Immanuel Hegel an Karl Hegel, Berlin, 26. September 1872
Auf Deinen lieben Brief vom 22sten dieses Monats1 will ich Dir nur mit wenig Worten aussprechen, wie herzlich wir uns darauf freuen, Dich mit Susanna und Anna nun bestimmt und zwar am Dienstag2 Abend zu unserem Hochzeitsfest erwarten zu dürfen.3 Vielleicht könnt Ihr Euch gleich zur Fahrt hierher mit Mangelsdorfs in Leipzig vereinigen, welche auch unsere Einladung freundlich angenommen haben. Für Susanna und Anna haben wir in unserem Hause ohne alle Schwierigkeit bequemes Quartier, da uns Büschers dazu ein im oberen Stock des Giebels befindliches Zimmer mit 2 Betten einräumen werden. Für Dich ließe sich zur Noth auch ein Obdach in Willis Zimmer einrichten; weil dasselbe aber unvermeidlich auch anderweit benutzt werden muß, so würde Deine Bequemlichkeit darin mannigfach gestört werden, und ich werde daher im Thiergartenhotel am Potsdammerthor für Dich auf Deinen Wunsch ein Zimmer bestellen. Die anderen auswärtigen Gäste werden vermuthlich auch dort logiren.
Für Deine brüderlichen Glückwünsche zu meinem Geburtstag4 danke ich Dir herzlich. Wenn man an solchem Tage sich immer sagen muß: „ein Jahr geht nach dem andren hin, und unser Werk bleibt liegen“5, so habe ich doch reichlich Ursache, Gott für viele Gnade und Segen zu danken, der mir in meinem Hause, und dieses bleibt die wichtigste Grundlage unserer Zufriedenheit, zu Theil geworden ist. Das neue Lebensjahr beginnt fröhlich und glücklich mit einem verheißungsreichen Hochzeitsfest; im weiteren Verlauf wird es vermuthlich ein sehr bewegtes, vielleicht das stürmischste meines Lebens werden; Gott, der Herr wird aber überall gnädiglich durchhelfen!
Ueber Alles Einzelne werden wir uns hoffentlich bald mündlich aussprechen können. Vor Allem wünsche ich von Herzen einen befriedigenden Erfolg Deiner Entschließung über Eures Georgs künftigen Beruf und seine nächste Versorgung. Es ist jedenfalls gut, daß Du ihn in der Nähe behalten wirst und es wird gewiß in Nürnberg auch die verwandtschaftliche Ansprache, Obhut und Fürsorge einen belebenden und zugleich bewahrenden Einfluß ausüben.
Herzliche Grüße von den Meinen an Dich, und Deine Lieben in und außer dem Hause. Das junge Ehepaar wird sich nun in der eigenen Häuslichkeit glücklich fühlen und zugleich mit Freude sich der reichen Eindrücke von der schönen Reise im Süden erinnern.
Also bis auf frohes Wiedersehen
Immanuel