Erlangen, 11. März 1867
Theurer Freund!
Gern habe ich erfahren, daß Sie glücklich in Straßburg angelangt und untergekommen sind und daß Sie die Arbeitsgelegenheit so gefunden haben, wie wir es nur wünschen konnten. Sonst freilich klingt Ihr Brief sehr lamentabel und macht mir einige ernste Sorge. Sie befinden sich nicht wohl; das Wetter ist widerwärtig, wie in jetziger Jahreszeit gewöhnlich; der Aufenthalt in Straßburg ist, ich weiß es, für uns Deutsche mit anderen Gewohnheiten, als dort gelten, durchaus nicht behaglich; Sie vermissen Ihre Familie; und schließlich taugt auch die Abschrift nicht viel, wofür ich gewiß am wenigsten kann. Verlieren Sie nur den Muth, ich will sagen die Freudigkeit zur Sache nicht, um Himmels willen! Lassen Sie sich Zeit, damit Sie nicht bei der einförmigen Arbeit bald ermüden! Bedenken Sie, daß es wahrscheinlich die wichtigste und werthvollste Publication sein wird, die | wir überhaupt bringen!
Ich hoffe Dr. Reuß wird weiterhin, nachdem er sich erst mehr hineingelesen hatte, correcter geschrieben haben. Lassen Sie sich nur Zeit. Ich habe ihm sehr empfohlen, deutlich und weit auseinander zu schreiben und seine Schrift schien mir in der Probe nicht übel. Auch habe ich ihn ermahnt ja auf die Zahlen und die halben zu achten (wie I und V usw.), die viel vorkommen und die Schilter nicht verstanden zu haben scheint. Die Interpunction bitte ich sofort zu berichtigen. Nur die Absätze wollte ich mir vorbehalten, weil sie auch für die von Königshofen benutzten Quellen, die ich am Rand citiren werde, wichtig sind.
Sie thun recht, daß Sie zum Geburtstag Ihres Töchterlein nach Hause reisen wollen. Diese Aussicht wird Ihnen die trüben Stunden in Straßburg etwas erheitern; und dann kommen Sie erfrischt vom Hause und der deutschen Heimat noch einmal in die entartete deutsche Stadt zurück, um in ihrer Vergangenheit zu verweilen. Sie haben sich die Arbeit wohl kürzer gedacht, als sie ist? Ich hoffe | Sie noch … Monats. Auch wäre mir sehr … nach dem ersten Schwörbrief im Archiv
…. Ich selbst habe mir für die wenigen Wochen eine solche Masse von Arbeit im Archiv und in der Bibliothek aufgespart, daß ich nicht entspannt hoffen kann, für dies Mal fertig zu werden, sondern wohl noch mehrere Mal an den Ort zurückkommen muß.
Kern ist vergangenen Donnerstag hier eingetroffen und nach Nürnberg, wo er diesmal selber seinen Aufenthalt nehmen wird wegen des Archivs.
Grüßen Sie Dr. Reuß und den Vater Reuß, wenn Sie ihn sehen. Möge es mit Ihrem Befinden besser gehen!
Freundschaftlich
Carl Hegel.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Lexer, MatthiasMatthias Lexer11905732818301892Lexer, Matthias (1830–1892), in Kärnten geborener Privat- und Gymnasiallehrer, Sprachwissenschaftler und Lexikograph, der 1861 wissenschaftlicher Mitarbeiter Karl Hegels am Editionsunternehmen „Die Chroniken der deutschen Städte“ der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften wurde und ihm auch nach seinem Ausscheiden verbunden blieb. 1863 wurde er außerordentlicher, 1866 ordentlicher Professor für Deutsche Philologie an der Universität Freiburg im Breisgau und war von 1868 bis 1890 Ordinarius an der Universität Würzburg. Im Jahre 1891 folgte er einem Ruf an die Universität München, verstarb aber ein Jahr später.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Bayerische Staatsbibliothek (BSB), München
: Döllingeriana II.
