Erlangen den 16/4 1867.
Mein lieber Schatz!
Endlich endlich Nachricht von Dir, Du hast mich lange warten lassen, aber wie ich sehe ist es nur zum kleinsten Theil Deine Schuld sondern Gott weiß wie blieb der Brief, der doch wohl am 13ten Morgens aufgegeben wurde bis gestern Abends unterwegs, wenigstens habe ich ihn erst heute Morgen erhalten. Und zufrieden bin ich gar nicht mit dem Inhalt desselben; Du willst nicht kommen? ach das wäre doch gar zu traurig und ich hoffe noch ernstlich, Dich davon abzubringen. Sieh, ganz fertig wirst Du doch nicht, was helfen dann ein Paar Tage mehr oder weniger? wenn 3 Tage Feiertage sind, an welchen Du doch Nichts arbeiten kannst. Benütze doch lieber einen Tag der Herbstferien dazu, da von einer gemeinschaftlichen Reise nicht die Rede sein kann. Ich denke immer daß die Feiertage für Dich dort traurig sein müssen, hier bei uns würdest Du Dich an der Freude der Kinder erfreuen, wenn sie im Garten die Eier suchen, die ihnen der Osterhase bringt. Sie freuen sich schon so sehr und würden ihren lieben Papa sehr dabei vermissen. Von mir zu | sagen, wie ich Dich vermißte, ist wohl nicht nöthig und Du darfst Dir auch kein allzu trübseliges Bild von Deiner kleinen Frau machen, ich mußte fast über Deine Resignation der unabänderlichen Nothwendigkeit gegenüber lächeln. So schlimm ist es doch nicht, die Sache hat doch auch ihre hoffnungsvolle Seite, der liebe Gott der nun sieben Mal glücklich durchgeholfen hat, wird ja auch dieses Mal wieder mit seiner Hülfe nah sein und dann habe ich wohl mein gesundes Kindchen im Arm, und die große Tochter im Haus, die mir hilft, so wird die Zeit hergehen und der kleine Spätling wird vielleicht erst recht die Freude unsers Alters. Laß Dich nicht bedrücken, ich hab’s überwunden, wenn ich’s nur erst gebeichtet hätte, aber das schiebe ich so lange als möglich hinaus und hoffe dieß Mal noch unbehelligt von Nürnberg weg zu kommen, obwohl ich schon sehr stark werde. Du meinst, es wäre klüger, hier zu bleiben, mein Lieber das ist zu viel verlangt, ohne Dich, mit der Sorge um den alten Großvater und mit dem Be-| wußtsein daß in Nürnberg außer dem anständigen Benehmen auch Tante
Marie mit Mann und Kind unsrer warten, es muß ja doch mal Frühling werden. Samstag und Sonntag war es hier erträglich und Sonntag ging ich aus zur Kirche das erste Mal wieder seit 8 Wochen, es bekam mir auch gut, aber in der Nacht von Sonntag auf Montag war ein Sturm, ein Orkan und seitdem ist die alte Noth, Sturm, Regen, Hagel, so daß ich nicht wagte, wieder auszugehen. Doch habe ich uns für Donnerstag Nachmittag in Nürnberg angekündigt, im Fall es das Wetter erlaubt. Wie reizend, wenn Du direkt von Straßburg uns dort überraschtest! Der längste Termin unsers Bleibens ist Mittwoch, da am Donnerstag die Schule der Mädchen beginnt. Georg hat seine Prüfung ordentlich bestanden, ist im Specimmen um 2 hinaufgerückt und muß weniger oft in der Schule bleiben. Doch genug vom engsten Kreis; an der Universität ist große Trauer über Delitzsch Entschluß wegzugehen. Es wird ihm selbst sehr schwer, aber so Manches traf zusammen, besonders auch der Tod von Tuch, worin er glaubte Gottes Willen zu sehen, der | ihn dorthin riefe. Wer möchte darüber rechten; aber Du weißt so gut wie Alle daß sein Verlust ein unersetzlicher ist, man spricht von Volk, oder von Caspari in Christiania, ich weiß Nichts Näheres, da ich wenig Menschen sehe. Thiersch ist abgereist, seine Familie folgt morgen; sie waren Samstag noch hier, er bedauerte sehr, Dich nicht mehr gesehen zu haben, da er wegen eingetroffener Gäste Abends nicht in die Harmonie kommen konnte und den Tag nachher nach München abreisen mußte. Stintzing ist seit Donnerstag zurück, ich sprach aber weder sie noch ihn seitdem. Von Annchen hatte ich am Samstag einen sehr liebenswürdigen Brief, Nichts Besonderes mitzutheilen, aber sie spricht sich anmuthig aus. Heute ist Produktion bei Fräulein Baum, wo sie die Arie aus Paulus
„Jerusalem“ singen soll; darnach zu urtheilen muß sie hübsch mitgekommen sein, wenigstens fand die Hofmann die Aufgabe eine große. Die besten Grüße an Papa schreibt sie natürlich. –
Wie es mit der Politik steht, ja das ist wohl schwer zu sagen, Furcht und Hoffnung geht immer auf und ab, doch glaube ich ist die Stimmung eine allgemeine fest zusammenzuhalten, und Frankreichs Anmaßungen gegenüber zu treten. Ein großer Theil der Abgeordneten hat in diesem Sinne eine Adresse an Hohenlohe gerichtet. Ich lese jetzt die Augsburger Abendzeitung, da ist freilich eine andere Luft als im Correspondeten.
