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Karl Hegel an Julius Weizsäcker, Erlangen, 26. April 1868

Theurer Freund!

College Makowiczka war eben bei mir, um mich zu ersuchen, unseren Dr. Vogel bei Ihnen zu empfehlen. Ich thue dies mit vielem Vergnügen, obwohl ich überzeugt bin, daß es meiner Empfehlung bei Ihnen nicht erst bedarf, da Sie den wackeren jungen und strebsamen Docenten selbst, von Seiten seines Charakters wie seiner wissenschaftlichen Befähigung und Lehrgabe, genügend kennen. Die Veranlassung zur Sache geht von Ihrem Collegen und politischen Widersacher Brinz aus, der deßhalb an Makowiczka geschrieben hat. Er beabsichtigt Vogel für eine außerordentliche publicistische Professur in Tübingen vorzuschlagen und wünscht dabei die Unterstützung seiner Tübinger Collegen zu finden. Dies ist gewiß um so anerkennenswerther, als Vogel, wie Sie wissen, Brinz aber vielleicht nicht ebenso gut weiß, durchaus nicht zu seiner politischen Partei1 gehört. Von diesem Wissen werden Sie vielleicht so vorsichtigen Gebrauch machen, daß die andere Partei nicht stutzig und kryptischer2 wird. Vogel’s Art und Weise ist übrigens, wie Ihnen ebenfalls bekannt, durchaus nicht scharf provocirt3, sondern zurückhaltend und förmlich, mehr als mir gerade zusagt. Ich nehme vielen persönlichen Antheil an seinem Fortkommen und möchte wünschen, daß Sie etwas zu dem Erfolg seiner Anstellung in Tübingen4 beitragen könnten.

Kugler5 wird meinen Gruß an Sie aus dem Leistla in Nürnberg bestellt haben. Ich habe mich sehr erfreut an den forschen Eindrücken, die er von Berlin mitbrachte und lebendig mitzutheilen wußte.

Marquardsen ist vergangene Nacht mit den Collegen aus München, Stauffenberg, Jordan6 und Anderen dorthin abgefahren. Wir geben ihm um 11 Uhr das Geleite zur Eisenbahn von der Harmonie aus.

Unsere Vorlesungen haben diesmal nach neuer Vorschrift früher angefangen, zwar nicht am 15. dieses Monats7, wo noch kein Student zu sehen war, aber doch seit dem 20.; aber der Collegienbesuch ist bisher nur schwach und die Gesammtzahl erreicht nicht über 370, – es scheint, daß wir den Krebsgang einschlagen. Den näheren Freunden geht es gut; in meinem Hause befindet sich Alles wohl. Markowiczka läßt Sie herzlich grüßen. Von ihm erhielt ich auch Ihre Antwort an Brinz, mit der ich sehr einverstanden war. Möge es Ihnen und Ihren Kindern wohl gehen! Meinen Gruß an Ihren Herrn Bruder.

Freundschaftlich
der Ihrige
Carl Hegel.