Ich erwiedere Deine vorausgegangenen Glückwünsche1 am Neujahrstage, und um mit dem Guten, was ich Dir und Deinen Lieben für das begonnene Jahr wünsche, einen Anfang zu machen, verspreche ich Dir fortan, wenigstens am 1. Tag jedes Monats von uns Nachricht zu geben und bitte Dich in gleicher Regelmäßigkeit Mitte des Monats zu schreiben. Auf solche Weise wird am besten der bloße Zufall längeren Stillschweigens vermieden und eine erfreuliche constante Wechselbeziehung unterhalten.
Die letzte Woche des vergangenen Jahres war in unserem Hause eine freudig bewegte. Am Tage vor dem Weihnachtsfest kam das junge Ehepaar aus München an und blieb eine Woche bei uns. Zum ersten Mal kehrte unsere Anna wieder, als junge Frau, in das elterliche Haus zurück. Sie war wie ihr Felix glücklich und heiter. Beide haben sich gut in einander gefunden und ihre Lebensgewohnheiten sich angepaßt. Beide sind strebsame Naturen und abgeneigt sich mit gleichgültigen Dingen viel zu befassen. Am Weihnachtsabend haben sie uns mit Versen und Zeichnungen überrascht, worin sie uns ihr häusliches Wesen veranschaulichen wollten. Die liebe Mama von Nürnberg konnte ihren lang gehegten Vorsatz, das Weihnachtsfest mit uns zu feiern, wirklich zur Ausführung bringen; sie kam mit ihrem Sohn Friedrich am ersten Festtage, an welchem deßhalb auch erst die Bescherung bei uns stattfand, und blieb zwei Tage. Felix und Anna wohnten in der Gaststube, die Mama bei Mariechen in deren Zimmer, welches früher Anna gehörte, Sophiechen war zu Lommels ausquartiert. Lommels bescherten am Heiligen Abend, und meine Susanna machte ihre erste Ausfahrt dorthin. Sie war 14 Tage lang krank gewesen und lag einige Tage zu Bett an einem schmerzhaften, doch leichten, Gliederrheumatismus. Die durch die lieben Besuche noch mehr erregten Festtage haben sie gar etwas angegriffen2, doch befindet sie sich jetzt wieder besser und ist gestern zu Fuß zu Luise gegangen. So haben wir das neue Jahr miteinander im Gefühl des Danks gegen Gott glücklich angetreten. Möge es weiter so fort gehen!
Auch Ihr seid durch den Besuch aus Waldenburg erfreut worden, woran wir herzlichen Antheil genommen. Ich denke, Marie und Conrädchen werden längere Zeit bei den Eltern Bitter und bei Euch verweilen, und Du wirst in diesen Tagen eine reiche Herzenserquickung erfahren haben, um Dich für die anstrengende Arbeit und manchen Verdruß bei der Generalsynode zu entschädigen. Von den Verhandlungen in dieser habe ich nur obenhin aus der Kreuzzeitung Kenntniß genommen, und daraus ersehen, wie Du manchmal vergebens das Bessere angestrebt hast. Wie viel oder auch wie wenig auf die angenommenen Verfassungsbestimmungen ankommt, kann nur die Erfahrung in der Zukunft lehren.
Bei uns hat die Wahl der Kirchenvorstände und die ganze Synodalverfassung wenig genug zu bedeuten. Die Einführung der Civilehe, welche mit dem heutigen Tage im diesseitigen Baiern beginnt, ist von dem Oberconsistorium in einer kurzen Ansprache und Ermahnung verkündigt worden, welche gestern Nachmittag in der Kirche verlesen wurde. Unser Pfarrer bezog sich auf die traurigen kirchlichen Zustände in der Hauptstadt des Reichs als abschreckendes Beispiel.
Waitz schrieb mir vor einigen Tagen, daß die Commission der Monumenta Germaniae dismal schon zu Anfang März zusammen kommen solle. Da hoffe ich Euch alle schon in zwei Monaten wieder zu sehen. Mein College von Raumer ist zur Berathung über die deutsche Rechtschreibung nach Berlin einberufen, die am 4. dieses Monats beginnen soll. Er ist conservativ und verständig und wird seine Sache gewiß gut machen, wenngleich es nicht leicht sein wird, die gelehrten Köpfe und Ansichten zu vereinigen.
Susanna sendet herzliche Grüße. Ich grüße die liebe Clara und Eure Kinder.