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Karl Hegel an Susanna Maria Hegel, geb. Tucher, Egloffstein, 13. August 1869

Liebe Frau!

Guten Morgen Dir und den Kindern! Welch‘ schöner Tag!

Gestern Abend um 6 Uhr kamen wir hier zu Fuß an. Der Weg von Wiesenthau her über Leutenbach und bei St. Moritz vorüber war sehr schön. Hernach geht es auf der Höhe fort bis hierher.

Da ich von oben hereinkam schien es mir am zweckmäßigsten gleich meinen Besuch im Schloß zu machen. Wir fanden die Frau Obmännin noch ganz beweglich und wohl auf, dort auch die Knaben des Obersten, die sich auf unsern Georg schon lang gefreut. Georg soll dem älteren Hans in Latein Stunden geben! Das wird für ihn selbst die beste Art sein die Elemente zu repetiren!

Das Pfarrhaus ist in der Mitte der Höhe, an welcher Egloffstein sich bis zum Schloß hinaufzieht. Wir kamen gegen 7 Uhr und störten beim Essen, wurden aber sehr freundlich empfangen und bewirthet, nachdem wir schon bei der Frau Obmännin Bier und Butterbrod genossen hatten. Das Haus ist ein wahres Muster von Sauberkeit und Ordnung; Georg ist dort sehr gut aufgehoben; sein Stübchen sieht auf Garten und Berg gegenüber und liegt hinter dem der beiden netten Mädchen.

Die Frau Pfarrerin ist sehr gut und freundlich; sie hat nur ein einziges Kind, ein Mädchen Anna von 1 ½ Jahren, welches schon viel mehr plaudert als unser Gottliebchen.

Ich will heute Vormittag um 10 Uhr aufbrechen zu Fuß nach Pretzfeld, da es keine andere Gelegenheit giebt, und sehen, wie ich von dort weiter komme.

Gestern fanden wir in Forchheim eine schöne Fahrgelegenheit bis Reut und ich freute mich über den raschen Vorsprung; aber o Schrecken! Beim Aussteigen fand sich, daß Georg der auf dem Bock saß, meinen Stock nebst Schawl nicht bei sich hatte, und ich mußte einen Jungen nach Forchheim zurückschicken, was uns 1 ½ Stunden aufhielt; dann hatten wir noch gute drei Stunden zu gehen.

Frau Pfarrerin sagte mir, daß wöchentlich einmal ein Bote oder Bötin zwischen Erlangen und hier gehe: es ist zu erfragen beim Bäcker Haller gegenüber der Heuwage. Er geht von hier am Freitag und kommt Sonntag nach Egloffstein zurück. Du kannst also was Du an Georg senden willst, wenn es keine Eile damit hat, mit diser Gelegenheit in der nächsten Woche schicken, falls es nicht schon morgen aufgegeben werden kann.

Herrn Pfarrer Kleinknecht kennst Du; er ist beweglich und thätig, ein noch junger Mann, der unsern Georg richtig zu nehmen wissen wird.

Von der Frau Obermännin herzliche Grüße. Von Herrn und Frau Pfarrerin werde ich solche sicherlich auch erhalten, die ich zum voraus bestelle.

Ich gehe jetzt hinauf nach den Anlagen beim Schloß, dann in die Kirche, wo der Pfarrer um 9 Uhr Gottesdienst hat.

Lebe wohl, liebe Susi; ich grüße Kinder und Leute

 Innigst
 der Deinige
Carl Hegel.