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Elias Steinmeyer an Karl Hegel, Straßburg, 21. November 1876

Hochverehrter Herr Professor,2

Indem ich Ihnen für Ihre ehrenden Zeilen vom 18 dieses Monats3 meinen herzlichsten Dank ausspreche, beeile ich mich, Ihnen über die Bonner Angelegenheit die gewünschten Mittheilungen zu geben. Von einer Berufung dorthin ist bisher noch nicht die Rede, sondern die Facultät hatte im August dieses Jahres Scherer, mich und Sievers vorgeschlagen; aber das Preußische Cultusministerium remittierte diese Vorschläge, weil es Professor Siveres ! nach Berlin zu berufen gedenke und weil ich hier in Straßburg sein Nachfolger werden solle. Die Facultät musste also neue Vorschläge machen, und bei dieser Gelegenheit wurde ich von Prof. Usener aufgefordert eine Erklärung abzugeben, die dahin lautete dass ich einer Professur in Bonn einer solchen in Straßburg vorzöge. Das habe ich dann alsbald, vor etwa 14 Tagen, gethan, bin aber selbstverständlich dadurch nicht im entferntesten gebunden, da in der Zeit, wo ich meine Erklärung abgegeben, die Erlanger Stelle für mich noch gar nicht in Frage stand. Es ist aber auch keineswegs sicher dass ich unter diesem Umständen wirklich nach Bonn gerufen werde, da ich Grund zu der Annahme zu haben glaube dass auch Professor Martin in Prag unter den Candidaten der zweiten Liste sich befindet: und diesen würde das Ministerium vielleicht als den ältesten vorziehen.

Ich werde Ihnen selbstverständlich als bald und vor jeder Entscheidung melden, wenn ich noch einen Ruf nach Bonn erhalten sollte, um so mehr als ich persönlich sehr gern nach Erlangen gehen werde.

Die Straßburger Universitätsverhältnisse sind ja freilich großartig zugeschnitten, wie das bisher noch kaum an einer anderen Hochschule der Fall ist: aber die völlige Ausführung des hiesigen Platzes erfordert eine Summe von Kraft, die fast jede eigene Production erstickt. Während der Zeit, die ich hier zugebracht habe, musste ich sechs Semester hinter einander je ein neues Colleg ausarbeiten, hatte daneben die alleinige, durch die große damit verbundene Correspondenz äußerst zeitraubende Redaction meiner Zeitschrift, die teilweise Redaction unserer Quellen und Forschungen und endlich die gesammten Catalogisierungsgeschäfte für unser Seminar; und in den Ferien, so sonst andere sich erholen oder für sich arbeiten können, musste ich fast immer wissenschaftliche Reisen unternehmen. Die Früchte derselben sind freilich nicht verloren, aber zu ihrer Verwerthung fand sich noch nicht die Muße. Sie werden darum begreifen, dass ich mich sehne, meine Thätig- keit etwas mehr concentrieren zu können.

Und nun möchte ich noch einen Punct berühren. Wenn ich für Ostern4 berufen werde, so muss ich hier, da ich meine Wohnung erst zu Ostern für Michaelis kündigen kann, ein halbes Jahr Miethe im Betrage von 480 Mark unnütz bezahlen; ferner würden die Kosten der Übersiedlung meines Mobiliars, das ich erst vor zwei Jahren neu beschafft habe, auch einige hundert Mark betragen. Es wäre mir daher erwünscht, bei Gelegenheit zu erfahren, ob eine Entschädigung der Umzugskosten in Baiern ebenso wie in Preußen eintritt, oder nicht. Ich brauche kaum zu bemerken dass eine Gewährung oder Nichtgewährung ohne Einfluss auf meine Bereitwilligkeit, einem Rufe nach Erlangen zu folgen, sein würde: nur freilich wäre mir ein Ersatz der Auslagen recht erwünscht.

Indem ich Sie nochmals meines herzlichen Dankes versichere,

habe ich die Ehre
mich zu nennen
Ihren hochachtungsvollst ergebenen
Steinmeyer.