Berlin, Dienstag 10 April 1866
Nachmittag
Geliebtes Suschen,
gestern erhielt ich Deinen lieben Brief, der mir große Freude bereitete. Du hattest, als Du ihn schriebst, den meinigen noch nicht erhalten; hoffentlich wird er seitdem richtig angekommen sein, ich gab ihn Freitag Mittag auf. Die Tage meines hiesigen Aufenthalts fliegen schnell vorüber. Es ist viel, was an einem Tage hier an mir vorübergeht, und doch glaube ich von dem Ganzen, was ich umfassen möchte, nicht viel erreicht zu haben. Es ist aber eine ganz große Welt in diesem Berlin, die sich nicht in kurzer Zeit umspannen läßt. Auch im Staatsarchiv und in der Bibliothek habe ich nicht viel gethan und noch weniger ausgerichtet, Besuche nur wenige gemacht. Zwei von diesen hatten Einladungen zur Folge, auf vorgestern Abend bei Pertz, wo ich noch andere Historiker, Schmidt aus Jena, Ficker aus Innsbruck, traf, und gestern Abend bei Ranke, wo er einen großen rout nach englischer Sitte gab und ich manchen alten Bekannten wiedersah. Am Sonntag Nachmittag machten wir eine Ausfahrt nach Charlottenburg, wo wir Caffe tranken und den Schloßgarten und das schöne Mausoleum sahen. Gestern Nachmittag sah ich das prachtvolle Palmenhaus im botanischen Garten. Auch das Theater wurde nicht vergessen. Im Opernhaus sahen wir Figaro’s Hochzeit, die Lucca gab den Pagen. |
Heute Nachmittag wird Theodor Flottwell aus Potsdam erwartet, der auch schon Sonntag Mittag hier war, und mit mir in Wallner’s Theater gehen will. Du glaubst nicht, wie Berlin sich vergrößert hat und wie sehr es an Pracht und Glanz in allen Richtungen zugenommen hat. Manuel ist so gut, mich überall hin zu begleiten und widmet mir fast alle Zeit. Ella ist in der Nähe ausquartiert, um sich ärztlich behandeln zu lassen, darf aber nicht ausgehen. Clara und Mariechen sind darum viel bei ihr. Willy geht seit gestern weiter ins Gymnasium. Ich denke dabei an unsere Kinder, die auch wohl fleißig in die Schule gehen: hoffentlich macht der Junge seine Sachen ordentlich. Halte ihn nur gut dran! Nun von meiner Rückkehr. Ich denke übermorgen Donnerstag in einem Tage von hier nach Erlangen zu reisen, wenn nämlich der Anschluß in Hof, was nicht immer der Fall ist, richtig stattfindet; sonst würde ich in Hof ligen bleiben über Nacht und erst am folgenden Morgen oder Nachmittags mit dem Eilzug in Erlangen eintreffen. Erwarte mich deßhalb nicht zu bestimmt zu Donnerstag auf Freitag Nacht und geht ruhig zu Bette und laß die Kinder und Leute schlafen; ich habe den Schlüssel zur Gartenthür; sorge nur daß die Hausthür offen bleibt, damit ich herein kommen kann.
Ich grüße von Herzen die lieben Kinder zusammen und freue mich auf ein frohes Wiedersehen mit Euch Allen. Frau Geheim Räthin Müller habe ich am Sonntag besucht und sie so wie ihre Tochter bei gutem Wohlbefinden angetroffen. Sie wollen mir noch etwas für Schmidtleins zuschicken.
Lebe wohl, liebes Suschen. Gott befohlen Ihr Alle!
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher
Susanna Maria Hegel, geb. Tucher116146891918261878Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher (1826–1878), häufig „Susette“ genannt, Tochter Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871) und Maria Magdalena Tuchers, geb. Grundherr (1802–1876), Ehefrau Karl Hegels (1813–1901); siehe auch: Tucher, Susanna Maria.
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Privatbesitz
.
