Erlangen Am 17. October Sankt Hedwig
1866.
Liebstes Suschen! Ich habe erst einen Brief von Dir aus Berlin abwarten wollen, allein es dauert mir jetzt doch damit zu lange, obwohl ich meine daß Du am Dienstag wenigstens hättest schreiben können. Vermuthlich beruhigst Du Dein Gewissen damit, daß Du uns von Eisenach geschrieben hast, was gewiß sehr liebenswürdig von Dir war und mich auch sehr gefreut hat; doch wissen wir bis heute noch nicht, ob Du glücklich auch den zweiten Theil Deiner Reise zurückgelegt hast. Ich will es zum Besten wenden und hoffen, daß es Euch in Berlin so gut geht, daß Ihr gar keine Zeit zum Schreiben findet. Wir hier haben mehr Zeit, aber im Grunde wenig zu berichten, doch wird auch das Wenige Dir lieb sein zu hören. Im Hause geht es vortrefflich, die Kinder, die großen und kleinen, sind munter. Luischen beweist sich richtig und aufmerksam und pünktlich im Haushalten, Georg geht seit Montag wieder in die Schule und war am Sonntag zu Justus Thiersch eingeladen, Marie ist heute Nachmittag aus bei Emma Zorn. Sophiechen und Mundel sind vergnügt. Am Sonnabend Nachmittag ging ich mit den drei Mädchen auf den Rathsberg und hatte Sophiechen die Freude dort mit ihrer kleinen Freundin Johanna zusammenzutreffen, denn Thiersch und
Marquardsen mit Familien waren ebenfalls dort. Am Sonntag Nachmittag waren Luise und Georg eingeladen; ich ging mit den drei andern nach Sieglitzhof, hielt mich aber | nicht lange dort auf, weil es zum Sitzen im Freien zu kalt war; auf dem Rückweg wurde Mundelchen müde. Ich bin von meinem Verleger gedrängt das letzte Manuscript zum 5. Bande zu liefern und muß mich in dieser Woche sehr daran halten. Darum war es mir sehr unlieb am Montag Nachmittag wegen der Geldzahlung doch noch nach Nürnberg zu müssen, nachdem ich am Vormittag eine lange Verwaltungsrathssitzung gehabt hatte. Das kam so: der Amtmann sollte mir telegraphiren, wenn mein Herüberkommen nach Nürnberg unnöthig sei; im andern Fall würde ich kommen. Die erwartete Depesche kam nicht, daher fuhr ich hinüber und hörte dort, daß die Depesche richtig am Vormittag 9 Uhr aufgegeben worden. Sie war auch richtig in Nürnberg befördert worden, aber richtig in Erlangen nicht an mich, sondern an Professor
Herz adressirt worden. Das gestand mir Herr Vorhölzer, als ich Abends zurückkam, mit wehmüthigem Reuegefühl und demüthiger Abbitte. Was war da zu machen als zu vergeben? In Nürnberg sah ich Onkel Wilhelm und
Frida, die um ihres Fritzchen willen wieder in Nürnberg ist, seitdem die Schule angegangen, während die älteren Kinder noch in Leitheim zurückgeblieben sind, Susanna wird auch im Winter die Einsamkeit mit Theodor theilen, um ihn zu erheitern; das liebenswürdige Mädchen!
Nachher sah ich den Großpapa und Ferdinand – seine Frau, Friedrich und
Lina waren aus; nur die letztere | sprach ich noch, die mir die schönsten Grüße an Dich und
Anna auftrug. Der Großpapa läßt Dich und meinen Bruder Emanuel grüßen, wie er gewöhnlich hinzufügt – „wenn er sich meiner noch erinnert “. Er war recht gesprächig und wußte viel Gutes von den Preußen und Mecklenburgern und wenig Erfreuliches von den Bayern von der Einquartierung her zu erzählen. Ferdinand war sehr glücklich, daß sein Junge, Alexander, das Examen zum Eintritt in das Cadettencorps gut bestanden hat. Mathilde Döderlein, die ich gestern Abend auf der Eisenbahn sah, läßt Dich grüßen. Heute war Beetz bei mir und erzählte, daß alle Briefe an ihn, die ihm durch die hiesige Post nach Egern am Tegernsee nachgeschickt werden sollten, nach Egern „am Bodensee“ adressirt worden sind und nun erst von dort, wo es kein Egern gibt, zurückkommen oder auch nicht.
