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Karl Hegel an Matthias Lexer, Erlangen, 21. März 1867

Theurer Freund!1

Ihr letzter lieber Brief vom 13 dieses Monats2 hat mir eine große Beruhigung gebracht; denn ich fürchtete nach dem ersten, daß Sie es nicht lange in Straßburg würden aushalten können. Nun aber bin ich vollkommen überzeugt, daß Sie die schwierige und besonders ermüdende Aufgabe geduldig und gewissenhaft zu Ende bringen werden, woran mir außerordentlich viel gelegen ist. Ich muß es doch als eine große Gunst der Verhältnisse ansehen, daß Sie Ihre Arbeit ohne Hindernisse in der Wohnung unserer Straßburger Freunde3 ausführen können, denen ich dafür in hohem Maße dankbar bin. Auch Ihre Mittheilung über die von Ihnen durchgeführte Schreibweise war mir von besonderem Interesse, und Sie werden sich ohne Zweifel schon ebenso gut in dem Elsässischen Dialect heimisch finden, wie in irgend einem anderen. Das ist mir von unschätzbarem Werth, denn es wird unsere Edition in aller Weise zu gute kommen.

Nun würde es mir aber höchst erwünscht sein, Sie selbst noch in Straßburg anzutreffen und mit Ihnen mündlich zu conferiren. Und ich hege starke Hoffnung, daß dies sehr wohl möglich sein wird, da Sie am 13. März schrieben, Sie würden noch mindestens 14 Tage zu thun haben.

Ich denke am 28. März von hier abzureisen, da ich wegen der erst am 27. März stattfindenden Stipendiatenprüfung4, die ich als Decan der Facultät zu leiten habe, nicht eher von hier abkommen kann; so werde ich am 29. März bei guter Zeit in Straßburg eintreffen. Sollten Sie mit dem Königshofen ja schon ein paar Tage früher fertig werden, und Ihre Geduld noch länger aushalten, so wäre es mein dringender Wunsch, daß Sie auch noch die von Dr. Reuß abgeschriebenen Schwörbriefe, die zu den wichtigsten Straßburger Urkunden gehören, im Archiv mit den Originalen collationiren möchten.

Ich gedenke nicht alle aufzunehmen, aber doch die ältesten und den von 1334 (den ich Ihnen zugeschickt habe) und den von 1349. Ich bitte, thun Sie mir doch die Liebe! Weizsäcker entweder5 mit mir oder einen Tag vor mir .

Kern wurzelt jetzt in Nürnberg.

Das Wetter ist bei uns noch sehr rauh; wir hatten auch vor einigen Tagen Schnee; ich wünsche, daß es Ihnen in Straßburg besser damit gehen möge! Der Ausflug nach Freiburg zu Frau und Kind wird Sie erfrischt haben. Grüßen Sie die Familie Reuß6! Fragen Sie doch gefälligst den jungen Dr. Reuß, ob er so freundlich war, sich nach meiner früheren Wohnung quai des bateliers bei Herrn Eckert umzusehen, ob sie zu haben wäre; ich weiß freilich nicht, ob sie heizbar ist, worauf wenigstens hier bei uns in dieser Jahreszeit immer noch viel ankommt.

Freundschaftlichst
der Ihrige
Carl Hegel.