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Wilhelm Wackernagel an Karl Hegel, Basel, 30. Juni 1868

Verehrtester Herr College!

Leider geht es mir mit jener Stelle im Koenigshofen nicht anders als Ihnen selbst: ich habe mich besonnen und habe nachgesucht, aber einen Autor nirgend aufgefunden. Vielleicht aber gab es auch keinen solchen, naemlich einen schriftlichen: dergleichen Dinge mochten ebenso wohl blos mündlich umlaufen. Einen dem aehnlichen Eindruck macht mir die ganze vorhergehende Schöpfungsgeschichte, insofern sie mir aus der blossen Erinnerung an das, was Koenigshofen hier und dort über diesen Gegenstand gehoert und gelesen, nicht aber in der Art aufgesetzt scheint, daß er eine bestimmte Darstellung zu Hand gehabt und ihr nachgeschrieben hätte. In letzterem Falle würde er er kaum den Fehler machen von neun Engelchoeren als deren ursprünglicher Zahl zu sprechen: ursprünglich waren ja deren zehn, aber einer gieng durch Lucifers Auflehnung und Fall verloren, und nur um diese Lücke wieder zu ergänzen schuf Gott den Menschen.

Es wird mich sehr freuen, wenn meine Gesundheit, die gegenwärtig etwas wankelhaft geworden, mir erlaubt im Herbst die Münchner Sitzung1 zu besuchen und so auch mit Ihnen wieder einige angenehme Tage zu verleben. Verbergen kann ich mir freilich nicht, daß ich ein ziemlich überflüssiges Mitglied2 bin.

Inzwischen empfehle ich mich Ihnen bestens als
Ihr achtungsvoll ergebener
Wilhelm Wackernagel