Erlangen den 2/10 1867
Mein liebes Herz!
Hoffentlich bist Du trotz der langweiligen Fahrt im Dunkeln gut angekommen und fühlst Dich wohl im interessanten Verkehr und in der frischen belebenden Münchner Luft. Auch von uns kann ich Dir Gottlob gute Nachricht geben, es thut mir leid, daß ich gerade am Tag Deiner Abreise so caput war; es geht mir wieder besser und ich habe wieder Muth für die Zukunft. Heute fing Georgs Prüfung an, des Morgens schriftlich Latein und Rechnen, Nachmittags Deutsch – Rechtschreiben und morgen mündlich. Er ist natürlich ganz befriedigt von seinen Leistungen, findet die Aufgaben alle sehr leicht und gerirt sich mit seinen Cameraden als Kläßler. Morgen Nachmittag erfahren sie das Resultat der Prüfung | und wollen wir nur hoffen, daß die Lehrer ebenso zufrieden sind als unser Bruder Schwindel. Ich hätte vielleicht mit diesem Brief gewartet, um Dir gleich die richtige Nachricht mitzutheilen, aber nun bestimmt mich ein heute erhaltener Besuch von Beetz, gleich heute zu schreiben; denke Dir dieser bewegliche College, der am Mondtag von Egern zurückgekommen ist von wo aus er mit seiner Frau einen Abstecher nach Meran, Verona, Garda See gemacht hat, will jetzt noch auf kurze Zeit nach Paris, da er glaubt in der Ausstellung speziell für ihn interessante Dinge zu finden. Er holte sich seinen Bädeker und fragte, ob Du vielleicht Pläne und dergleichen von Paris mitgebracht hättest, was ihm von Nutzen und Interesse sein könnte. Mondtag will er abreisen, also kannst Du mir bis dahin noch | Nachricht geben, ob Du Etwas Derartiges hast und wo ich es finde. Ich dachte auch an das Rundfahrt-Billet, das Du nur zum Theil ausgenützt hast, aber nicht mehr, das ist nur für September gültig gewesen.
Eine weitere Angelegenheit möchte ich nicht gern abschließen ohne mit Dir Rücksprache genommen zu haben; sie betrifft das Mädchen, die ich zu nehmen gedenke. Du weißt, daß ich an Stephanie schrieb wegen einer bestimmten Person, von der sie im Frühjahr sprach, nun ist diese wohl nicht zu haben, aber dagegen wurde sie schon vorher gebeten, sich für ein Mädchen zu verwenden und zu interessiren, die ihrer Meinung nach ganz meinen Wünschen entsprechen müßte. Ich lege Dir sowohl den Theil aus Stephanies Brief, der sich darauf bezieht, als den Brief des Mädchens und ihr Zeugniß bei. Was meinst Du? ich fürchte nur sie würde doch zu wenig | in eine eigentlich dienende Stellung sich finden, andererseits ist Bildung und gute Erziehung gepaart mit Bescheidenheit eine bessere Bürgschaft für die Gewissenhaftigkeit in Behandlung des Kindes als blose Gewohnheit zu dienen. Ihre Ansprüche sind freilich hoch, ich dachte schon, ob ich nicht besser thäte mir für die Zeit des Wochenbettes eine Wartefrau zu nehmen und erst von Lichtmeß an eine dritte Person, Weihnachten wäre damit auch erspart. Schreibe mir darüber so bald als möglich, daß ich dem guten Kind Nachricht geben kann. Wenn ich nur wüßte, wie alt sie ist, und ob sie sich nicht zu sehr als Familienglied behandelt wissen will.