Nun leb wohl, mein Liebster, gedenke meiner und sey nicht melancholisch. Von ganzem Herzen Deine Susanna.
Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher
Susanna Maria Hegel, geb. Tucher116146891918261878Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher (1826–1878), häufig „Susette“ genannt, Tochter Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871) und Maria Magdalena Tuchers, geb. Grundherr (1802–1876), Ehefrau Karl Hegels (1813–1901); siehe auch: Tucher, Susanna Maria.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Privatbesitz
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Privatbesitz
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Grundherr, Karl-18561936Grundherr, Karl (1856–1936), Sohn Ferdinand Grundherrs (1808–1882) und Stephanie Grundherrs (1825–1902), trat 1867 ins königlich bayerische Militär ein.
Delitzsch, Franz JuliusFranz Delitzsch11852455018131890Delitzsch, Franz Julius (1813–1890), in Leipzig geborener Theologe, der nach seiner Habilitation an der Universität Leipzig im Jahre 1842 von 1844 bis 1846 dort außerordentlicher Professor war. Von 1846 bis 1850 war er ordentlicher Professor der evangelisch-lutherischen Theologie (Altes Testament) an der Universität Rostock, dann von 1850 bis 1867 an der Universität Erlangen und von 1867 bis 1890 an der Universität Leipzig.
Tuch, Johann Christian Friedrich11743337318061867Tuch, Johann Christian Friedrich (1806–1867), in Quedlinburg geborener Theologe und Orientalist, der von 1825 bis 1829 am der Universität Halle studierte, dort 1829 promoviert wurde und sich 1830 habilitierte. 1838 wurde er außerordentlicher Professor und wurde 1841 an der Universität Leipzig Ordinarius für die Theologie des Alten Testamentes und Orientalistik, wo er bis zu seinem Tode blieb.
Volck, Wilhelm Johann Christoph11748781318351904Volck, Wilhelm Johann Christoph (1835–1904), in Nürnberg geborener evangelischer Theologe, der von 1857 bis 1859 an den Universitäten Erlangen und Leipzig Theologie und Philologie studierte und 1859 in Leipzig zum Dr. phil. und 1861 in Erlangen zum Lic. theol. promoviert wurde. Im Jahre 1861 wurde er Privatdozent für Altes Testament an der Universität Erlangen, 1863 außerordentlicher, 1864 ordentlicher Professor für Theologie und Orientalistik an der Universität Dorpat, 1898 ordentlicher Honorarprofessor an der Universität Greifswald und war von 1900 bis 1904 Ordinarius in der Theologischen Fakultät der Universität Rostock.
Caspari, Carl Paul10243143418141892Caspari, Carl Paul (1814–1892), als Sohn jüdischer Eltern in Dessau geborener, dann konvertierter evangelischer Theologe und Orientalist, der 1842 an der Universität Leipzig zum Dr. phil. promoviert wurde. Im Jahre 1847 wurde er Lektor an der Universität Christiania (Kristiania), später Oslo, und dann dort 1857 Professor. 1867 lehnte er einen Ruf an die Universität Erlangen als Nachfolger seines an die Universität Leipzig gewechselten Freundes und Studienkollegen Franz Julius Delitzsch (1813–1890) ab.
Thiersch, Karl11875702418221895Thiersch, Karl (1822–1895), als Sohn des Klassischen Philologen Friedrich Wilhelm Thiersch (1784–1860) und seiner Ehefrau Amalie Thiersch, geb. Löffler (1794–1878), in München geborener Mediziner, Ehemann Johanna Liebigs (1836–1926), Tochter des Chemikers Justus Liebig (1803–1873), Schwiegervater u. a. desevangelischen Theologen Adolf Harnack (1851–1930) und des Historikers Hans Delbrück (1848–1929). Er studierte bis zur Promotion im Jahre 1843 Medizin an der Universität München und wurde nach weiteren Ausbildungsjahren in Berlin und Wien 1845 in München als Arzt approbiert, habilitierte sich 1849 an der dortigen Universität und wurde 1853 außerordentlicher Professor der Medizin an der Universität München, 1854 ordentlicher Professor der Chirurgie und Augenheilkunde an der Universität Erlangen und war von 1867 bis 1895 Ordinarius an der Universität Leipzig. In Erlangen war er im Studienjahr 1861/62 Prorektor, in Leipzig 1876/77 Universitätsrektor.
