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Susanna Maria Hegel, geb. Tucher, an Karl Hegel, Erlangen, 6. Oktober 1867

Mein lieber Herzens-Mann!

Schönsten Dank für Deine lieben Zeilen1, die gestern Mittag mir zukamen. Ich schrieb gleich gestern Abend an Stephanie und bat sie, Frl. Pöppel eine abschlägige Antwort mitzutheilen. Da fiel mir aber ein, daß Du das ihr gehörige Zeugniß der Frau Notarsgattin N. N. behalten hast und das müssen wir ihr doch wieder zustellen. Es ist wohl das Einfachste, Du schickst es unter Stephanies Adresse gleich nach Eichstädt. So wäre die Sache abgemacht, und ich glaube allerdings, daß es am Besten ist, sich für die Zeit nach der Katastrophe die Freiheit für die nothwendigen Einrichtungen zu erhalten.

Den Zettel an Beetz schickte ich hin, er läßt schönstens danken. Du schreibst von dem schrecklichen Wetter, wir können nur dasselbe erwidern, bis zum Schnee haben wir es noch nicht gebracht, aber abscheulich kalt, windig, regnerisch ist es all diese letzten Tage und heute hat es auch gehagelt. Ich verkrieche mich bei solchem Wetter mehr noch als sonst und sehe nur die, die zu mir kommen; diese Woche machte Camill von Egloffstein seinen Besuch2, gestern war die Makowitzka, heute Heinekes hier, für heute sind wir zu Löwenichs gebeten, ich habe natürlich abgelehnt, sie reisen Mittwoch, er hat dieß Mal den wechselnden Raptusen3 der Frau widerstanden, die Koffer sind schon fort, George kommt zu Schmidtleins, die auch eine Tochter des Professor Tischendorff als Zögling aufgenommen haben, das ist, was ich von den hiesigen Freunden weiß. Annchen ist heute Nachmittag zu Schmidtleins gebeten, wo die junge Erbkam zu Besuch ist und die Tischendorf wohl mit der Erlanger Mädchenwelt bekannt gemacht werden soll. – Du lebst ja so in Saus und Braus, daß Du die Erlanger wohl wenig siehst, seit gestern ist Frau Ziemssen auch auf acht Tage nach München zum Oktoberfest – gratuliere – und heute sind mehrere Collegen unter anderm Makowitzka nach Augsburg, kurioses Zusammentreffen, daß die preußenfreundliche Fortschrittspartey gerade an dem Tage und an demselben Orte zusammenkommt, wo unser König dem König von Preußen auf seinem Triumphzuge begrüßt. Ich bin begierig wie sich die Nürnberger machen; er will ja einige Tage in Nürnberg bleiben.

Wegen der Hochzeit von Gottlieb Schwarz bekam ich vorgestern Nachricht, die soll am 19ten Oktober sein, und nächsten Sonntag4 der Polter-Abend, wo Du wohl mit Annchen hin kannst; wahrscheinlich werden die Eltern nachher nicht mehr nach Simmelsdorf gehen, und Marie dann bei ihnen in Nürnberg bleiben. Karl ist ja aufgenommen, wie Lina mir schreibt, sage doch August und Marie meinen Glückwunsch, so sehr ich ihren Trennungsschmerz von dem Einzigen nachfühle. Für die Nachrichten von Luise und ihrem Töchterchen schönen Dank, Gott gebe ferner Seinen Segen. Onkel und Tante, Anna und den Brüdern viel Schönes, auch Wilhelmine, wie geht es Alexander? Ist August zurück von Paris?

Leb wohl, mein trauthester bester Mann, ich freue mich sehr auf Deine Rückkehr und erwarte Dich Dienstag5 Mittag wenn ich Nichts mehr höre.

Leb wohl, Gott behüte Dich, grüße Weizsäcker, ist er heiter?

Von Herzen

 Deine Susanna.