Erlangen den 16/9 1866.
Mein lieber trauter Manni!
Ein recht stiller Sonntag-Nachmittag umfängt mich und meine Gedanken fliegen immer zu Dir, wenn sie auch nicht immer wissen, wo Du eben zu finden bist. Aber hoffentlich bis Du wohl und heiter und freust Dich, der wenn auch seltenen Sonnenblicke, die Dir schönre Gegenden beleuchten als unser Erlangen. Von Deiner glücklichen Ankunft in Nürnberg war mir der erste Bote das Paket von Frau Selling, aber auch ein lieber Brief der guten Mutter meldete mir gestern Deine Weiterreise, die Dich wohl am Freitag bei gutem Wetter bis Stuttgart brachte. Bei uns geht Alles seinen ruhigen Gang, die Kinder sind wohl, |
Annchen ist fleißig über ihrer Ausstattung, aber auch Clavirspielen und Französisch soll getrieben werden. Der Georg ist ordentlich bei der Arbeit und macht mir keine Noth. Luise und Marie fühlen sich trotz allen Jammers über die kurzen Ferien, ganz wohl in der alten Ordnung, und die 2 Kleinen freuen sich ihres Lebens, wenn auch mancher Regenschauer hie und da vorkommt. Heute Nachmittag ist es ganz still im Haus, die zwei Mädchen sind bei Eulensteins zur Geburtstagsfeier eingeladen, Anna hat ihre kranke Freundin Betty besucht, Georg ist mit Freund Burkhardt, der heute bei uns gegessen hat, draußen auf dem Feld, und läßt Drachen steigen, und die 2 Kleinen spielen bei und mit der |
Rosel auf der Verandah. Heute Morgen besuchten wir nach der Kirche Schmidtleins, wo es doch etwas besser geht. Er sollte und wollte mit Mariechen nach Eirichshof zu Rotenhahns gehen, erwartet aber noch einen Brief von dort. Sonst habe ich seit Deiner Abreise Niemand gesehen und gesprochen, es scheinen doch viele Leute fort zu sein.
Frau Stintzing ist gestern und heute wieder mit ihren Kindern in Muggendorf. Ziemssen geht in den nächsten Tagen nach Berlin und findet es lächerlich von 40 Cholerafällen, die dort täglich vorkommen, nur zu sprechen. Nun wir haben immer noch 3 Wochen Zeit, bis dahin wird sie schon ganz verschwinden. Ich bin begierig auf die Nachrichten von den lieben |
Geschwistern, der Brief ist glücklich Freitag Mittag fortgekommen.
Hoffentlich bringen mir die nächsten Tage Nachricht von Dir, wenn Du nur angenehme Gesellschaft findest, die Abende sind jetzt schon so lange.
Geld habe ich von München noch nicht bekommen, heute aber Nachricht darüber in Giesebrechts Brief, den ich deßwegen wagte zu öffnen und zu lesen. Schöne Zustände, von denen er schreibt, und doch meinen die guten Bayern: nirgends wärs schöner und besser als eben bei uns. Was ist das für ein Simson, der unsern Staatsmännern so richtig die Meinung sagt? Der frühere Reichsminister? Ich bin recht neugierig zu hören welchen politischen Ansichten und Standpunkten Du jetzt am Häufigsten begegnest? Wenn wir nur bald aus dem haltlosen Provisorium herauskämen!! und unserm widerwärtigen Korrespondenten das Maul gestopft würde! |
Leb wohl, lieber Schatz! Gott behüte und geleite Dich, schreibe mir bald auch mal. | Die Kinder grüßen von Herzen, und im Geiste umarmt Dich
Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher
Susanna Maria Hegel, geb. Tucher116146891918261878Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher (1826–1878), häufig „Susette“ genannt, Tochter Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871) und Maria Magdalena Tuchers, geb. Grundherr (1802–1876), Ehefrau Karl Hegels (1813–1901); siehe auch: Tucher, Susanna Maria.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Privatbesitz
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Privatbesitz
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Selling, N. N.-Selling, N. N., Bekannte der Familien Hegel und Tucher aus Nürnberg.
Hegel, Maria (Mariechen, Mimi)Marie HegelTochter Karl Hegels-18551929 Hegel, Maria (Mariechen, Mimi) (1855–1929), dritte Tochter Karl (1813–1901) und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878), die ab 1878 dem verwitweten Vater den Haushalt in Erlangen führte.
Hegel, Sigmund (Mundel, Mundulus, Munerle)Sigmund Hegel11657085718631945Hegel, Sigmund (1863–1945), sechstes Kind (zweiter Sohn) Karl (1813–1901) und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878), Mitglied des Corps Onoldia in Erlangen, Chemiker, Kaiserlicher Geheimer Regierungsrat am Reichspatentamt in Berlin.