Privatbesitz
1000
Pertz, Georg HeinrichGeorg Heinrich Pertz
HiKo
11859285817951876Pertz, Georg Heinrich (1795–1876), in Hannover geborener Historiker, Archivar und Bibliothekar, der von 1813 bis 1816 an der Universität Göttingen studierte und promoviert wurde. Er war von 1823 bis 1874 Leiter der Monumenta Germaniae Historica und gehörte im Jahre 1858 zu den Gründungsmitgliedern der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Schmidt, Wilhelm Adolf10408562218121887Schmidt, Wilhelm Adolf (1812–1887), in Berlin geborener Historiker, der wie Karl Hegel Schüler des Französischen Gymnasium in Berlin gewesen war. Er wurde 1834 an der Berliner Universität promoviert, war zeitweise im Schuldienst und wurde 1840 habilitiert. Von 1845 bis 1851 war er außerordentlicher Professor der Geschichte an der Berliner Universität, dann bis 1860 ordentlicher Professor an der Universität und der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich und schließlich bis 1883 Ordinarius an der Universität Jena.
Ficker, Johann Kaspar JuliusJulius Ficker11853286318261902Ficker, Johann Kaspar Julius (1826–1902), im ostwestfälischen Paderborn geborener Historiker und Rechtshistoriker, der zunächst Jura, dann Geschichte an der Universität Bonn studierte und 1849 zum Dr. phil. promoviert wurde. Nach seiner Habilitation im Jahre 1851 in Bonn war er von 1852 bis 1863 Professor für Allgemeine Geschichte an der Universität Innsbruck und wechselte dann bis 1879 als Ordinarius für deutsche Reichs- und Rechtsgeschichte in die dortige Juristischen Fakultät.
Ranke, LeopoldLeopold Ranke
HiKo
11859827917951886Ranke, Leopold (1795–1886), in Wiehe geborener deutscher Historiker, der von 1818 bis 1824 Gymnasiallehrer in Frankfurt an der Oder war. Im Jahre 1824 wurde er außerordentlicher Professor, 1834 ordentlicher Professor für Geschichte an der Berliner Universität. Von 1858 an war er erster Präsident der von ihm initiierten Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Lucca, Pauline11645865818411908Lucca, Pauline (1841–1908), Sopranistin, umjubelte österreichische Opernsängerin aus Wien, ab 1861 Engagement auf Lebenszeit an der Berliner Hofoper.
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Hegel, Clara (Klara), geb. Flottwell
Clara Hegel, geb. Flottwell116570776?18251912Hegel, Clara (Klara), geb. Flottwell (1825–1912), Tochter Eduard Heinrich Flottwells (1786–1865) und Auguste Flottwells, geb. Lüdecke (1794–1862), jüngere Schwester Friederike Hegels, geb. Flottwell (1822–1861), der ersten Ehefrau Immanuel Hegels (1814–1891) und dessen zweite Ehefrau ab 8. September 1865.
Hegel, Marie (Maria), verh. BitterMarie Hegel, verh. Bitter103810830618481925Hegel, Marie (1848–1925), Tochter Immanuel (1814–1891) und Friederike Hegels, geb. Flottwell (1822–1861), Ehefrau des Juristen, hohen preußischen Verwaltungsbeamten, Kronsyndikus und Politikers Rudolf Bitter (1846–1914), siehe auch: Bitter, Marie.
Hegel, Wilhelm (Willi)Wilhelm Hegel13593263718491925Hegel, Wilhelm (Willi) (1849–1925), in Berlin geborener Sohn Immanuel (1814–1891) und Friederike Hegels (1822–1861), Ehemann Armgard Hegels, geb. Wulffen (1862–1928), und Neffe Karl Hegels. Er war hoher preußischer Verwaltungsbeamter, u. a. von 1886 bis 1890 Landrat des Kreises Jerichow I, von 1895 bis 1905 Regierungspräsident von Gumbinnen, von 1905 bis 1908 in Allenstein, von 1908 bis 1917 Oberpräsident der Provinz Sachsen. Es war von 1887 bis 1890 Mitglied des Deutschen Reichstages und wurde im Jahre 1909 in den erblichen preußischen Adelsstand erhoben.
Müller, Wilhelmine-17871874Müller, Wilhelmine (1787–1874), Ehefrau des preußischen Geheimen Staats- und Kabinettsrats Carl Christian Müller (1773–1849).
