Berlin Mittwoch den 17/10 1866.
Mein lieber, trautester Mann!
Wie geht’s zu Hause, das ist eine Frage, die mir jetzt so oft im Herzen und in Gedanken liegt und auf die ich gar zu gerne recht bald Antwort haben möchte; und Du mein Liebster denkst gewiß eben so oft unser und wie Viel habe ich Dir auch zu berichten von den wenigen Tagen, die wir getrennt sind. Doch vor Allem, wir sind glücklich und wohlbehalten hier angekommen, mit Liebe und Herzlichkeit von den lieben Geschwistern aufgenommen worden, die allerdings wohl erst denselben Sonntag Morgen die Nachricht unsrer Ankunft, erst den Brief, dann die Depesche aus Eisenach erhalten hatten, aber | durchaus gerichtet und bereit waren, uns aufzunehmen. So sind wir dann nun 2 Tage hier in dem schönen Berlin und Annchen ist so davon angethan und es gefällt ihr so gut, daß sie mir erklärte, sie möchte nicht mehr mit zurück. Die Lieben sind auch Alle so freundlich gegen sie, das Leben ist so gemüthlich trotz allen Eifers dagegen von Seiten der guten Nürnberger und das Treiben der Weltstadt verfehlt auch nicht Eindruck auf sie zu machen.
Donnerstag d. 18ten. Noch immer keinen Brief, mein Liebster. Sag mal, was ist denn das eigentlich? ich schreibe Dir gleich von Eisenach aus und denke, Du wirst gleich antworten, ich bin ungeduldig vom Hause zu hören und es geht ein Tag nach dem andern hin und ich höre Nichts und Du weißt doch |
wie ich darnach verlange. Nun erzähle ich Dir zur Strafe auch gar Nichts Näheres von unserm Leben; Nichts von dem schönen Spaziergang zur Wartburg am Samstag Morgen, Nichts von unserm ersten Gang zur Stadt am Montag die ganze lange Strecke unter den Linden wo die eroberten Kanonen zu beiden Seiten eine an der andern steht, Nichts von unserm flüchtigen Gang durch das neue Museum, was wir ein ander Mal gründlich nachholen wollen, Nichts von der interessanten Feier der Grundsteinlegung einer neuen Kirche, wo Manuel als Consistorial Präsident eine Rolle spielte und wir den stattlichen König, den Kronprinzen u. s. w. in nächster Nähe beobachten konnten, wie sie die üblichen Hammerschläge thaten, Nichts von dem gestrigen Tage wo wir Besuch bei Heffter, Eichhorn
| und Müller machten, wo ich überall als treue Preußenfreundin aus dem verrufenen Bayern freundlich begrüßt wurde. Heute Mittag sind wir zu Hefftens gebeten, vorher wollen wir aber noch zu Ehrhard, nachdem Bröher gestern hier war und Annchens Ohr sich besehen und Ehrhard in jeder Beziehung sehr rühmte; möchte die Behandlung gute Früchte tragen!
Auch zu Frl. Baum, der Singlehrerin, wollen wir heute gehen, mit Frl. Hoffmeyer haben wir noch nicht gesprochen, Clara meinte, sie würde Annchen gleich fest halten und es wäre doch wünschenswerth, daß Annchen sich erst ein wenig einlebt, jedenfalls wollen wir aber morgen hingehen und Mondtag soll sie dann anfangen. Sie hat guten Muth und freut sich auf Alles, ich denke, es wird gut gehen. Doch mein Liebster ich muß schließen, hoffentlich seid Ihr wohl und munter nur etwas schreibfaul, Luischen soll mir nun auch | schreiben, wie es ihr mit ihrem Haushalt geht. Wie sind denn die Kinder? ich küsse sie im Geiste. Hast Du nach |
Simmelsdorf geschrieben? Annchen und unsre Lieben grüßen schönstens, Mariechen ist sehr nett mit Annchen. |
Lebe wohl mein treuester Mann, Gott sey mit Euch und führe uns glücklich wieder zusammen. |
Du hast doch meinen Brief von Eisenach erhalten, in dem ich Dich um Visitenkarten bat, in meinem Schreibtisch, linker Hand. |
Leb wohl!
Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher
Susanna Maria Hegel, geb. Tucher116146891918261878Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher (1826–1878), häufig „Susette“ genannt, Tochter Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871) und Maria Magdalena Tuchers, geb. Grundherr (1802–1876), Ehefrau Karl Hegels (1813–1901); siehe auch: Tucher, Susanna Maria.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Privatbesitz
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Privatbesitz
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Hegel, Clara (Klara), geb. Flottwell
Clara Hegel, geb. Flottwell116570776?18251912Hegel, Clara (Klara), geb. Flottwell (1825–1912), Tochter Eduard Heinrich Flottwells (1786–1865) und Auguste Flottwells, geb. Lüdecke (1794–1862), jüngere Schwester Friederike Hegels, geb. Flottwell (1822–1861), der ersten Ehefrau Immanuel Hegels (1814–1891) und dessen zweite Ehefrau ab 8. September 1865.
