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Karl Hegel an Johann Sigmund Karl Tucher, Erlangen, 10. Februar 1867

Lieber Vater!

Entschuldige freundlichst die Verzögerung meiner Antwort auf Dein gütiges Schreiben vom 7. Februar 1867.2

Wir, Susanna und ich, sind Dir von ganzem Herzen dankbar für Dein hochherziges Anerbieten3, worin wir mit Freude aufs neue, wie immer, Deine väterliche Liebe und zuvorkommende Fürsorge für die Deinigen erkennen.

Indem ich also dasselbe mit innigstem Dank annehme, scheint es mir, nach näherer Überlegung das Beste zu sein, auf Deinen weiteren Vorschlag einzugehen, das Capital in 4½  procentigen bayrischen Staatsobligationen anzulegen, da es meine Absicht nicht sein kann, mit diesem Gelde in irgend eine mehr Gewinn verheißende Speculation einzutreten, sondern vielmehr, ganz im Sinne des gütigen Gebers, es als einen meiner lieben Frau vorzugsweise angehörigen Vermögenstheil für die Zukunft möglichst sicher zu stellen.

Wolltest Du auch noch die Güte haben den Ankauf der Obligationen sofort durch das Amt, bei Cohn oder Guttmann4, besorgen zu lassen, so würde mir dies darum lieb sein, weil ich in den nächsten Tagen hinüber zu kommen verhindert bin.

Ich wünsche Obligationen zu 500 florin5 mit einjährigen Zinsen, welche wohl zu 95½ Prozent zu haben sein werden. Es liegt mir nichts an halbjährlichen Zinsen und sind die Obligationen mit solchen gewöhnlich um ½ Procent theurer.

Ich lege hier Zinscoupons zum Betrage von 36 florin bei und lasse den Herrn Amtmann ersuchen das Geld für mich zu erheben. NB.6 Er wird nun auch die Ausfertigungen der bayrischen Prämienscheine für mich erhalten haben, welche ich mit jenem Gelde zugleich persönlich bei ihm abholen will. Zu diesem Ende und um auch das andere Geschäft der Capitalanlage zu besorgen, falls dieses vorher noch einen Anstand finden sollte, gedenke ich am nächsten Mittwoch7 Nachmittag mit dem Eilzug hinüber zu kommen und werde ich, in Anbetracht der späten Stunde, zuerst auf das Amt gehen, um dort den Stand der Dinge zu erfahren. –

Die Sendung der lieben Mutter zum Geburtstage, den sie trotz allem Gesellschaftswirrwarr wirklich nicht übersehen hat, ist heute morgen rechtzeitig eingetroffen und hat große Freude gemacht. Unseren herzlichen Dank auch dafür! Das Geburtstagskind8, welches heute sein 12. Lebensjahr vollendet hat, war sehr glücklich mit den eingeladenen 10 Freundinnen, welche mit unseren zusammen 15 Kinder heute Nachmittag am Tische bei der Chocolade saßen. Georg mußte seit vorgestern wieder aus der Schule bleiben, weil seine durch den Schlittschuh verursachte Fußwunde wieder aufgegangen war. Sophiechen hustet noch ziemlich stark, Mundel wenig mehr; zum Keuchhusten ist es glücklicher Weise bei ihnen nicht gekommen. Uns anderen geht es wohl und wir haben ziemlich Stille.

Morgen Vormittag ist die Beerdigung der guten Frau Professor Nägelsbach, die ganz unerwartet ohne vorgängiges Unwohlsein vorgestern Abend durch einen Schlaganfall getroffen wurde.

Prof. Herz hat gestern morgen den Michaelsorden 1. Classe überreicht bekommen für seine Verdienste um die Pflege der hier untergebrachten Verwundeten.

Mein Frauchen läßt Euch herzlichst grüßen und wünscht viel Vergnügen zum Maskenball, den sie wohl selbst gern mit ansähe, wenn es nicht mit so viel Umständen verknüpft wäre.

Also am Mittwoch Abend zwischen 5 und 6 Uhr hoffe ich Dich, lieber Vater, und die Deinigen zu begrüßen.

In dankbarer Liebe
Dein
Sohn Karl Hegel