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Alfred Reumont an Karl Hegel, Bonn, 6. August 1875

Verehrter Herr Professor

Nach vierter halbmonatlicher Abwesenheit heimgekehrt, habe ich Ihre Dino-Schrift vorgefunden, und so eben deren Lectüre beendigt. Es macht mir große Freude Ihnen sagen zu können daß ich im Ganzen Ihre Ansichten theile. Manches was Sie bemerken, habe ich mir schon selber gesagt; Anderes haben Sie mir vorgeführt und mich durch Ihre Argumentation vollkommen befriedigt. Vielleicht glaube ich an die wol im 15. Jahrhundert vorgenommene Zurechtstutzung des Buches nicht in dem Maße wie Sie eine solche anzunehmen scheinen, aber in der Hauptsache bin ich mit Ihnen einverstanden. Einzelnes was die Gegner einwerfen, historisch wie sprachlich, wird sich auch noch beseitigen lassen, durch urkunden wie durch Beweisstellen der Autoren. Beispielsweise citire ich das angebliche Verbot der Anwesenheit der Frau eines Podestà, welches man gegen die Chronik ins Feld geführt hat, und das auch von Ihnen benutzte renire in piazza, was ganz einfach einen Auftritt auf offener Straße bedeutet. Ich bedauere daß DelLuno’s Druck so langsam fortschreitet. Der Mann ist zu beschäftigt, und dann kommt etwas von der italienischen Bequemlichkeit dazu. Haben Sie sich doch um auch beim Sanzanonci durch Hartwig das Prävenire spielen lassen. Vor 15 Monaten habe ich den Florentiner Druck in der Hand gehabt, und der betreffende Band der Deputazione di Storia patrica ist auch nicht heraus!

Unterdesen schreibt mir der gute alte Capponi folgendes was Ihnen Freude machen wird. „Sta aveto del Signor Hegel ist su scritto sopra Dino Compagni1. Mi è sembrato oepra d’una testa bene ordinata, e diligente, e non ho altro motivo che die riegra- ziarlo, perchè dopo aver fatto L’strallo die quella mia nota insieme al quello delle altre cose siette in Italie, dichiara indlinare all’opinione mi se quell’argomento. Di ciò non mi pare che io levaringcaziardlo, me solamente pregare Lei che lo faccia in mio nome.“ Die Übereinstimmung der Ansichten ist freilich cum grano salis zu verstehen; aber in Bezug auf die Aechtheit der Haupt-Erzählung und den Karakter des Autors in die spätere Ueberarbeitung sind Sie derselben Meinung enbloc.

Es ist mir in diesen wenigen Tagen noch nicht möglich gewesen, Hartwigs Quartheft vorzunehmen. Die Florentiner dürfen sich jedenfalls über Vernachlässigung ihrer Geschichte in Teutschland nicht beklagen.

Leben Sie wohl und glauben Sie mich stehts
Aufrichtig den Ihrigen
Alfred Reumont