Stintzing, RoderichRoderich Stintzing10127505618251883Stintzing, Roderich (1825–1883), in Altona geborener Rechtswissenschaftler, der von 1841 bis 1848 an den Universitäten Jena, Heidelberg, Berlin und Kiel studierte und 1852 in Heidelberg promoviert wurde. Im Jahre 1854 wurde er ordentlicher Professor für Römisches Recht an der Universität Basel. Nach seinem dortigen Rektorat wechselte er von 1857 bis 1870 an die Universität Erlangen und anschließend bis zu seinem Tode an die Universität Bonn. Wie in Basel war er auch in Erlangen (1864/65) und in Bonn (1875/76) jeweils Rektor bzw. Prorektor.
Stintzing, Franziska Karoline Charlotte, geb. BokelmannFranziska Karoline Stintzing, geb. Bokelmann11726003718281908Stintzing, Franziska Karoline, geb. Bokelmann (1828–1908), Ehefrau des Juristen Roderich Stintzing (1825–1883).
Baum, Katharina1153917483um 18401876Baum, Katharina (um 1840–1876), aus Elbing stammende Sängerin, Gesangs- und Klavierlehrerin, die sich Mitte der 1860er Jahre in Berlin niederließ.
Hofmann, Charlotte, geb. Lameyer
Charlotte Hofmann, geb. Lameyer-1883Hofmann, Charlotte, geb. Lameyer († 1883), Ehefrau Johannes Christian Konrad Hofmanns (1810–1877), des ordentlichen Professors der evangelischen Theologie an den Universitäten Rostock und Erlangen.
Hohenlohe-Schillingsfürst, Chlodwig Carl Victor11870631418191901 Hohenlohe-Schillingsfürst, Chlodwig Carl Victor (1819–1901), in Rotenburg an der Fulda geborener Jurist und Politiker im Königreich Bayern und im Deutschen Reich. In Bayern war er von Ende 1866 bis 1870 Vorsitzender des Ministerrats (Ministerpräsident) und Außenminister des Königreiches, im Königreich Preußen von 1894 bis 1900 Ministerpräsident, dazu gleichzeitig Reichskanzler.
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
Straßburg48.584614,7.7507127Ehemalige Reichs-, Universitäts- und Bischofsstadt am Westufer des Rheines und an der Ill zwischen Vogesen im Westen und Schwarzwald im Osten gelegen.
Christiania (Kristiania)59.9133301,10.7389701Früherer (1624-1924) Name für Oslo, der Hauptstadt des Königreiches Norwegen, in dessen Süden gelegen.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Harmonie (Erlangen)Gesellschaftshaus, in dem sich seit dem 18. Jahrhundert das höhere Bürgertum einer Stadt zu gesellschaftlichen und kulturellen Ereignissen versammelte. In Erlangen gründete sie – allgemein als „Clubb“ bezeichnet – 1788 der Rechtswissenschaftler Johann Ludwig Klüber (1762-1837), ab 1794 war es die „Mittwochsgesellschaft“ und ab 1809 die „Gesellschaft Harmonie“ als Geselligkeitsverein zur Pflege von Kultur und Kunst, mit dem sich eine Lesegesellschaft und die 1791 organisierte „Musikalische Gesellschaft“ verbanden. Die Erlanger „Harmonie“ verfügte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts über ein eigenes Haus am Holzmarkt in der Stadtmitte nahe der Hugenottenkirche.
„Paulus“-OratoriumOratorium von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847), das im Jahre 1838 während des 18. Niederrheinischen Musikfestes in der Düsseldorfer Tonhalle uraufgeführt wurde.
„Jerusalem“-ArieSopran-Arie aus dem ersten Teil des „Paulus“-Oratoriums von Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847), beginnend mit: „Jerusalem! Die du tötest die Propheten […]“.
Augsburger AbendzeitungDie aus früheren Augsburger Zeitungen mit wechselnden Titeln hervorgegangene „Augsburger Abendzeitung“ erschien ab 1827 unter diesem Titel und entwickelte sich zu einem gemäßigt liberalen Blatt, das sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im ganzen Königreich Bayern verbreitete Anerkennung erwarb.
„Nürnberger Correspondent“In Nürnberg 1804 aus Adels- und Beamtenkreisen gegründete und dort bis 1889 erschienene Tageszeitung „Der Korrespondent von und für Deutschland“. Die in ihrer Zeit führende Zeitung Nürnbergs verfügte über ein dichtes Nachrichtennetz, war um wachsende Aktualität bemüht, wurde in Adels- und Beamtenkreisen sowie den höheren Gesellschaftsschichten gelesen und galt im Königreich Bayern als regierungsfreundlich und liberal-konservativ.