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Karl Hegel an Georg Waitz, Erlangen, 6. Mai 1875

Theurer Freund!

Das massenhafte Opus des Corner, ein wirklicher Ballen, ist richtig in meine Hände gekommen, und ich werde mich möglichst bald darüber hermachen. Ihren Rath, mehr das Einzelne ins Auge zu fassen, werde ich um so mehr befolgen, als ich mich erst selbst mit dem Einzelnen bekannt machen muß. Eine theilweise Vergleichung der Handschriften wurde nöthig sein und werde ich mir, was ich brauche, kommen lassen. Zwei Monate habe ich nach den Statuten Zeit; danach werde ich mich einrichten. Unterdeß werde ich meine Arbeit über Dino Compagni, mit welchem ich doch zu einem anderen Endergebniß als die Scheffer-Boichorstschen Hypothese, drucken lassen.

Die Sorge um die Monumenta wird Sie begreiflich jetzt hauptsächlich beschäftigen. Vor allem brauchen Sie neue Hülfsarbeiter, da Sie nur noch auf Einen sicher rechnen können. Ich habe doch geglaubt, daß schon viel mehr, als geschehen, vorgearbeitet sei. Recht peinlich ist dabei die fortdauernde Ungewißheit Ihrer persönlichen Stellung und für die Sache selbst nichts mehr zu wünschen als daß sie bald aufhören möge.1

Nach Hamburg zum Hanseatischen Geschichtsverein zu gehen, habe ich diesmal keine specielle Veranlassung. Auch finde ich zu Hause genug zu thun, mit Arbeit wie mit Familienangelegenheiten. Der Druck der Cölnischen Chroniken ist bis zum 9. Bogen fortgeschritten und steht noch bei Gotfried Hagen; wenn es gut geht, bringe ich den Band bis zur Herbstsession fertig.

Gestern begingen wir hier die Herzfeier mit festlichem Aufzug, Festrede von Professor Brinz und Enthüllung des Denkmals in Erz von Zumbusch. Es war eine große Ovation, dem vortrefflichen Mann und menschenfreundlichen Arzt von Seiten der Stadt und Bürgerschaft, zahlreicher Schüler und Verehrer wie Judengenossen dargebracht, auch mit Betheiligung der Universität, welcher der Gefeierte als vorzüglicher und eifriger Lehrer angehörte, doch hätten wir ein geringeres Maß der Huldigung dem bescheidenen Sinne des Mannes für angemessener und eine theilweise andere Verwendung der aufgebrachten bedeutenden Geldmittel, um sein Andenken zu ehren, für entsprechender gehalten.2

Mit dem herzlichen Wunsch, Sie von der Sorge um häusliche Krankheit befreit zu wissen
Ihr treu ergebener
Carl Hegel.