Hegel, Sophia (Sophiechen)Sophie Hegel-18611940Hegel, Sophia (Sophiechen) (1861–1940), vierte und jüngste Tochter Karl und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878); sie blieb unverheiratet und absolvierte Stationen in München und Göttingen in den Haushalten der Schwestern Luise Lommel, geb. Hegel (1853–1924), und Anna Klein, geb. Hegel (1851–1927), später eine ca. 20 Jahre währende Tätigkeit als Lehrerin/Erzieherin an einem englischen Mädchenpensionat in Malvern, ab 1910 wieder in der Familie ihrer schwerhörigen Schwester Anna Klein lebend und dort vor allem in der Erziehung und Krankenpflege helfend; spätere Arbeit im sozialen Bereich in Göttingen.
Eulenstein, Friedrich11660429818181891Eulenstein, Friedrich (1818–1891), Jurist, von 1862 bis 1890 Syndikus der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen.
Rosel-Rosel, Hilfsperson im Erlanger Haus Karl Hegels (1813–1901).
Schmidtlein, Eduard JosephEduard Joseph Schmidtlein11679424017981875Schmidtlein, Eduard Joseph (1798–1875), in Würzburg geborener Jurist, der von 1816 bis 1820 an den Universitäten Würzburg, Göttingen und Berlin Rechtswissenschaften studierte. Als außerordentlicher Professor 1823 an die Universität Landshut berufen, wechselte er 1826 mit ihr nach München und lehrte dort von 1828 bis 1834, bevor er dann bis 1870 ordentlicher Professor der Rechtswissenschaft an der Universität Erlangen war. Er war in erster Ehe mit Clara Göschen (1806–1840) verheiratet, einer Tochter des Juristen Johann Friedrich Ludwig Göschen (1778–1837). Aus seiner 1842 geschlossenen zweiten Ehe mit Therese Müller (1815–1872) stammt u. a. die Tochter Marie Schmidtlein.
Stintzing, Franziska Karoline Charlotte, geb. BokelmannFranziska Karoline Stintzing, geb. Bokelmann11726003718281908Stintzing, Franziska Karoline, geb. Bokelmann (1828–1908), Ehefrau des Juristen Roderich Stintzing (1825–1883).
Ziemssen, Hugo WilhelmHugo Wilhelm Ziemssen11759745718291902Ziemssen, Hugo Wilhelm (1829–1902), in Greifswald geborener Mediziner, der von 1848 bis 1854 an den Universitäten Greifswald, Berlin und Würzburg studierte, 1854 in Greifswald promoviert wurde, sich dort 1856 habilitierte und 1861 außerordentlicher Professor wurde. Von 1863 bis 1874 war er ordentlicher Professor für Innere Medizin, Spezielle Pathologie und Therapie an der Universität Erlangen und wechselte dann bis zu seinem Tode auf einen Lehrstuhl an der Universität München.
Hegel, Clara (Klara), geb. Flottwell
Clara Hegel, geb. Flottwell116570776?18251912Hegel, Clara (Klara), geb. Flottwell (1825–1912), Tochter Eduard Heinrich Flottwells (1786–1865) und Auguste Flottwells, geb. Lüdecke (1794–1862), jüngere Schwester Friederike Hegels, geb. Flottwell (1822–1861), der ersten Ehefrau Immanuel Hegels (1814–1891) und dessen zweite Ehefrau ab 8. September 1865.
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Giesebrecht, Wilhelm FriedrichWilhelm Giesebrecht
HiKo
11871736718141889Giesebrecht, Wilhelm Friedrich (1814–1889), in Berlin geborener Historiker, der 1851 außerordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Königsberg wurde, von 1857 bis 1861 dort Ordinarius und anschließend bis 1889 an der Universität München war. Im Jahre 1858 wurde er Gründungsmitglied der Historischen Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften und von 1862 bis 1889 deren Sekretär. Im Jahre 1875 wurde er Mitglied der neugeschaffenenen Zentraldirektion der MGH in Berlin und wurde Mitglied des Verwaltungsrates und Gelehrtenausschusses des GNM in Nürnberg.
Simson, Eduard11861458418101899Simson, Eduard (1810–1899), Rechts- und Kameralwissenschaftler, war Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49 und zeitweise ihr Erster Vizepräsident und ihr Präsident; in Erfurt war er 1850 für die Provinz Preußen Mitglied des Volkshauses des Unionsparlaments und für wenige Woche sein Präsident.
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
Stuttgart, auch: Stuttgard48.7784485,9.1800132Am Neckar gelegene Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Württemberg.
Eirichshof (Eyrichshof)50.1094887,10.7845619Ein circa 30 Kilometer nördlich von Bamberg und am östlichen Rand der Haßberge gelegenes ehemaliges Wasserschloß, das einer der Familiensitze des unterfränkischen Adelsgeschlechts Rotenhan ist.
Muggendorf49.8035845,11.262593Ferienort an der Wiesent in der Fränkischen Schweiz, etwa 50 Kilometer nördlich von Nürnberg und etwa 35 Kilometer nordöstlich von Erlangen gelegen.
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Verandah (Veranda)Teilweise offener und überdachter Anbau als Terrasse.
CholeraAuch Asiatische Cholera genannte schwere bakterielle Infektionskrankheit mit verschiedenen Ausprägungen, die verbreitet im 19. Jahrhundert epidemisch und pandemisch auftrat.