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Rudolfe Reuss an Karl Hegel, Straßburg, 5. März 1871

Hochgeehrtester Herr Professor!

Sie werden gütigst entschuldigen wenn ich jetzt erst für die Zusendung des zweiten Bandes des Königshofen meinen ergebensten Dank ausspreche.1 Es wird mir schwer anders als mit den schmerzlichsten Gefühlen dieses letzte Erzeugniß Ihres wissenschaftlichen Fleißes zu durchgehen, da mir auf jeder Seite die Erinnerungen an das was nicht war und die Ahnungen über das was nun sein wird, wie Schatten vor den Augen emporsteigen und auf dem Blatte sich die Ruinen all abzuspiegeln scheinen, jenes wüsten Trümmerhaufens, der nicht unsre herrlichen Schätze umfing, und den die Deutschen Brandbügeler2 zu einem 3 des elsässischen Forschens und Strebens ausgebrannt haben. Indessen vergesse ich nicht daß wir Ihnen gerade Dank schulden, der Sie uns, kurz vor Thoresschluß noch, wenn ich mich so ausdrücken darf, Einiges wenigstens aus dem ungeahnten Verderben entrissen haben.4 Ach! wenn wir ein halbes Dutzend nur so trefflicher Arbeiten, wie Ihr Königshofen es ist, besäßen, und ein halbes Dutzend gleich werthvoller Editionen der wichtigsten andren historischen Schätze, welche die Bibliothek umfaßte, könnte man sich schon trösten! Aber nun sind alle die vielen Chroniken des XVIten und XVIIten Jahrhunderts spurlos verschwunden; wie wird es möglich sein Straßburger Geschichte zu jener Zeit je wieder auf genügende Weise zu schreiben!

Meine Eltern, sowie Professor Cunitz befinden sich so ziemlich wohl und lassen sich Ihnen empfehlen. Mit hochachtungsvollster Ergebenheit der Ihrige

RudReuß