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Karl Hegel an Karl Halm, Erlangen, 16. Januar 1872

Verehrtester Herr College!

Ich bedaure die Ungelegenheit, welche meine letzte Sendung veranlaßte, und lege die schuldigen 7 Kreuzer hier bei. Seltsamer Weise erhielt ich bei der Altsendung die vorliegende Bescheinigung über die Recommandationsgebühr, ohne diese zu bezahlen, und nachträglich die Auskunft, daß der Adressat dieselbe zu bezahlen habe. Es ist dies, wie es scheint, eine Einrichtung des neuen Postreglements auf Grund des erlassenen Reichsgesetzes. Künftighin werde ich also gar nicht recommandiren oder frei machen.

Ich lasse Ihnen eine gedruckte Mittheilung nebst Facsimile in Folio1 zugehen, welche mir von T. O. Weigel zugekommen ist, der meine Verwendung zum Ankauf der Handschrift in München wünscht. Die Handschrift ist gewiß werthvoll als Abschrift und Fortsetzung der Straßburger Chronik von Königshofen aus dem 15. Jahrhundert. Aus der Dedication des Besitzers Herrn von Fevret2 entnehme ich, daß sie in Weißenburg erworben wurde. Sie war bis dahin unbekannt. Zur näheren Beurtheilung habe ich die Zusendung derselben von Weigel verlangt, welche mir jedoch abgeschlagen wurde. Daß sie den Text Königshofens vom Jahr 1382 enthalte, welcher anderweitig nicht vorliegt – sondern nur in Königshofens eigener späterer Bearbeitung von 1400 – wie in der Mittheilung behauptet wird, glaube ich schon nach der abgedruckten Capiteleintheilung nicht. Die Dedication der Mittheilung ist an den Kronprinzen von Preußen gerichtet, der also die Handschrift kaufen soll. Ich vermuthe, daß T. O. Weigel nur ein anderes Angebot von München haben will, um den Preis zu steigern.

Ich bitte um gefällige Zurücksendung der 2 Bogen.

Mit freundlichem Gruß
der Ihrige
Carl Hegel.