BSB München
1000
Kreis
, Marion: Karl Hegel. Geschichtswissenschaftliche Bedeutung und wissenschaftsgeschichtlicher Standort (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 84), Göttingen, Bristol, CT, USA 2012.
Kreis
, Geschichtswissenschaftliche Bedeutung
2012
Reuß, Ernst RudolfRudolf Reuss11645417218411924Reuß, Ernst Rudolf (1841–1924), in Straßburg geborener Historiker und Bibliothekar, 1864 Gymnasiallehrer am Protestantischen Gymnasium in Straßburg, 1872 Bibliothekar an der Straßburger Stadtbibliothek, Sohn des Theologen Eduard Wilhelm Eugen Reuß (1804–1891).
Schilter, Johannes11879501516321705Schilter, Johannes (1632–1705), Jurist, Historiker, Hochschullehrer, war seit 1686 ständiger Rechtsrat in Straßburg, wo er auch als Honorarprofessor tätig war; er gab 1698 die „deutsche Chronik“ zu Straßburg heraus, basierend auf einer verlorenen Originalschrift.
Königshofen, Jakob (Jacob) Twinger11915235513461420 Königshofen, Jakob (Jacob) Twinger, oder Jakob von Köngishofen (1346–1420), Geschichtsschreiber von Straßburg und als Priester ordinirt seit 1382, Kapitelherr von St. Thomas in Straßburg seit 1395; er verfasste eine Chronik von Straßburg, die Karl Hegel (1813–1901) im Rahmen seines monumentalen Editionswerks der Städtechroniken im Auftrag der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München herausgab. Siehe auch: Twinger von Königshofen, Jakob.
Kern, TheodorTheodor Kern11614072018361873Kern, Theodor (1836–1873) wurde am 5. Mai 1836 in Bruneck in Tirol im Kaisertum Österreich geboren und starb am 18. November 1873 in Veytaux am Genfer See. Theodor Kern stammte aus einer österreichisch-badischen Handwerker- und Beamtenfamilie. Er besuchte das Gymnasium in Innsbruck und studierte seit 1853 zunächst Jura, später Geschichte und Philologie in Innsbruck, Göttingen, Heidelberg und München. Julius Ficker in Innsbruck, Georg Waitz in Göttingen, Ludwig Häusser in Heidelberg sowie Heinrich Sybel in München waren seine akademischen Lehrer. Das Staatsexamen für das Höhere Lehramt hatte er 1857 „mit glänzendem Erfolg“ absolviert. Promoviert worden war er als Schüler Ludwig Häussers im darauffolgenden Jahr 1858 in Heidelberg. 1863 habilitierte er sich über die „Chronik der Stadt Nürnberg vom 14. bis in’s 16. Jahrhundert“ und wurde im selben Jahr Privatdozent. Er war seit 1859 erster wissenschaftlicher Mitarbeiter Karl Hegels beim Editionsunternehmen „Die Chroniken der deutschen Städte“, für das er viele Forschungsreisen unternahm. Mit seiner sehr ordentlichen Arbeitsweise war Karl Hegel als Editionsleiter sehr zufrieden. Ab 1866 war Theodor Kern außerordentlicher, 1871 ordentlicher Professor der Geschichte an der Universität Freiburg im Breisgau, wo er einen historischen Verein gründete und die „Zeitschrift für Geschichte des Breisgaus“ herausgab. Auch noch in dieser Zeit blieb er dem Editionsprojekt der „Chroniken der deutschen Städte“ als Mitarbeiter auf Honorarbasis verbunden. 1873 starb der sehr begabte junge Historiker an den Folgen einer schweren Erkrankung.
Reuß, Eduard Wilhelm EugenEduard Wilhelm Reuss11892143618041891 Reuß, Eduard Wilhelm Eugen (1804–1891), in Straßburg geborener evangelischer Theologe und Gymnasiallehrer, der von 1819 bis 1827 am Straßburger Protestantischen Seminar, an der Theologischen Fakultät der Universität Straßburg sowie an den Universitäten Göttingen und Halle studierte. 1828 wurde er am Protestantischen Seminar in Straßburg Privatdozent, 1834 außerordentlicher, 1836 ordentlicher Professor der evangelischen Theologie an der Universität Straßburg und 1859 Direktor des Seminars. Außerdem wurde er 1838 außerordentlicher Professor an der Theologischen Fakultät der Universität und erhielt 1864 den Lehrstuhl für Altes Testament, den er auch von 1872 bis 1888 an der neu gegründeten Straßburger Kaiser-Wilhelms-Universität behielt.
