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Georg Gottfried Gervinus an Karl Hegel, Heidelberg, 20. November 1866

Lieber Erich.1

Hier folgt die Quittung mit meinem besten Danke.

Der Vorlesungsplan hat bis jetzt nur im Badischen an beiden Universitäten Beifall gefunden; Waitz und Sybel haben sich auch durch eine Sammlung abgekauft, in München weist es Giesebrecht in größter Verstimmung von sich, von dem man mir sagt, er scheine aus Verdruß über Geibels Behandlung nur auf die Gelegenheit zu warten München und Baiern zu verlassen. Unser Aufruf hat, wo wir nicht persönlich nach halfen, so gut wie keinen Erfolg gehabt. Ich dachte mir das wohl. Stein ist kein Name der im Volke zieht. Als Comitéleiter2 dürfte ich dies freilich nicht sagen.3

Auch uns war es eine Freude Dich, einmal wieder bei uns gesehen zu haben; Schade daß man nicht mehr und geflissentlicher sich aufsucht. Es kommt die Zeit wo man es zu spät beklagt. Meiner Frau geht es Gottlob nun regelmäßig, wenn auch langsam besser. Ihr Zustand war für sie ½ Jahr lang in Wahrheit sehr peinvoll, und wurde es zuletzt mir selber. Seit sie wieder ausgehen und spielen darf, ist schon ihr Humor so viel besser geworden, daß dieß allein nothwendig gut auf ihr ganzes Befinden weiter wirken muß.4

Freut Ihr Euch inzwischen an euer Jugend.5 Etwas der Art haben wir jetzt auch im Hause. Eine junge Wildbadnerin von einer sehr schönen Stimme und musikalischen Anlagen ist für den Winter bei uns, an der wir große Freude haben. Zum Glück ist meine Frau so weit, daß sie sie begleiten darf. Es wird ihr leichter über den Winter helfen.

Den Gedanken im Frühling oder Sommer bei euch einmal anzuklopfen, haben wir nicht aus den Augen verloren. Mit herzlichsten Grüßen an alle die Deinigen.

Dein stets getreuer
Gervin.