Sie haben ganz richtig vermuthet, daß es ein Scholastiker sein muß, welchem Jak. von Königshofen im Anfang seiner Chronik nachgeschrieben habe. Es ist im Zweifel Petrus Lomardus. Deßen Sententien, das allgemeine dogmatische Lehr- und Handbuch des Mittelalters, hat er zu Grunde gelegt, oder vielmehr recipirt, namentlich lib. II, dist. 1: liget tanta est bonitas etc. verglichen mit dem Anfang der Chronik; Got in Ewigkeit etc. ferner lib. II, dist. 9: Notendum etiam etc. und den nächsten Absatz a quiebusdam tenere putatur etc. Mit den | Worten des Chronisten: do wolte Got die Stette in dem Himele nut lere lossen u.s.w. endlich Sentent. Lib. II.. dist. 18 de formatione …, den Absatz: quare de latere vivi etc. mit der Angabe des Chronisten warum Eva aus der Ribbe des Adam gebildet worden. Hier hat er den Lombarden fast wörtlich abgeschrieben.
Alles freilich wird sich beim Lombarden nicht finden; daß der von Ihnen erwähnte Schwank anders woher genommen sein müßte, haben Sie selbst bemerkt. Auch die Angabe, daß die versuchende Schlange „einer schönen Juncfrowen Antlit hette“, ist mir im Lombarden nicht begegnet | (vielleicht habe ich aber die Stelle übersehen). Es bleibt immer noch die Frage: Ob Königshofen unmittelbar oder mittelbar aus den Sentenzen geschöpft hat. Wäre der ganze Helinand gedruckt (leider hat Tissier nur die letzten Bücher dieses sagenreichen Chronisten herausgegeben), so fände sich da vielleicht die von Königshofen zunächst benützte Quelle.
Ich freue mich, Sie diesen Herbst hoffentlich wieder in München begrüßen zu können,1
totus tuus2 Ignaz Döllinger
1Bei den Sitzungen der neunten Plenarversammlung der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften vom 0 September bis 5. Oktober 1868, siehe dazu Neuhaus, 150 Jahre Historische Kommission, S. 22.2Aus dem Lateinischen, wörtlich: „gänzlich der deinige“, hier im Sinne von: „gänzlich der Ihrige“.
Döllinger, Ignaz Johann JosephIgnaz Döllinger
HiKo
11852624317991890Döllinger, Ignaz Johann Joseph (1799–1890), in Bamberg geborener katholischer Theologe, Kirchenhistoriker und Bibliothekar, der im Jahre 1822 zum Priester geweiht wurde. Von 1826 bis 1847 war er außerordentlicher Professor für Kirchenrecht und Kirchengeschichte an den Universitäten München, dann bis 1850 in Dillingen. Von 1850 bis 1890 war er ordentlicher Professor an der Universität München, dazu von 1837 bis 1847 Oberbibliothekar der Universitätsbibliothek und im Studienjahr 1872/73 deren Rektor. 1863 wurde er ordentliches Mitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und 1873 Präsident der Akademie in München.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz (StBPK), Berlin
NL Hegel 15, Fasz. IV, 3.
SBPK Berlin1000
Neuhaus
, Helmut: 150 Jahre Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Eine Chronik, München 2008.
Neuhaus
, 150 Jahre Historische Kommission
2008
Hélinand von FroidmontHélinand von Froidmont118895494um 1160um 1230Hélinand von Froidmont (* um 1160– ca. 1230), war ein Zisterzienser, Troubadour und Dichter, der neben seiner Dichtung auch eine umfangreiche Weltchronik verfasste, die Karl Hegel (1813–1901) im Rahmen seiner Recherchen für die Edition der Chronik von Königshofen rezipierte.
Tissier, BertrandBertrand Tissier123494877ca. 16001672Tissier, Bertrand (ca. 1600–1672), lateinisch Bertrandus Textor, war ein französischer römisch-katholischer Theologe, Zisterzienser, Prior, Historiker und Editor. Er gab Auszüge aus der neunundvierzig Bücher umfassenden Weltchronik des Zisterziensers, Minnesängers (Troubadour) und Dichters Hélinand von Froidmont (um 1160–1230) heraus, die Karl Hegel (1813–1901) im Rahmen seiner Recherchen zur Edition der Chronik von Königshofen für sein Unternehmen der „Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“ rezipierte.
Mehrere Registerverweise
Zitierempfehlung
Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers Karl Hegel (1813-1901), bearbeitet von Helmut Neuhaus und Marion Kreis