Die Kinder haben unaufgefordert von mir an Dich geschrieben und mir ihre Briefe überbracht. Georg schrieb gestern Abend um 9 Uhr am Küchentisch, wo ich ihn traf und zu Bette schickte, nachdem ich ihn mit seinem Rechnen und Latein vorher lange gequält hatte; ich weiß nicht, ob es mit seinem Kopfe noch gut stand, als er schrieb. Über den Brief der Marie habe ich mich geschüttelt vor Lachen und es wird Euch gewiß auch so gehen. Luischen schickt ihren haushälterischen Bericht ein, ich sehe aber, sie hat die Maccaroni von heute Mittag vergessen.
Ich habe es gern gelesen, daß Annchen viel Genuß an der Reise gehabt hat und wünsche sehr zu erfahren, | wie es Euch weiter in Eisenach gegangen ist, ob Ihr die Wartburg bei guter Beleuchtung gesehen habt. Wir hatten den ganzen Vormittag nur Nebel, und ebenso meist an den folgenden Tagen. Dabei ist es kalt und nun wieder schön und klar. Ich heize ganz ordentlich ein.
Ich grüße Euch tausend mal und wünsche unserem Annchen alles Gute und Schöne, das sie in dem prächtigen Berlin erreichen kann. Ich grüße Manuel und
Clara mit brüderlicher Liebe.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher
Susanna Maria Hegel, geb. Tucher116146891918261878Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher (1826–1878), häufig „Susette“ genannt, Tochter Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871) und Maria Magdalena Tuchers, geb. Grundherr (1802–1876), Ehefrau Karl Hegels (1813–1901); siehe auch: Tucher, Susanna Maria.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Privatbesitz
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Privatbesitz
1000
Die Chroniken der deutschen Städte
vom 14. bis in’s 16. Jahrhundert, hg. durch die Historische Commission bei der Königl. Academie der Wissenschaften von Karl
Hegel
, Bd. 5, Die Chroniken der schwäbischen Städte. Augsburg, bearb. von Ferdinand
Frensdorff
, Bd. 2, Leipzig 1866. (https://dlibra.bibliotekaelblaska.pl/dlibra/publication/59552/edition/54958 )
Chroniken der deutschen Städte
, Bd. 5, Augsburg, Bd. 2
1866
Hegel, Maria (Mariechen, Mimi)Marie HegelTochter Karl Hegels-18551929 Hegel, Maria (Mariechen, Mimi) (1855–1929), dritte Tochter Karl (1813–1901) und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878), die ab 1878 dem verwitweten Vater den Haushalt in Erlangen führte.
Hegel, Sophia (Sophiechen)Sophie Hegel-18611940Hegel, Sophia (Sophiechen) (1861–1940), vierte und jüngste Tochter Karl und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878); sie blieb unverheiratet und absolvierte Stationen in München und Göttingen in den Haushalten der Schwestern Luise Lommel, geb. Hegel (1853–1924), und Anna Klein, geb. Hegel (1851–1927), später eine ca. 20 Jahre währende Tätigkeit als Lehrerin/Erzieherin an einem englischen Mädchenpensionat in Malvern, ab 1910 wieder in der Familie ihrer schwerhörigen Schwester Anna Klein lebend und dort vor allem in der Erziehung und Krankenpflege helfend; spätere Arbeit im sozialen Bereich in Göttingen.
Hegel, Sigmund (Mundel, Mundulus, Munerle)Sigmund Hegel11657085718631945Hegel, Sigmund (1863–1945), sechstes Kind (zweiter Sohn) Karl (1813–1901) und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878), Mitglied des Corps Onoldia in Erlangen, Chemiker, Kaiserlicher Geheimer Regierungsrat am Reichspatentamt in Berlin.
