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Karl Hegel an Bernhard Jülg, Erlangen, 23. September 1868

Hochgeehrter Herr College!

Empfangen Sie meinen herzlichen Dank für Ihre gütige Sendung.

Die mongolischen Märchen, so weit ich sie bis jetzt gelesen und mit gewissen Reticenzen auch meiner Familie vorgelesen habe, haben uns viele Unterhaltung gewährt und zum Theil bei Jung und Alt große Heiterkeit erregt, so beispielsweise ganz besonders ‚der Vielfraß1. Recht komisch ist meist die Wendung mit einer trockenen Sentenz oder Betrachtung, welche den anmuthigen Schlußrefrain herbeigeführt, und interessant überall der Hintergrund mongolischen Wesens, roher Sitte und grober Naturanschauung. Sie haben gewiß unendlich viel Mühe und Gelehrsamkeit aufwenden müssen, um diesen Erzählungen aus einer ohne Zweifel ebenso ungebildeten sprachlichen Form heraus das freundliche und helle Gewand unserer lieben Muttersprache anzulegen. Auch der schöne splendide Druck ist für das Auge sehr wohlgefällig.

Also noch einmal sei Ihnen bestens gedankt.

Dem Bonner Fest2 verdanke ich wie so vieles Schöne und Gute, auch Ihre liebe Bekanntschaft. Hoffentlich sind wir uns nicht zum letzten, wie zum ersten Mal begegnet. Doch für jetzt durchkreuzen sich unsere Wege. Sie gehen nach Würzburg zur Philologenversammlung3, wohin auch einige meiner hiesigen Collegen, Keil und Raumer (so viel ich weiß) kommen wollen, und ich in entgegesetzter Richtung nach München zur Jahressitzung der historischen Commission, welche am 30. dieses Monats beginnt4. Sollten Sie sich auf dem Rückweg in München aufhalten, so könnte es wohl sein, daß Sie mich dort noch träfen – im Goldenen Bären; doch weiß ich nicht, wie lange die Sitzungen und somit auch mein Aufenhalt in München dauern werden. Von da will ich noch auf 2 Wochen nach Straßburg meiner Chroniken wegen.5

Ich bitte Professor Ficker bestens von mir zu grüßen.

In aufrichtiger Verehrung
Ihr ergebenster
Carl Hegel.