Straßburg48.584614,7.7507127Ehemalige Reichs-, Universitäts- und Bischofsstadt am Westufer des Rheines und an der Ill zwischen Vogesen im Westen und Schwarzwald im Osten gelegen.
FrankreichNach der Französischen Revolution von 1789 wurde das in Westeuropa am Atlantik gelegene Frankreich 1791 konstitutionelle Monarchie, 1793 Republik, 1804 Kaiserreich, 1830 Königreich, 1848 wieder Republik, 1852 erneut Kaiserreich und von 1871 bis 1940 zum dritten Mal Republik.
Freiburg (im Breisgau)47.9960901,7.8494005Etwa 90 Kilometer südlich von Straßburg und östlich des Rheines im südlichen Schwarzwald gelegene, ehemalige zähringerische und habsburgische Stadt mit 1457 gegründeter Universität.
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
Professor, ProfeßorBerufs- oder Amtsbezeichnung und Anrede für den Inhaber einer Professur an einer Universität oder Hochschule, wobei nicht jeder Professor eine Professur bekleidet; früher auch Bezeichnung für einen Gymnasiallehrer (Gymnasial-Professor) bzw. Lehrer an einer Lateinschule.
Badischer HofHotel in Straßburg.
Deutsch/deutsch, Deutsche/r; DeutschesAuf die deutschen Staaten bezogen, den deutschen Staaten zuzuordnen, zu den deutschen Staaten gehörend; deutschsprachig; deutsche Sprache; Angehörige/r der deutschen Staaten, Deutschlands.
AbschriftAbgeschriebener Text, Duplikat bzw. Kopie, häufig auch als Hilfsmittel im Rahmen einer historisch-kritischen Edition gebräuchlich bzw. als Textgrundlage einer Edition für die Drucklegung.
Königshofen's ChronikDer Straßburger Historiograph, Priester, Kanoniker an St. Thomas in Straßburg, Historiker und Chronist Jakob Twinger bzw. Jakob von Königshofen (1346-1420) verfasste eine umfangreiche Chronik von Straßburg in deutscher Sprache, die er zunächst durch eine lateinische Materialsammlung vorbereitet hatte. Diese Chronik hatte Karl Hegel in seiner Editionsreihe, die er für die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München herausgab, selbst bearbeitet und veröffentlicht. Karl Hegel (1813-1901) veröffentlichte zu diesem Chronisten und seiner Chronik auch einen Artikel in der Deutschen Biographie, vgl. dazu: DB , sowie
Chroniken der deutschen Städte, Bd. 8, Straßburg, Bd.1,
und
Chroniken der deutschen Städte, Bd. 9, Straßburg, Bd. 2.
Schwörbrief(e)Verfassungsurkunde(n) speziell in Straßburg, die jährlich von der gesamten Bürgerschaft beschworen wurde.
Stadtarchiv, Stadt-Archiv (Straßburg)Archiv der Stadt Straßburg, welches auf das Jahr 1399 zurückgeht und heute „Archiv der Stadt Straßburg und der Eurometropole“ bzw. „Archiv in Straßburg“ heißt („Les Archives de la Ville et de l'Eurométropole de Strasbourg“ bzw. „Archives de Strasbourg“).
Stadtbibliothek (Straßburg)Während der Belagerung Straßburgs im August/September 1870 infolge des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 wurde durch den Brand am 24. August 1870 unter anderem auch die Straßburger Stadtbibliothek mit ihrer einzigartigen Sammlung von Handschriften aus Mittelalter und Renaissance vernichtet. Zerstört wurden hierbei auch Chroniken, die Karl Hegel in seinen „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis in’s 16. Jahrhundert“ ediert hatte.