Thiersch, Karl11875702418221895Thiersch, Karl (1822–1895), als Sohn des Klassischen Philologen Friedrich Wilhelm Thiersch (1784–1860) und seiner Ehefrau Amalie Thiersch, geb. Löffler (1794–1878), in München geborener Mediziner, Ehemann Johanna Liebigs (1836–1926), Tochter des Chemikers Justus Liebig (1803–1873), Schwiegervater u. a. desevangelischen Theologen Adolf Harnack (1851–1930) und des Historikers Hans Delbrück (1848–1929). Er studierte bis zur Promotion im Jahre 1843 Medizin an der Universität München und wurde nach weiteren Ausbildungsjahren in Berlin und Wien 1845 in München als Arzt approbiert, habilitierte sich 1849 an der dortigen Universität und wurde 1853 außerordentlicher Professor der Medizin an der Universität München, 1854 ordentlicher Professor der Chirurgie und Augenheilkunde an der Universität Erlangen und war von 1867 bis 1895 Ordinarius an der Universität Leipzig. In Erlangen war er im Studienjahr 1861/62 Prorektor, in Leipzig 1876/77 Universitätsrektor.
Marquardsen, Emilie Luise, geb. Wiss
-18291899Marquardsen, Emilie Luise, geb. Wiss (1829–1899), Ehefrau des Rechtswissenschaftlers und Politikers Heinrich Marquardsen (1826–1897).
Marquardsen, HeinrichHeinrich Marquardsen11678909318261897Marquardsen, Heinrich (1826–1897), in Schleswig geborener Jurist und Politiker, der nach seinem Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Kiel und Heidelberg im Jahre 1848 promoviert wurde und sich 1852 habilitierte. Als Privatdozent für Staats- und Völkerrecht wurde er 1857 in Heidelberg außerordentlicher Professor und war anschließend von 1861 bis 1897 Ordinarius an der Universität Erlangen. Im Zusammenhang mit der Schleswig-Holstein-Problematik wandte er sich der Politik zu und war 1864/65 Präsident der Schleswig-Holstein-Vereine im Königreich Bayern, war von 1868 bis 1870 als Mitglied der Fortschrittspartei Mitglied des deutschen Zollparlaments, von 1869 bis 1892 Mitglied der Abgeordnetenkammer des Bayerischen Landtages und von 1871 bis zu seinem Tode auch Mitglied des Deutschen Reichstages.
Hirzel, Salomon11909851218041877Hirzel, Salomon (1804–1877), in Zürich geborener Verleger aus Schweizer Kaufmanns- und Gelehrtenfamilie, der zusammen mit seinem Schwager Karl August Reimer (1801–1858) im Jahre 1830 die seit 1680 bestehende Weidmann‘sche Buchhandlung in Leipzig übernahm. 1853 gründete er in Leipzig den S. Hirzel Verlag, in dem die von Karl Hegel (1813–1901) im Auftrag der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften edierten „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“ erschienen.
Herz, JakobJakob Herz11675928318161871Herz, Jakob (1816–1871), in Bayreuth geborener jüdischer Medizin-Professor, der von 1835 bis zu seiner Promotion zum Dr. med. im Jahre 1839 an der Universität Erlangen studierte. Obwohl in Forschung und Lehre stark engagiert, lehnte die Universität 1854 sein Gesuch auf Habilitation ab, er erhielt aber vom bayerischen König die Erlaubnis, medizinische Vorlesungen anzukündigen und zu halten. Im Jahre 1862 zum Honorarprofessor ernannt, wurde er 1863 außerordentlicher Professor der Anatomie an der Universität Erlangen und 1869 als erster Jude in Bayern ordentlicher Professor. Begraben wurde er auf dem Jüdischen Friedhof in Baiersdorf. Er war Hausarzt der Familie Karl Hegels (1813–1901) und wurde1867 Ehrenbürger der Stadt Erlangen. Herz war aufgrund seiner überaus engagierten Lehrtätigket sowie als Arzt in Erlangen bei der Bevölkerung äußerst angesehen und beliebt; aus diesem Grund wurde ihm bald nach seinem Tod ein Denkmal errichtet, welches im Mai 1875 feierlich enthüllt wurde. Es ist das erste Denkmal in Bayern gewesen, das einem Juden zu Ehren gewidmet wurde.
