Die Bauernkriegssachen, durch den domherrlichen Bericht vermehrt, erfolgen nach nochmaliger Durchsicht hiemit zurück. Ich habe auch jenen Bericht mit einigen Bemerkungen versehen und so mein gesammeltes Material ganz verwertet. Ich glaube, daß bei einem Bericht wie diesem, die ein in sich geschlossenes Bild von bestimmten Ereignissen geben wollen, die reichere Zugabe von ergänzendem urkundlichen Material nur wünschenswerth sein kann. Wenigstens wird sich ein künftiger Bearbeiter des Bamberger Bauernkriegs eine wiederholte Durchsicht der beiden nun sparen können. – Erst in dieser Woche stieß ich noch auf eine Beantwortungsschrift der BambergerRaths in einem neuen Codex, die ich aber trotz vielen Nachfragens nicht anderswo auffinden konnte. Dadurch haben sich auch einige Anmerkungen zum Anfang des bürgerlichen Berichts geändert. Lieber wäre es mir gewesen, wenn ich die sehr bedenkliche Stelle desselben Seite 82 folgende danach sicherer hätte feststellen können; so blieb mir nur die Wahl, Unsinn zu geben oder die kranke Stelle unbarmherzig zu beschneiden. | Meine Expedition nach Kulmbach habe ich am Donnerstag ausgeführt. Wenn Glück dazu gehört, einem Stadtmagistrat seine archivalischen Schätze zu entwinden, so ist es mir im vollsten Maaß zu Theil geworden. Der Bürgermeister, ein junger Mann, der noch nicht lange da ist, wußte nichts von der Handschrift, der Stadtschreiber aber machte sie mir bald ausfindig. Da die Erlaubniß sie mitzunehmen nur vom Bürgermeister gegeben zu werden brauchte, so konnte ich sie gegen Bescheinigung sogleich an mich nehmen und mit mir hierher bringen. Ich hatte nur die naive Gegenbitte zu gewähren, daß ich mittheilen wolle, was ich über Kulmbach historisch wichtiger fände. – Der Codex ist sehr starr, aber ich denke, die bereits gedruckten Urkunden weglassen zu können und dadurch wird die Chronik sehr reducirt werden. Jedenfalls ist es mir sehr lieb, mich nicht Wochen lang nach Kulmbach setzen zu müssen.
Für die mir betreffs der Zukunft gegebenen Nachrichten sage ich meinen besten Dank. Sehr lieb wäre es mir, wenn ich bis Weihnachten, wo ich auf einige Tage nach Hause2 zu reisen gedenke, Sicheres und am liebsten die Realisierung der schwebenden Aussichten erführe.
Hochachtungsvoll mich empfehlend
TheodorKnochenhauer.
1Ort und Datum stehen am Briefende, letzte Seite, linksbündig. 2Meiningen.
Knochenhauer, TheodorTheodor Knochenhauer106801292718421869Knochenhauer, Theodor (1842–1869), hatte in Berlin und Göttingen Philologie, Geschichte sowie Nationalökonomie studiert und war 1863 als Schüler Georg Waitz’ in Göttingen mit seiner Dissertation über die „Geschichte Thüringens in der karolingischen und sächsischen Zeit“ zum Dr. phil. promoviert worden. Nachdem er kurzzeitig als Privatsekretär des Archivars Johann Martin Lappenberg (1794–1865) in Hamburg gearbeitet hatte, legte er 1864/65 das Oberlehrerexamen ab und wirkte eine Zeit lang als Lehrer. 1865 gab er seine Lehrertätigkeit auf und begann, auf Empfehlung Waitz’ als Mitarbeiter Karl Hegels (1813–1901) zuerst in Nürnberg, später in Bamberg Chroniken zu sichten. In den Jahren zwischen 1864 und 1869 stand Theodor Knochenhauer in regem Briefkontakt mit Karl Hegel. In diesen Briefen berichtete er zumeist über den Fortgang seiner Forschungen. Mit nicht ganz 27 Jahren beging er Selbstmord. Hegel, der dem Bearbeiter der Bamberger Chroniken noch zu Lebzeiten zugesagt hatte, „daß sie so lange liegen bleiben“, bis er „zu ihrer Vollendung und Ergänzung abkommen können werde“, hatte wohl aus Gründen der Pietät sich gegen eine Publikation derselben in überarbeiteter Fassung entschieden, so daß diese erst nach Hegels Tod mit dem entgegenkommenden Einvernehmen der Münchener Historischen Kommission in der Publikationsreihe „Fränkische Chroniken“ der Gesellschaft für fränkische Geschichte erscheinen konnten. Sie wurden in der Historischen Zeitschrift positiv rezensiert.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Bamberg49.8916044,10.8868478Alte Bischofsstadt in Franken, etwa 60 Kilometer nördlich von Nürnberg an der Mündung der Regnitz in den Main gelegen.
Schneider, Eugen13364517718221880Schneider, Eugen (1822–1880), Verwaltungsjurist, war von 1865 bis 1877 hauptamtlicher Bürgermeister von Bamberg.
