod mit dem entgegenkommenden Einvernehmen der Münchener Historischen Kommission in der Publikationsreihe „Fränkische Chroniken“ der Gesellschaft für fränkische Geschichte erscheinen konnten. Sie wurden in der Historischen Zeitschrift positiv rezensiert.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Bamberg49.8916044,10.8868478Alte Bischofsstadt in Franken, etwa 60 Kilometer nördlich von Nürnberg an der Mündung der Regnitz in den Main gelegen.
Kreis
, Marion: Karl Hegel. Geschichtswissenschaftliche Bedeutung und wissenschaftsgeschichtlicher Standort (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 84), Göttingen, Bristol, CT, USA 2012.
Kreis
, Geschichtswissenschaftliche Bedeutung
2012
Chroust
, Anton/
Knochenhauer
, Theodor: Chroniken der Stadt Bamberg. 1. Hälfte. Chronik des Bamberger Immunitätenstreites von 1430-1435. Mit einem Urkundenanhang. Nach einem Manuskripte von Th[eodor] Knochenhauer. Neu bearbeitet und hg. von Anton
Chroust
(= Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. 1. Reihe. Fränkische Chroniken, Bd. 1, 1. Hälfte, postum), Leipzig 1907.
Chroust/Knochenhauer
, Chroniken Stadt Bamberg 1. Hälfte
1907
Chroust
, Anton/
Knochenhauer
, Theodor: Chroniken der Stadt Bamberg. 2. Hälfte. Chronik zur Geschichte des Bauernkrieges in der Markgrafenfehde in Bamberg. Mit einem Urkundenanhang. Bearbeitet und hg. von Anton
Chroust
(= Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. 1. Reihe. Fränkische Chroniken, Bd. 1, 2. Hälfte, postum), Leipzig 1910.
Chroust/Knochenhauer
, Chroniken Stadt Bamberg 2. Hälfte
1910
Waldau, Georg Ernst11550481817451817Waldau, Georg Ernst (1745–1817), Prediger, evangelischer Theologe, Historiker, Lehrer, der auch verschiedene historische Abhandlungen verfasste, die vereinzelt im Rahmen der im Auftrag der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München unter der Leitung Karl Hegels (1813–1901) erarbeiteten „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“ rezipiert wurden.
Schlemmer, Jacob13430618X1580Schlemmer, Jacob († 1580), war ein aus dem unterfränkischen Gochsheim stammender Schulmeister, Chronist, Geschichtsschreiber und bis 1574 Rektor des 1546 gegründeten Gymnasiums (vormals Kloster, welches nach der Reformation säkularisiert wurde) in Hof.
Katzenberger, Johann Martin 11606788818211902Katzenberger, Johann Martin (1821–1902), war Philosoph und Theologe in Bamberg.
Hof50.3219015,11.9178807Seit 1810 Stadt im Königreich Bayern, an der Saale im Vogtland gelegen und seit der Mitte des 19. Jahrhunderts Knotenpunkt der bayerischen Ludwig-Süd-Nord-Bahn und der Sächsisch-bayerischen Eisenbahn, zentral für die Nord-Süd- und die Ost-Westverbindungen.
Kulmbach50.1008448,11.4479149Die zu Füßen der hohenzollerischen Plassenburg gelegene Stadt Kulmbach fand 1846 Anschluß an die königlich bayerische Ludwig-Süd-Nord-Bahn.
Professor, ProfeßorBerufs- oder Amtsbezeichnung und Anrede für den Inhaber einer Professur an einer Universität oder Hochschule, wobei nicht jeder Professor eine Professur bekleidet; früher auch Bezeichnung für einen Gymnasiallehrer (Gymnasial-Professor) bzw. Lehrer an einer Lateinschule.
BauernkriegBereits zeitgenössische, nicht von den Aufständischen selbst geprägte oder verwendete Bezeichnung vornehmlich für die Ereignisse im Jahr 1525 (mitunter auch im Gebiet des heutigen Franken, in Bamberg speziell in den Jahren 1524/25), in welchem an verschiedenen Orten Bauern, Städter und Bergleute für eine frühe Form von Menschenrechten zwischen den Jahren 1524 bis 1526 in Form von Aufständen eintraten.
Quittung, Quittungen„Quittung“ bzw. „Quittungen“ hier als finanzverwaltungsspezifische Abrechnungsgrundlage zu verstehen, bezogen auf das umfangreiche Editionsunternehmen der „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“, das Karl Hegel (1813-1901) für die Münchener Historische Kommission leitete, und welche für die Ausbezahlung der Remuneration an den jeweiligen Mitarbeiter erforderlich war. Dieser musste im Vorfeld eine solche Quittung als Beleg ausstellen und an den Abteilungsleiter übermitteln. Die Abrechnung erfolgte hierbei zumeist monatsweise, weswegen gelegentlich auch der Begriff „Monatsquittung“ geläufig war, für Zwischenabrechnungen oder vorläufige „Quittungen“ der Begriff „Interimsrechnung“.