Müller, Elise, verh. Heffter
-18011886Müller, Elise (1801–1886), Tochter des preußischen Geheimen Kabinettsrats Carl Christian Müller (1773–1849), Ehefrau des Juristen August Wilhelm Heffter (1796–1880).
Schmidtlein, Eduard JosephEduard Joseph Schmidtlein11679424017981875Schmidtlein, Eduard Joseph (1798–1875), in Würzburg geborener Jurist, der von 1816 bis 1820 an den Universitäten Würzburg, Göttingen und Berlin Rechtswissenschaften studierte. Als außerordentlicher Professor 1823 an die Universität Landshut berufen, wechselte er 1826 mit ihr nach München und lehrte dort von 1828 bis 1834, bevor er dann bis 1870 ordentlicher Professor der Rechtswissenschaft an der Universität Erlangen war. Er war in erster Ehe mit Clara Göschen (1806–1840) verheiratet, einer Tochter des Juristen Johann Friedrich Ludwig Göschen (1778–1837). Aus seiner 1842 geschlossenen zweiten Ehe mit Therese Müller (1815–1872) stammt u. a. die Tochter Marie Schmidtlein.
Jena50.9281717,11.5879359Residenz- und Universitätsstadt an der Saale, etwa 80 Kilometer südwestlich von Halle gelegen.
Innsbruck47.2654296,11.3927685Am Inn gelegene landesfürstliche Residenzstadt der Habsburger im nördlichen Tirol und seit 1849 Landeshauptstadt Tirols im Westen Österreichs, Universitätsstadt und Ausgangspunkt für die Überquerung der Alpen über den Brenner-Paß von Norden, ab 1867 auch mit der Eisenbahn.
Charlottenburg52.515747,13.3096834Etwa sieben Kilometer westlich der Stadtmitte Berlins gelegene Residenzstadt mit dem Schloß Lützenburg seit dem Ende des 17. Jahrhunderts, das der preußische König Friedrich I. (1657-1713) nach dem Tod seiner zweiten Ehefrau Sophie Charlotte (1668-1705) in Schloß Charlottenburg umbenannte. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts wurde das im Jahre1920 nach Groß-Berlin eingemeindete Charlottenburg Ausflugsziel, Naherholungsort, Sommerfrische und bevorzugter Wohnort des nahen Berliner Bürgertums, von 1865 an auch mit der ersten Pferdestraßenbahn im Gebiet des Deutschen Bundes erreichbar.
Potsdam52.4009309,13.0591397Garnisons- und Residenzstadt des Königreichs Preußen an der Havel, etwa 30 Kilometer südwestlich von Berlin gelegen.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Hof50.3219015,11.9178807Seit 1810 Stadt im Königreich Bayern, an der Saale im Vogtland gelegen und seit der Mitte des 19. Jahrhunderts Knotenpunkt der bayerischen Ludwig-Süd-Nord-Bahn und der Sächsisch-bayerischen Eisenbahn, zentral für die Nord-Süd- und die Ost-Westverbindungen.
routAbendgesellschaft nach englischer Art.
Mausoleum (Charlottenburg)Nach dem Tod der preußischen Königin Luise (1776-1810) im Park des Schlosses Charlottenburg errichtete Begräbnisstätte, wo 1740 auch ihr Gemahl, König Friedrich Wilhelm III. von Preußen (1770-1840), bestattet wurde, später weitere Hohenzollern.
Botanischer Garten (Berlin)Im Jahre 1809 der Berliner Universität zu Forschungszwecken unterstellte Gartenanlage.
Oper (Berlin)Im Zentrum Berlins am Boulevard „Unter den Linden“ gelegenes erstes Opernhaus der Haupt- und Residenzstadt Kurbrandenburgs und des Königreiches Preußen aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.
„Figaro’s Hochzeit“Die Oper (opera buffa) „Die Hochzeit des Figaro“ („Le nozze di Figaro“) von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) wurde am 1. Mai 1786 im Burgtheater am Michaelerplatz in Wien uraufgeführt.
PageCherubino, Sopran-Partie in Wolfgang Amadeus Mozarts (1756-1791) im Jahre 1786 in Wien uraufgeführter Oper „Le nozze di Figaro“.
Wallner’s TheaterBerliner Volkstheater, von dem Schauspieler Franz Wallner (1810-1876) gegründet.