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Susanna Maria Hegel, geb. Tucher, an Karl Hegel, Eisenach, 14. Oktober 1866

Liebes Herz!

So sind wir nebst dem gewißen Sack und übrigen Gepäck glücklich bis hieher gekommen nach einer sehr schönen Fahrt durch das freundliche Coburg. So lange wir noch in Bayern waren, saßen wir fest eingepackt zu acht, unter Anderem ein Herr, der seit drei Tagen in einer Tour von Tanicht gefahren war und heute Hamburg erreichen wollte, ganz Deutschland von einem Meer zum andern. Annchens Tränen trockneten bald und sie war ganz heiter, freute sich der schönen Fahrt und wollte sich der süßen Täuschung hingeben, eine Vergnügungsreise zu machen. Von Lichtenfels aus, wo wir Kloster Banz und Vierzehnheiligen sehr schön sahen waren wir nicht mehr so beengt, erst eine Dame mit Kindern bis Coburg, wo sie von einem zärtlichen Gatten und Vater empfangen wurde, wie ehedem bei uns, dagegen stieg ein junges zärtliches Paar ein, so daß es mir ganz sehnsüchtig wurde, nicht nach der Jugend, aber nach einem guten, lieben Mann, von dem ich nicht einmal ordentlich Abschied genommen habe, und den ich dafür im Geiste herzlich umarme.

Hier logieren wir im Rauten Kranz sehr gut und elegant, ohne ängstigendem Luxus, Annchen lachte über die dienstbeflissenen Kellner die jedes Winkes gewärtig stehen; wir haben vortrefflich geschlafen, und wollen uns jetzt auf den Weg nach der Wartburg machen, leider ist es sehr neblig, aber die Leute versichern, es wäre alle Morgen so gewesen und hätte sich erst nachher aufgehellt. Ich habe telegraphirt und werde im Vorübergehen die Depesche aufgeben.

Möchte es Euch Ihr Geliebten gut gehen.

Gott behüte Euch, Ihr Liebsten, schöne Grüße an Rosel und Margareth.

Von Herzen die Deinige

 Susanna.