Verzeih diesen hausbackenen Brief, der Dir die häuslichen Sorgen in der schlimmsten Gestalt nachträgt, aber ich kann mich nicht entschließen ohne Deinen Rath. Von Berlin bekamen wir heute liebe ausführliche Briefe mit Gottlob guten Nachrichten. Bitte schreibe mir bald, umgehend und erzähle recht Viel von allen Lieben, von dem | Leben und der Stimmung in München. Grüße alle Lieben recht herzlich, besonders die Schwestern. | Die Kinder sagen Alle mal Schönes dem lieben Papa. Heute wird |
Annchens
Warnemünder-Costüm gemacht, wir wissen aber noch Nichts über den Tag der Hochzeit. |
Leb wohl, mein Einzig Geliebter. Ich umarme Dich in treuer Liebe. Grüße Hofmanns schönßtens. Von Herzen
Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher
Susanna Maria Hegel, geb. Tucher116146891918261878Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher (1826–1878), häufig „Susette“ genannt, Tochter Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871) und Maria Magdalena Tuchers, geb. Grundherr (1802–1876), Ehefrau Karl Hegels (1813–1901); siehe auch: Tucher, Susanna Maria.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Privatbesitz
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Privatbesitz
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Beetz, Friedrich Wilhelm HubertWilhelm Beetz11610899118221886Beetz, Friedrich Wilhelm Hubert (1822–1886), in Berlin geborener Physiker, der nach seinem Studium der Physik und Chemie u. a. am Berliner Kadettenkorps und an der Vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule in Charlottenburg lehrte, einer Vorläuferin der 1879/1884 gegründeten Technischen Universität Berlin. Von 1855 bis 1858 war er ordentlicher Professor an der Universität Bern, von 1858 bis 1868 an der Universität Erlangen und von 1868 bis zu seinem Tode am im selben Jahr 1868 gegründeten Polytechnikum in München, das 1877 die Königlich Bayerische Technischen Hochschule München wurde.
StephanieStephanie, Dienstmädchen aus Eichstätt, Bekannte Susanna Maria Hegels.
Hofmann, Charlotte, geb. Lameyer
Charlotte Hofmann, geb. Lameyer-1883Hofmann, Charlotte, geb. Lameyer († 1883), Ehefrau Johannes Christian Konrad Hofmanns (1810–1877), des ordentlichen Professors der evangelischen Theologie an den Universitäten Rostock und Erlangen.
Hofmann, Johannes Christian KonradJohannes Hofmann11870611X18101877Hofmann, Johannes Christian Konrad (1810–1877), in Nürnberg geborener evangelischer Theologe und Gymnasiallehrer, 1841/42 außerordentlicher Professor der Theologie an der Universität Erlangen, ordentlicher Professor an den Universitäten Rostock (1842–1845) und Erlangen (1845–1877).
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Egern47.6966635,11.7560098Etwa drei Kilometer südöstlich von Tegernsee an der Südspitze des Tegernsees und südlich von Rottach gelegenes Fischer- und Bauerndorf, das später mit Rottach die Gemeinde Rottach-Egern bildete.
Meran46.6695547,11.1594185Landeshauptstadt Tirols an der Etsch und Kurort, südlich des Brenners und circa 30 Kilometer nördlich von Bozen gelegen.
Verona45.4384958,10.9924122Stadt an der Etsch und am Südufer des Gardasees im Norden der Apenninen-Halbinsel gelegen, die 1797 an Österreich und 1866 ans Königreich Italien kam.
Gardasee45.66131875,10.685104344696601Zwischen den nördlichen Alpen und der südlichen Po-Ebene gelegener größter See der Apenninen-Halbinsel, etwa 160 Kilometer (bis zum Nordufer) südlich des Brennerpasses gelegener oberitalienischer See.
Paris48.8588897,2.3200410217200766An der Seine gelegene Hauptstadt des Kaiserreichs Frankreich.
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Weltausstellung (Paris, 1867)Die Weltausstellung ist eine internationale Ausstellung, die sich in der Zeit der Industrialisierung als technische und kunsthandwerkliche Leistungsschau etablieren konnte. Die Entstehung der Weltausstellung geht auf Albert von Sachsen-Coburg und Gotha (1819-1861), dem Prinzgemahl der britischen Königin Victoria (1819-1901) zurück. So wurde 1851 im Londoner Hyde Park die erste Weltausstellung feierlich eröffnet, die 1867 in Paris stattgefundene Weltausstellung war die siebte, weltweit, und die zweite in Frankreich, wo 1855 mit der insgesamt vierten schon einmal in Paris eine Weltausstellung stattgefunden hatte. Vom 1. April bis 3. November 1867 fand auf dem Marsfeld in Paris nach 1855 also zum zweiten Mal eine Weltausstellung (Exposition Universelle) in der Regierungszeit Napoleons III. (1808-1873) statt.
Bädeker 1867Vermutlich hat Karl Hegel für seinen Paris-Aufenthalt den im Jahre 1867 in sechster, vermehrter und verbesserter Auflage rechtzeitig zur Weltausstellung erschienenen Band „Paris und Nord-Frankreich nebst den Eisenbahn-Routen vom Rhein und der Schweiz nach Paris“ von Karl Baedeker benutzt.
Warnemünder-CostümEin einer Tracht der Ostsee-Hafenstadt Warnemünde nachempfundenes Kostüm.