Für Ihr liebevoll theilnehmendes Schreiben bei dem bitteren Verlust meines Kindes sage ich Ihnen meinen herzlichen Dank. Ich kann den Schmerz noch immer nicht verwinden und sein Stachel wird immerfort in meiner Seele zurückbleiben. Auch hat sich mir das Gefühl von der Vergänglichkeit alles menschlichen Lebens mir so tief eingeprägt als in diesem Fall, wo ich das fröhlich aufblühende Leben eines lieben und in aller Weise liebenswürdigen und hoffnungsvollen Kindes mir plötzlich für immer entrissen sah.1 – |
Jetzt hoffe ich in kurzer Zeit Sie wiederzusehen, denn ich gedenke die bevorstehende Pfingstversammlung2 in Bremen zu besuchen. Es bestimmt mich zu dieser weiten Reise besonders der Wunsch, die Städte Bremen und vielleicht auch Hannover kennen zu lernen, in Bremen mich mit Dr. von Bippen wegen Bearbeitung der BremischenChroniken näher zu verständigen, die Handschriften und das sonstige archivalische Material, wenn auch nur oberflächlich, einzusehen, sodann auch von ProfessorMantels, von welchem ich seit vorigem Herbst gar keine Mittheilung mehr über seine Arbeit erhalten habe, zu hören, wie es damit steht.3
Meine Reise führt mich über Göttingen, wo ich mich Ihnen und den andern Göttinger Freunden, den Gefährten vom vorigen Jahr, auf der Weiterfahrt am zweiten Pfingsttage anzuschließen wünsche. | Auf Pauli und Frensdorff wenigstens, welche Vorträge angekündigt haben, ist mit Sicherheit zu rechnen; doch wird auch wohl Sartorius uns nicht fehlen, der treffliche Schnarcher von Goslar!
In Bremen werde ich mich zuvor ankündigen, um mit den Göttingern in dem gleichen Gasthof4 zu wohnen.
Ich bitte mich vorläufig Ihrer Frau Gemahlin und Fräulein Tochter5 zu empfehlen, die ich bald auch persönlich zu begrüßen hoffe.
Waitz, GeorgGeorg Waitz
HiKo
11905914218131886Waitz, Georg (1813–1886), in Flensburg geborener Historiker, der nach einem breiten geisteswissenschaftlichen, juristischen und theologischen Studium an den Universitäten Kiel und Berlin 1836 promoviert wurde. Nach seiner Tätigkeit bei den Monumenta Germaniae Historica wurde er 1842 ordentlicher Professor der Geschichtswissenschaft an der Universität Kiel, wechselte 1848 als Ordinarius an die Universität Göttingen und wurde 1858 Gründungsmitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München. Als er 1875 Präsident der Monumenta Germaniae Historica in Berlin wurde, ging er gleichzeitig an die Universität Berlin. Er war in erster Ehe mit Clara Schelling (1818–1857), einer Tochter des Philosophen Friedrich Wilhelm Schelling (1775–1854), verheiratet, in zweiter Ehe mit Helene Franziska Friederike Hartmann (1831–1915), einer Tochter des Generals Georg Julius Hartmann (1774–1856).
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Bundesarchiv Berlin: Nachlaß Waitz, N 2321
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BA Berlin1000
Neuhaus
, Helmut (Hg.): Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, Köln, Weimar, Wien 2013.
Neuhaus
, Karl Hegels Gedenkbuch
2013
Kreis
, Marion: Karl Hegel. Geschichtswissenschaftliche Bedeutung und wissenschaftsgeschichtlicher Standort (= Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 84), Göttingen, Bristol, CT, USA 2012.
Kreis
, Geschichtswissenschaftliche Bedeutung
2012
Hegel, Gottlieb (Friedrich)Gottlieb Friedrich Hegel-18671874Hegel, Gottlieb (Friedrich) (1867–1874), achtes und jüngstes Kind Karl und Susanna Maria Hegels (1826–1878). Er wurde am 22. November 1867 im elterlichen Haus in Erlangen geboren und starb dort am 31. März 1874 an der Bräune.
Bippen, Wilhelm11618867718441923Bippen, Wilhelm (1844–1923), in Lübeck geborener Archivar und Historiker, der von 1864 bis 1868 an den Universitäten Bonn und Göttingen Rechtswissenschaften und Geschichte studierte. Im Jahre 1875 wurde er Staats- und Stadtarchivar in Bremen.
Mantels, Wilhelm11673542218161879Mantels, Wilhelm (1816–1879), in Hamburg geborener Pädagoge, Historiker und Bibliothekar, der von 1836 bis 1843 an den Universitäten Berlin, Leipzig und München Theologie und Philologie, ferner Altertumswissenschaften und Geschichte studierte und von 1853 bis 1874 hauptberuflich Gymnasiallehrer für Latein, Deutsch und Geschichte am Katharineum in Lübeck war.
