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Karl Hegel an Matthias Lexer, Erlangen, 25. Februar 1867

Theurer Freund!1

Am 5 März2, so schreiben Sie mir, gedächten Sie von Freiburg abzureisen. Es ist daher Zeit Ihnen Geld und Instruction zu schicken. Das Geld werden Sie vor Ende der nun beginnenden Woche erhalten, nämlich 100 florin als Vorschuß. Sollte von München aus noch eine Quittung auch von Ihnen verlangt werden, so wollen Sie gefälligst diese, übereinstimmend mit der meinigen so ausstellen: Empfangsschein über 100 florin, welche ich als Remuneration aus der Casse der Historischen Commission etc., denn eine Quittung auf Vorschuß wird nicht angenommen.

Ihre Aufgabe ist Ihnen genügend bekannt. Sie werden bei Dr. Rudolf Reuß die Abschrift des Königshofen nach den Autographen fertig finden, welche Sie gefälligst einer möglichst sorgfältigen Collationirung, vornehmlich zum Zweck sprachlicher Richtigstellung, unterbreiten wollen. Namentlich die Ausdrucksweise des Lautlichen wird manche Schwierigkeit bereiten, welche Sie nicht auch einer allgemeinen Regel als Sprachgenius, sondern nach der eigenthümlichen Auffassung des Autors feststellen und wiedergeben werden.

Die dem Sinne nach richtigen Absätze zu machen, können Sie mir überlassen, da ich die Handschrift nachher doch genau durchgehen und selbst, wo es mir nöthig scheint, das Original wieder zuziehen werde, auch die Vergleichung mit anderen Handschriften und Redactionen noch vorzunehmen habe. Deßhalb ersuchte ich Sie mir den Rand, wenn es sein kann, für die Eintragung der Randbemerkungen und Varianten ganz frei zu lassen, Ihre Correcturen aber, so deutlich als möglich, zwischen den Zeilen anzubringen.

Auch die Beschreibung der Handschrift wollen Sie mir überlassen.

Ich übersende Ihnen hierneben den Antrag der Abschrift, den mir Dr. Reuß als Probe zugeschickt hat. Ich habe ihm damals meine Bemerkungen gemacht hinsichtlich dessen, was er bei der Fortsetzung besser zu beachten habe, namentlich in Beziehung auf die großen und kleinen Buchstaben nach den von uns befolgten Grundsätzen. Es liegt ferner die Abschrift von zwei Schwörbriefen aus dem Stadtarchiv bei, welche ich Sie gleichfalls mit den Originalen zu collationiren bitte.

Sollten Sie die Hauptarbeit, den Königshofen betreffend, nicht in der Wohnung des Dr. Reuß, sondern nur in der Stadtbibliothek ausführen können, so würde dies überaus hinderlich sein, weil die Bibliothek nur in den Nachmittagsstunden geöffnet ist. Sie würden als dann in den Nachmittagsstunden nur in dem Stadtarchiv arbeiten können, wo ich Ihnen kaum eine ausreichende Beschäftigung geben könnte. Dr. Reuß wird Sie dort einführen und mit Herrn Archivar Brucker, der ein sehr gefälliger und liebenswürdiger Mann ist und den ich bestens grüßen lasse, bekannt machen.

Dr. Reuß werden Sie bei seinem Vater, Professor Reuß, erfragen; ich lege meine Karte für diesen und eine andere für Herrn Archivar Brucker bei. Bei Dr. Reuß werde ich Sie brieflich anmelden.

Zur Orientirung in der Stadt lege ich ferner einen Stadtplan bei3, wo ich die Sie zunächst angehenden Punkte roth notirt habe.

Die Wohnung von Professor Reuß finden Sie bei der Kirche St. Thomas. Als Gasthof empfehle ich Ihnen den Badischen Hof in der Rue d’ Austerlitz, wo es reinlich und nach dortigen Verhältnissen auch billig ist. Vielleicht suchen Sie sich aber lieber eine meublirte Stube, die man pro Tag zu 1 Franc haben kann. Die Stadtbibliothek ist dort, wo das gymnase protestant und temple neuf, das Archiv im Hinterhaus des hôtel de ville. Zu Mittag gegessen habe ich in der rue des charpentiers ganz in der nähe der letzteren, wo Ihnen Dr. Reuß die Restauration zeigen wird: für 1½ Franc bekommt man reichlich zu essen nebst Wein (die Meisten offen nur zu 1 Franc), und man macht es vorher mit dem Restaurant aus, zu welchem Preis man essen wolle.

Auf der Reise nach Straßburg nehmen Sie Ihr Billet nur bis Halte Austerlitz, das ist die Haltestelle vor dem Austerlitzer Thor, wo Sie den Omnibus finden, der Sie nach dem Gasthof führt; sonst werden Sie um die ganze Stadt nach dem Bahnhof, der auf der entgegengesetzten Seite liegt, herumgefahren.

Einen Brief an Kern lege ich bei.4 Und nun wünsche ich Ihnen schließlich glückliche Reise und glückliche Verrichtung Ihrer Arbeit, in der Hoffnung, daß ich selbst Sie noch in Straßburg antreffen werde; von dort bitte ich mir baldmöglichst Nachricht zu geben.

Freundschaftlichst
der Ihrige
Carl Hegel.