Geschichte des Bauernkriegs aus einer gleichzeitigen Handschrift (Waldau)1790 in Nürnberg veröffentlichte Monographie des Predigers, Historikers und Lehrers Georg Ernst Waldau (1745-1817) unter dem Titel: „Beytrag zur Geschichte des Bauernkriegs in Franken, besonders im Bißthum Bamberg. Aus einer gleichzeitigen Handschrift herausgeben von Georg Ernst Waldau“.
Urkunde, Urkunden, urkundliche DenkmälerAus dem Althochdeutschen von „urchundi“ für „Zeugnis“ stammender Begriff für ein historisches Dokument in Form eines geschriebenen, nicht literarischen Textes, der im engeren Sinne eine rechtskräftige Niederschrift einer schriftlichen, in bestimmter, wenn auch wechselnder Form abgefassten Erklärung über rechtliche Vorgänge darstellt, welche in der abendländischen Geschichte seit der römischen Antike belegt ist.
Bamberger, BambergischZu Bamberg gehörend, auf Bamberg bezogen, Bamberg zuzuordnen.
MarkgrafenkriegIn Nürnberg gab es zwei Markgrafenkriege. Der erste fand als eigentlicher militärischer Konflikt in den Jahren 1449/50 statt, wobei die Vorläufer dafür (Bündnis des Markgrafen Albrecht Achilles von Brandenburg-Ansbach (1414-1486) mit den fränkischen Fürsten, Grafen und Rittern) seit 1446 festzumachen sind. Ziel des Markgrafen war es, Nürnberg seiner Hoheitsrechte im weiteren Umkreis und auf längere Sicht seiner politischen Unabhängigkeit zu berauben, was die Stadt durch ihre enorme Finanzkraft – trotz massiver Zerstörungen und Plünderungen auf beiden Seiten – abwehren konnte. Der Konflikt wurde mit dem Laufer Vertrag 1453, in dem Nürnberg sämtliche Hoheitsrechte behaupten konnte, beigelegt. Der zweite Markgrafenkrieg fand zwischen 1552 bis 1554 statt und ging zurück auf die Pläne des Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach (1522-1557), der unter Zerstörung der wirtschaftlichen Stellung Nürnbergs und durch die Säkularisierung der Hochstifte ein zollerisches Herzogtum Franken kreieren wollte. Es kam zu mehreren grausam geführten Raubzügen und schweren Verwüstungen besonders in den Bistümern Bamberg und Würzburg sowie im Nürnberger Landgebiet (Lauf, Altdorf, Hersbruck). Auch hiergegen konnte sich die Stadt Nürnberg trotz Belagerung dank seiner nochmals verstärkten Stadtbefestigung wehren, büßte anschließend jedoch durch die enorm hohen Kosten (ca. vier Millionen Gulden) dieser Verteidigung und die durch den Krieg verursachten Schäden ihre bis dahin ungebrochene Finanzkraft ein, wovon sie sich nie mehr richtig zu erholen vermochte.
Culmbacher, KulmbacherZu Kulmbach gehörend, darauf bezogen, Kulmbach zuzuordnen.
SchweinfurterZu Schweinfurt gehörend, Schweinfurt zuzuordnen, darauf bezogen.
BaireutherZu Bayreuth gehörend, auf Bayreuth bezogen, Bayreuth zuzuordnen.
HöferZu Hof, Stadt an der Saale, gehörend, Hof zuzuordnen, Hof beinhaltend.
RectorHier gebraucht als Synonym für: Schulleiter, Leiter einer Lehr- und Bildungsanstalt.
Original(e), Originalhandschrift(en); OriginalienUrsprüngliche handschriftliche Quelle(n); Originalschriften; Originalwerk (z. B. literarisches Werk etc.).
Stadtarchiv KulmbachArchiv der Stadt Kulmbach sowie der eingemeindeten Orte mit Archivalien die bis in das 14./15. Jahrhundert zurückgehen.
AbschriftAbgeschriebener Text, Duplikat bzw. Kopie, häufig auch als Hilfsmittel im Rahmen einer historisch-kritischen Edition gebräuchlich bzw. als Textgrundlage einer Edition für die Drucklegung.
ArchivalienBestände eines Archivs, Archivgut.
Remuneration, RemunerationenZusätzliche Bezahlung, Gratifikation; hier auch im Sinne von Gegenleistung(en) und Vergütung(en) gebraucht im Sinne einer regelmäßigen Gehalts- bzw. Lohnzahlung.
PhilosophischAuf die Philosophie bezogen, ihr zuzuordnen, auf sie bezogen.
Vorlesung(en)Lehrveranstaltung(en) an Universitäten.
Mehrere Registerverweise
Zitierempfehlung
Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers Karl Hegel (1813-1901), bearbeitet von Helmut Neuhaus und Marion Kreis