Kulmbach50.1008448,11.4479149Die zu Füßen der hohenzollerischen Plassenburg gelegene Stadt Kulmbach fand 1846 Anschluß an die königlich bayerische Ludwig-Süd-Nord-Bahn.
Meiningen50.56761,10.4153029Etwa 60 Kilometer südlich von Eisenach und etwa 70 Kilometer nördlich von Schweinfurt gelegene Haupt- und Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Meiningen.
Professor, ProfeßorBerufs- oder Amtsbezeichnung und Anrede für den Inhaber einer Professur an einer Universität oder Hochschule, wobei nicht jeder Professor eine Professur bekleidet; früher auch Bezeichnung für einen Gymnasiallehrer (Gymnasial-Professor) bzw. Lehrer an einer Lateinschule.
BauernkriegBereits zeitgenössische, nicht von den Aufständischen selbst geprägte oder verwendete Bezeichnung vornehmlich für die Ereignisse im Jahr 1525 (mitunter auch im Gebiet des heutigen Franken, in Bamberg speziell in den Jahren 1524/25), in welchem an verschiedenen Orten Bauern, Städter und Bergleute für eine frühe Form von Menschenrechten zwischen den Jahren 1524 bis 1526 in Form von Aufständen eintraten.
domherrlichAuf einen Domherrn bezogen, einem Domherrn (hier als geistliches Amt innerhalb der katholischen Kirche, Angehöriger eines Domkapitels, siehe auch: Domcapitular) zuzuordnen, zu einem Domherrn gehörend.
MaterialGesamtheit der Quellen, Dokumente und entsprechenden Unterlagen, die für ein bestimmtes Forschungsvorhaben die zu bearbeitende Basis bilden.
Bamberger Krieg (Bauernkrieg); siehe dazu: Bauernkrieg
Bamberger, BambergischZu Bamberg gehörend, auf Bamberg bezogen, Bamberg zuzuordnen.
Rath, RätheRat einer Stadt, Stadtrat; mit Erstarken der Zünfte gegenüber den alteingesessenen Geschlechtern bzw. ratsfähigen Patriziergeschlechtern oftmals fortschreitende Differenzierung in z. B. den „Äußeren“, „Großen“, „Neuen“ oder „Jungen“ Rath/Rat, wohingegen der eigentliche, in dem die wichtigen laufenden Geschäfte rund um die Stadtleitung bzw. -verwaltung erfolgten nunmehr als „Kleiner“, „Enger“ oder „Alter“ Rath/Rat bezeichnet wurde; in einer weiteren Unterscheidung konnten auch noch Ausschüsse hinzutreten, die bisweilen auch „Geheimer Rath“ bzw. „Geheimer Rat“ genannt wurden; auch Bezeichnung für ein Mitglied dieses Rat(h)es; Berater eines Herrschers auch als Gremium oder Regierungsbehörde (z. B. Hofrat, Geheimrat); auch: Ratschläge.
Codex, CodicesKodex, aus dem Lateinischen stammend, Plural Codices, in Bezug auf das Mittelalter bezogen auf eine Sammlung von Handschrift(en), welche zwischen Holzdeckeln zu einer Art Buch zusammengefügt sind; im übertragenen Sinne auch Bezeichnung für eine Sammlung geschriebener oder auch ungeschriebener Verhaltensregeln innerhalb einer Gesellschaft, Menschengruppe, eines Standes etc.
Magistrat, auch: StadtmagistratOberste Verwaltungsinstanz einer Stadt.
StadtschreiberBegriff aus dem 13. Jahrhundert, auch: Ratsschreiber, für Schriftkundige, später auch Rechtskundige Leiter der städtischen Kanzlei und Verwaltung, Kanzleivorsteher, in Mittelalter und Früher Neuzeit; auch Leiter der Verwaltung des zur Stadt gehörigen Amtes (z. B. in Württemberg).
Urkunde, Urkunden, urkundliche DenkmälerAus dem Althochdeutschen von „urchundi“ für „Zeugnis“ stammender Begriff für ein historisches Dokument in Form eines geschriebenen, nicht literarischen Textes, der im engeren Sinne eine rechtskräftige Niederschrift einer schriftlichen, in bestimmter, wenn auch wechselnder Form abgefassten Erklärung über rechtliche Vorgänge darstellt, welche in der abendländischen Geschichte seit der römischen Antike belegt ist.
Stadtchroniken, Städtechroniken, auch: ChronikenIm Rahmen von Stadtgeschichtsschreibung und -forschung geschriebene, teilweise auch edierte Chroniken von Städten. Karl Hegel (1813-1901) gab im Rahmen seiner Leitung des umfangreichen wissenschaftlichen Editionsunternehmens für die Münchener Historische Kommission „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“ – angefangen mit seiner Geburtsstadt Nürnberg – solche Städtechroniken heraus.
Mehrere Registerverweise
Zitierempfehlung
Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers Karl Hegel (1813-1901), bearbeitet von Helmut Neuhaus und Marion Kreis