Pauli, ReinholdReinhold Pauli11606501X18231882Pauli, Reinhold (1823–1882), in Berlin geborener Historiker, der von 1842 bis 1846 an den Universitäten Berlin und Bonn studierte und 1846 promoviert wurde. Fast ein Jahrzehnt lang lebte und arbeitete er in England und widmete sich in Edinburgh, Oxford, Cambridge und London vor allem der englischen Geschichte in zahlreichen grundlegenden Werken. Im Jahre 1855 ging er als Privatdozent an die Universität Bonn, war 1855/56 Privatgelehrter in München als Gast des bayerischen Königs Maximilian II. Joseph (1811–1864), wurde 1857 als Nachfolger Karl Hegels ordentlicher Professor an der Universität Rostock und wechselte 1859 an die Universität Tübingen, 1867 an die Universität Marburg und 1870 an die Universität Göttingen.
Frensdorff, FerdinandFerdinand Frensdorffhttps://www.deutsche-biographie.de/sfz17060.html#ndbconte11677010418331931Frensdorff, Ferdinand (1833–1931), in Hannover geborener Jurist und Historiker, der von 1853 bis 1857 an den Universitäten Heidelberg, Berlin, Leipzig und Göttingen Rechtswissenschaften studierte und 1857 in Göttingen promoviert wurde. Er war Mitarbeiter Karl Hegels bei dem Editionsunternehmen „Die Chroniken der deutschen Städte“ der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Im Jahre 1863 habilitierte er sich an der Universität Göttingen und wurde 1866 außerordentlicher, dann dort von 1873 an bis zu seinem Lebensende ordentlicher Professor der Rechtswissenschaften und Rechtsgeschichte. Im Studienjahr 1887/88 war er Rektor der Universität Göttingen.
Sartorius, Georg Friedrich 10040547917651828Sartorius, Georg Friedrich (1765–1828), seit 1827 Freiherr von Waltershausen, war Historiker und Politiker sowie Professor an der Universität Göttingen, und insbesondere mit Forschungen zur Hansegeschichte befasst.
Hartmann, Helene Franziska Friederike, verh. Waitz11711533918311915Hartmann, Helene Franziska Friederike (1831–1915), Tochter des Gernerals Georg Julius Hartmann (1774–1856), war die zweite Ehefrau des Historikers Georg Waitz (1813–1886), die er 1861, vier Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau Clara Waitz, geb. Schelling (1818–1857), heiratete.
Waitz, Clara Franziska Albertine, verh. Steindorff11725140218571912Waitz, Clara Franziska Albertine (1857–1912), Tochter des Historikers Georg Waitz (1813–1886) aus dessen erster Ehe mit Clara Schelling (1818–1857) und Ehefrau des Historikers Ernst Ludwig Hans Steindorff (1831–1915).
Bremen53.0758196,8.8071646Alte Hansestadt, am Unterlauf der Weser nahe der Mündung in die Nordsee gelegen, die neben Frankfurt am Main, Hamburg und Lübeck die vierte Freie Stadt des Deutschen Bundes war.
Hannover (Stadt)52.3744779,9.7385532Ehemalige welfische Residenz- und Festungsstadt und bis 1866 Hauptstadt des Königreichs Hannover, dann Hauptstadt der preußischen Provinz Hannover, etwa 300 Kilometer westlich von Berlin an der Leine gelegen.
Göttingen51.5328328,9.9351811Circa 100 Kilometer südlich von Hannover und südwestlich des Harzes gelegene Stadt mit einer 1737 eröffneten Universität.
Goslar51.9059936,10.4266284Etwa 50 Kilometer nordwestlich von Blankenburg am Nordrand des Harzes gelegene Bergbau- und ehemalige Reichsstadt des Heiligen Römischen Reiches mit Sitz einer Kaiserpfalz seit dem 10. Jahrhundert.
BremischZu Bremen gehörend, auf Bremen bezogen, Bremen zuzuordnen.
Chronik(en), Chroniken der deutschen Städte (Städtechroniken), chronikalische DenkmälerEdition „Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert“, von 1862 bis 1899 hrsg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften durch Karl Hegel (1813-1901); auch allgemein: auf die Antike zurückgehende geschichtliche Darstellung, in der die Ereignisse in zeitlich genauer Reihenfolge, dabei aber, im Gegensatz zu den formal strengeren Annalen, in größeren Zeitabschnitten aufgezeichnet werden, auch im Sinne von: Lebensläufen.
ArchivalischAuf Archivalien bezogen, ein oder mehrere Archive betreffend, eine archivalische Tätigkeit ausüben, zu einem oder mehreren Archiven gehörend, darin enthalten, daraus stammend.
Professor, ProfeßorBerufs- oder Amtsbezeichnung und Anrede für den Inhaber einer Professur an einer Universität oder Hochschule, wobei nicht jeder Professor eine Professur bekleidet; früher auch Bezeichnung für einen Gymnasiallehrer (Gymnasial-Professor) bzw. Lehrer an einer Lateinschule.
GöttingerZu Göttingen gehörend, Göttingen zuzuordnen, auf Göttingen bezogen.
SchnarcherDespektierliche Bezeichnugn für einen Menschen, der von anderen bei Ausführungen seiner Arbeiten als überaus langsam bzw. insgesamt als überhaus behäbig und eher faul angesehen wird.
Hillmanns Hotel, BremenHotel mit einer der ersten Adressen von Bremen in einem Prachtbau 1847 am Herdentor in Bremen eröffnet, im Laufe der Zeit laufend renoviert und verändert.
Mehrere Registerverweise
Zitierempfehlung
Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers Karl Hegel (1813-1901), bearbeitet von Helmut Neuhaus und Marion Kreis