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Karl Hegel an Johann Sigmund Karl Tucher, Altenahr, 7. August 1868

Lieber Vater!

Das Bonner Jubiläum2 ist, durch das schönste Wetter begünstigt, mit einer herrlichen Rheinfahrt abgeschlossen worden. Meine liebe Frau kam am Vormittag des 4. August (Dinstag) in Bonn an, wo sie von Prof. Aegidi und Frau auf’s freundlichste empfangen wurde, und machte die Stromfahrt mit. Alle Villen und Höhen, die Ruine des Drachenfels strahlten im weißen rothen und grünen Licht der bengalischen Flammen, die sich im Strom wiederspiegelten. Am folgenden Nachmittag fuhren wir nach Cöln. Auch dort war ein ähnliches Zauberfest im zoologischen Garten veranstaltet. Am folgenden Morgen sahen wir den herrlichen Dom. Gestern kamen wir über Bonn zurück, wo sich Aegidi mit Frau und Schwägerin3 anschloß. Wir fuhren mit der Eisenbahn bis Remagen und nahmen dort einen Wagen, der uns das schöne Ahrthal bis hierher nach Altenahr brachte, wo wir übernachteten. Heute Abend wollen wir nach Königswinter und morgen früh den Drachenfels besteigen.

Von zu Hause haben wir die besten Nachrichten. Meine Frau hat den Brief nicht mehr erhalten, den ich ihr von Bonn aus nach Erlangen schrieb.4 Sie sollte mir noch Geld mitbringen. Nun fehlt es einigermaßen, wie ich besorge, an ausreichenden Mitteln, um bis Erlangen zurück zu kommen. Es wäre doch schlimm, wenn wir irgendwo liegen bleiben müßten. Darum meine Bitte, lieber Vater, daß Du uns aus der Klemme helfen wollest. Sei so gut und schicke mir zwanzig Thaler in Papier nach Frankfurt am Main poste restante5. Wir wollen von dort aus nach Friedrichsdorf bei Homburg, um uns die Mädchenerziehungsanstalt anzusehen, wohin wir unser Luischen im Herbst zu bringen gedenken; doch soll diese vorläufig noch nichts davon wissen, bis es bestimmt ist.

Meine Frau grüßt Dich und die liebe Mutter auf’s herzlichste.

In treuer Verehrung und Liebe
Dein Sohn
Karl Hegel.