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Karl Hegel an Immanuel Hegel, Erlangen, 29. April 1870

Lieber Manuel!

Ich danke herzlich für Deine rasche Besorgung meiner Geldangelegenheit, mit deren Abwicklung ich wohl zufrieden bin. Herr Theodor Voigt hat mir schon am 27., an welchem Tage Dein Brief1 an mich geschrieben ist, den Empfang der 1000 Thaler franco angezeigt. Seine Wohnung weiß ich selber nicht, aber sein Name ist bekannt in Leipzig, und er steht in Geschäftsverbindung mit der Tucherischen Brauerei in Nürnberg, wodurch auch ich an ihn gekommen bin. Ich hatte Gelegenheit mein Geld, wie ich meine, ebenso sicher und vortheilhafter dort in neuen Altenburg-Zeitzer Actien anzulegen, welche ich wohl nicht ergriffen hätte, wenn ich nicht gerade ein kleines Capital vom lieben Vater ausgezahlt bekommen hätte2, für dessen Unterbringung ich sorgen mußte und das ich nun gleichfalls in jenen Actien angelegt habe. Die Auszahlung des Capitals von 1000 Thalern von Seiten des lieben Vaters erfolgte zum Zweck der Gleichstellung meiner Frau und der anderen Geschwister mit Schwester Caroline, welche eines solchen bedurfte. Ihre ansehnliche Aussteuer, welche die caution bei Ihrer Verheiratung nothwendig machte, hat uns bereits ein viel Bedeutenderes eingebracht. Und doch muß ich auf gute Zinsen sehen, damit ich ausreiche, weil mein Haushalt und dazu die Pension für das auswärtige Kind, welche zwei Jahre lang fortgeht, für hiesige Verhältnisse sehr viel verschlingt. Mein Einkommen von der Universität beträgt kaum die Hälfte dessen, was ich jährlich brauche.

Es ist mir lieb zu hören, daß die Wahl des Künstlers von Seiten des Denkmal-Comité’s Deinen Beifall hat. Übrigens war es nicht freundlich, daß nicht Michelet wenigstens Dir persönlich Mittheilung von dem Beschluß gemacht hat. Besonders erwünscht ist auch, daß die Büste bis zum 27. August3 fertig werden soll.

Schmidtleins Abreise von hier wurde durch langes Unwohlsein verzögert. Es freut mich, daß er sich wohl in Berlin befindet und so hoffentlich auch seine Frau. Grüße sie beide von mir, wenn Du sie noch siehst. Eigentlich sollte er schon wieder hier sein, denn unsere Vorlesungen haben in dieser Woche angefangen. Stintzing ist bereits seit voriger Woche in Bonn; sein Nachfolger liest schon, aber ich habe ihn merkwürdiger Weise noch nicht einmal gesehen, da er, wie ich höre, erst mit seiner Frau, die auch in Nürnberg ist, Besuche machen will.

Meine Frau ist seit gestern in Nürnberg, Annchen wieder von dort zurück. Am nächsten Montag soll doch ein Polterabend sein und wir sind eingeladen, aber ich kann wegen meiner Nachmittagsvorlesung schwerlich hinkommen, und aussetzen will ich nicht.

Ich bedaure sehr, daß Du uns keine Hoffnung auf den Besuch meiner lieben Nichte machen kannst. Doch begreife ich wohl das Hinderniß. Indessen stellst Du die Sache nach weiterer Erwägung anheim; so wollen wir die Hoffnung nicht aufgeben.

Herzliche Grüße an die liebe Clara und die Kinder.

Dein
Bruder Karl.