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Wilhelm I., König von Preußen, Deutscher KaiserWilhelm I., König von Preußen, Deutscher Kaiser11863288417971888Wilhelm I. (1797–1888), Prinz von Preußen, König von Preußen von 1861 bis 1888, ab 1871 auch Deutscher Kaiser.
Friedrich III. von Hohenzollern, Prinz von Preußen11853566818311888Friedrich III. (1831–1888) von Hohenzollern, Prinz von Preußen, Kronprinz, Preußischer König und Deutscher Kaiser im Jahre 1888, Ehemann Prinzessin Victorias von Großbritannien und Irland (1840–1901).
Heffter, August Wilhelm11657019917961880Heffter, August Wilhelm (1796–1880), im sächsischen Schweinitz bei Wittenberg geborener Rechtswissenschaftler, der nach seinem Jura-Studium an den Universitäten Leipzig und Berlin zunächst seine Berufslaufbahn in der preußischen Justiz begann. Im Jahre 1823 wurde er als Professor an die Universität Bonn berufen, wechselte 1830 an die Universität Halle und ging 1833 an die Universität Berlin. Er war Ehemann Elise Heffters, geb. Müller (1801–1886).
Eichhorn, Agnes Elise, geb. Heffter
-18261885Eichhorn, Agnes Elise, geb. Heffter (1826–1885), Tochter des ordentlichen Professors der Rechtswissenschaft August Wilhelm Heffter (1796–1880)
an den Universitäten Bonn (1823–1830), Halle (1830–1833) und Berlin (ab 1832) und seiner Ehefrau Elisabeth (Elise) Heffters, geb. Müller (1801–1886); sie heiratete im Jahre 1845 den Juristen Wilhelm Ludwig Alexander Victor Eichhorn (1821–1850).
Müller, Wilhelmine-17871874Müller, Wilhelmine (1787–1874), Ehefrau des preußischen Geheimen Staats- und Kabinettsrats Carl Christian Müller (1773–1849).
Erhard, N. N.-Erhard, N. N., Ohrenarzt in Berlin 1866.
Bröher, N. N.-Bröher, N. N., Ohrenarzt in Berlin.
Baumgarten, MichaelMichael Baumgarten11609131218121889Baumgarten, Michael (1812–1889), in Holstein geborener evangelischer Theologe, der von 1832 an evangelische Theologie an den Universitäten Kiel und Berlin studierte und sich dann in Kiel habilitierte. Nach seiner Tätigkeit als Pfarrer in Schleswig und seinem gescheiterten politischen Engagement in der Schleswig-Holstein-Frage wurde er 1850 ordentlicher Professor an der Universität Rostock, aber nach Auseinandersetzungen mit dem Oberkirchenrat der evangelisch-lutherischen Landeskirche im Großherzogtum Mecklenburg 1858 seiner Professur enthoben.
Hofmeyer, N. N.-Hofmeyer, N. N., Lehrerin in Berlin.
Hegel, Marie (Maria), verh. BitterMarie Hegel, verh. Bitter103810830618481925Hegel, Marie (1848–1925), Tochter Immanuel (1814–1891) und Friederike Hegels, geb. Flottwell (1822–1861), Ehefrau des Juristen, hohen preußischen Verwaltungsbeamten, Kronsyndikus und Politikers Rudolf Bitter (1846–1914), siehe auch: Bitter, Marie.
Eisenach50.9747134,10.3193565Im nordwestlichen Thüringer Wald etwa 60 Kilometer westlich von Erfurt gelegene ehemalige Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Eisenach, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zusammen mit der oberhalb gelegenen Wartburg zu einem Ort der Beschwörung der deutschen Einheit wurde.
Wartburg50.965902,10.3063142Auf das 11. Jahrhundert zurückreichende, etwa 400 Meter hoch gelegene Burg oberhalb der Stadt Eisenach am nordwestlichen Ende des Thüringer Waldes. Im Mittelalter war sie u. a. Ort großer Sängerfeste, im 19. Jahrhundert fand dort am 18. Oktober 1817 zur Erinnerung an die Einführung der Reformation Martin Luthers im Heiligen Römischen Reich ein großes Wartburgfest statt.
Simmelsdorf49.5972637,11.3379197Namengebender Sitz der Nürnberger Patrizier-Familie Tucher von Simmelsdorf, 1598 erworben, nordöstlich der alten Reichsstadt Nürnberg gelegen. Das Alte Tucher-Schloß, ursprünglich ein Wasserschloß, wurde in den 1830er Jahren im gotischen Stil umgebaut, das „Neue Herrenhaus“ 1808 erbaut.
Unter den Linden (Berlin)Mehr als einen Kilometer lange repräsentative Allee in der preußischen Hauptstadt, die sich mit zahlreichen Repräsentationsbauten von der östlichen Schloßbrücke bis zum Brandenburger Tor im Westen erstreckt.
Neues Museum (Berlin)Auf einer Spreeinsel im Auftrag des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) von Friedrich August Stüler (1800-1865) in der Mitte des 19. Jahrhunderts im Stile des Klassizismus und der Neorenaissance errichteter Bau. „Neues Museum“ im Kontrast zum 1830 eröffneten „Alten Museum“ am Lustgarten, bis 1845 auch nur „Museum“ oder „Königliches Museum“ genannt.