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Theodor Knochenhauer an Karl Hegel, Bamberg, 11. Januar 1866

Geehrtester Herr Professor!

Mit der Abschrift der Schlemmerschen Chronik bin ich, wengistens mit dem erzählenden Theile selbst, fertig. Da ich mich auch dabei und bei der weiteren Durchsicht der Archivalien des Königlichen Archivs davon überzeuge, daß die Erläuterung all dieser Kriegsberichte, so weit sie überhaupt von nöthen, vorzugsweise aus der vorhandenen Litteratur wird gezogen werden können und daß die vorliegenden Berichte sich gegenseitig vielfach selbst erläutern werden, so scheint es mir immer wünschenswerther zugleich die noch übrigen Berichte, von Culmbach und Schweinfurth hinzuzunehmen. In der Zeit glaube ich die ganze Arbeit bis März im Wesentlichen zu vollem Abschluß führen zu können, da die Durchsicht und Excerpirung der hiesigen Archivalien, zuvor neun starke Folianten, sich schneller erledigt als ich anfänglich glaubte. Die ganze Art der Behand- lung dieser Berichte wird nothwendig eine andere als die der beiden allein auf die Stadt Bamberg bezüglichen und wird weit weniger Zeit beanspruchen. Eben darum aber, weil ich hierbei weniger in die Tiefe zu arbeiten habe, möchte ich den Stoff in seiner Breite wenigstens rasch erfassen. Alle Berichte zusammen werden freilich gewiß über 24 Druckbogen füllen, und der geduldige Leser des vielen Bedeutungslosen wird mir die Ungeduld, die mich bei der jetzigen Arbeit oft befällt, nicht verargen können.

Der Culmbacher Bericht ist außer in einer alten Handschrift des hiesigen Archivs auch im Nürnberger, wol in noch älterem Exemplar enthalten, um das ich durch die Güte des Herrn Dr. Rapp bereits nachgesucht habe. Die Berliner Handschriften sind aber doch wol auch zuzuziehen.

Für den Schweinfurter Bericht fehlt mir bis jetzt eine alte Handschrift; die der hiesigen Bibliothek sind vom 18. Jahrhundert, doch vollständiger als die von Reinhard2 bereits abgedruckte. Kern hat außerdem nur einen Codex der Schweinfurter Rathsbibliothek, doch auch vom 18. Jahrhundert verzeichnet, dann noch

Adrien cat. mss. bibl. ac Gissensis3 n. 548

B.Z. MS. 335. fol.

(C. chart. saec. XVII. et XVIII. foll. 91.)4 Diese Handschrift gibt den Schweinfurter Bericht mehrmals, theils nur in Auszug, und muß jedenfalls eingesehen werden. Eine Handschrift, die Voigt5 als Eigenthum des historischen Vereins zu Würzburg citiert, hoffe ich von da zu bekommen und will sehen, was sie werth ist.

Der Culmbacher Bericht ist nach Kern bereits herausgegeben von Caspari und Harleß 1853. Das Buch steht mir hier nicht zu Gebote, und möchte ich Sie, falls es in Erlangen ist, um Uebersendung bitten. Würde ich die Abschriften im Lauf des Monats noch, wie ich hoffe, erledigen können, wo würde dann auch die Zeit bleiben, die Orte selbst noch zu besuchen, was doch wol nothwendig ist, um so mehr als namentlich die Schweinfurter Bibliothek nach Dr. von Kern damals noch ungeordnet war und auch eine Handschrift des Schlemmerschen bereits enthält. Eine solche ist auch im Baireuther Stadtarchiv. Vielleicht enthalten doch auch die Stadtarchive manches zur Erläuterung dienliche Material. Recht leid gethan hat mir in diesen Tagen der plötzliche Tod des Herrn Stadtpfarrer Schweizer; er wird heute beerdigt. Bei der Rückkehr von einer Reise nach Forchheim hat ihn im hiesigen Bahnhof der Schlag gerührt. Er war mir stets sehr gefällig und zuvorkommend. Der Bamberger Lochforschung und dem historischen Verein ist leider damit die tüchtigste Kraft entzogen.

Der Verein hat mir diese Woche die Ehre angethan, mich zum Mitglied zu creiren; ich habe eine im Beginn meines hiesigen Aufenthalts, wie ich zuerst glaubte, für uns wichtige Urkunde in seiner Zeitschrift abdrucken lassen, da ich sie sonst nicht verwerthen konnte.

Die Hoffnung bald von Ihnen zu hören

Hochachtungsvoll
Theodor Knochenhauer