Grundherr, Adolf108003427718481908Grundherr, Adolf (1848–1908), in München geborener vielseitiger bildender Künstler, vor allem Maler und Graphiker. Sein Vater war der königlich bayerische Offizier Sigmund Grundherr von Altenthann und Weiherhaus (1797–1873). Nach dem Abitur am Münchener Maximilians-Gymnasium im Jahre 1868 studierte er an der Universität München zunächst Rechtswissenschaften, wechselte aber 1871 an die Nürnberger Kunstgewerbeschule und ein Jahr später an die Münchener Kunstakademie, um sein ganzes Leben der Kunst zu widmen.
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Beetz, Friedrich Wilhelm HubertWilhelm Beetz11610899118221886Beetz, Friedrich Wilhelm Hubert (1822–1886), in Berlin geborener Physiker, der nach seinem Studium der Physik und Chemie u. a. am Berliner Kadettenkorps und an der Vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule in Charlottenburg lehrte, einer Vorläuferin der 1879/1884 gegründeten Technischen Universität Berlin. Von 1855 bis 1858 war er ordentlicher Professor an der Universität Bern, von 1858 bis 1868 an der Universität Erlangen und von 1868 bis zu seinem Tode am im selben Jahr 1868 gegründeten Polytechnikum in München, das 1877 die Königlich Bayerische Technischen Hochschule München wurde.
Hegel, Clara (Klara), geb. Flottwell
Clara Hegel, geb. Flottwell116570776?18251912Hegel, Clara (Klara), geb. Flottwell (1825–1912), Tochter Eduard Heinrich Flottwells (1786–1865) und Auguste Flottwells, geb. Lüdecke (1794–1862), jüngere Schwester Friederike Hegels, geb. Flottwell (1822–1861), der ersten Ehefrau Immanuel Hegels (1814–1891) und dessen zweite Ehefrau ab 8. September 1865.
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Eisenach50.9747134,10.3193565Im nordwestlichen Thüringer Wald etwa 60 Kilometer westlich von Erfurt gelegene ehemalige Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Eisenach, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zusammen mit der oberhalb gelegenen Wartburg zu einem Ort der Beschwörung der deutschen Einheit wurde.
Rathsberg49.618635,11.0192278Ort mit Gutshof und Schloß, etwa vier Kilometer nordöstlich von Erlangen auf der Höhe gelegen.
Sieglitzhof49.6006618,11.0396659Beliebter Ausflugsort im Osten Erlangens.
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
Leitheim48.7436,10.884173637103597Schloß Leitheim ist östlich von Donauwörth und nördlich der Donau gelegen, seit 1835 im Besitz der Nürnberger Patrizierfamilie Tucher.
Egern47.6966635,11.7560098Etwa drei Kilometer südöstlich von Tegernsee an der Südspitze des Tegernsees und südlich von Rottach gelegenes Fischer- und Bauerndorf, das später mit Rottach die Gemeinde Rottach-Egern bildete.
Tegernsee47.7200701,11.738175054316027Nördlicher Voralpensee, etwa 50 Kilometer südlich von München, mit den Orten Egern und Rottach an der Südspitze.
Bodensee47.6477691,9.347179603746703Vom Rhein durchflossener See im Süden Deutschlands, der zugleich ein Teil der Schweizer Eidgenossenschaft und Österreichs ist.
Wartburg50.965902,10.3063142Auf das 11. Jahrhundert zurückreichende, etwa 400 Meter hoch gelegene Burg oberhalb der Stadt Eisenach am nordwestlichen Ende des Thüringer Waldes. Im Mittelalter war sie u. a. Ort großer Sängerfeste, im 19. Jahrhundert fand dort am 18. Oktober 1817 zur Erinnerung an die Einführung der Reformation Martin Luthers im Heiligen Römischen Reich ein großes Wartburgfest statt.
Verwaltungsrathssitzung (Erlangen)Der Verwaltungsausschuß bzw. Verwaltungsrat war das für die nichtakademischen Belange zuständige Gremium der Universität Erlangen, das in regelmäßigen Abständen tagte.
CadettencorpsOffiziersschule der königlich-bayerischen Armee in München, seit 1805 zentrale Ausbildungseinrichtung des Offizierskorps des Königreichs Bayern.
MaccaroniNudelart: Makkaroni, maccheroni.