Nachdem gestern Nachmittag schon die königliche Bestätigung Ihrer Berufung aus Münchentelegraphirt und weiter an Sie nach Straßburggedrahtleitet worden ist, spreche ich Ihnen jetzt sogleich meine Freude aus, Sie als einen der unsrigen betrachten zu dürfen.
Wir müssen Ihre Annahme und Ihr Kommen nach Erlangen um so höher schätzen, wegen Ihres gran rifiuto in Bonn. Möchten Sie Ihre Erwartungen in einen bescheidenen Wirkungskreis bei uns vollauf befriedigt finden.
Sie selbst schon in den Weihnachtsferien, die morgen bei uns beginnen, hier zu sehen, würde mir große Freude sein. Es fällt etwas schwer eine passende Wohnung zu finden; gern würde ich auf alle Fälle zum voraus | mich nach einer solchen erkundigen, wenn ich Ihre Bedürfnisse kannte.
Mit freundlichem Gruß
der Ihrige Carl Hegel
P. S. Alle sonstigen Verhandlungen gehen durch den Prorector1, der Sie sofort mit Ihnen einleiten wird. Gerne bin aber auch ich zu jeder Auskunftsertheilung bereit.
1Der Jurist und Hochschullehrer auf dem Gebiet des römischen Rechts August Georg Bechmann (1834-1907) war vom Wintersemester 1876/77 bis zum Sommersemester 1877 Prorektor der Erlanger Universität.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
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Steinmeyer, Emil EliasElias Steinmeyer11861755918481922Steinmeyer, Emil Elias (1848–1922), in der Nähe Potsdams geborener, aus preußischem Pfarrhaus stammender Germanist und Altphilologe, der nach seinem Studium an der Berliner Universität von 1873 bis 1877 außerordentlicher Professor für germanistische Mediävistik an der Universität Straßburg war, anschließend bis 1913 Ordinarius für deutsche Sprache und Literatur an der Universität Erlangen.
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Universitätsarchiv Erlangen: Personalakten Erlanger Professoren 1856-1901
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UA Erlangen-Nürnberg1000
Bechmann, Georg Karl August11886906X18341907Bechmann, Georg Karl August (1834–1907), in Nürnberg geborener Rechtswissenschaftler, der nach Studium an den Universitäten München und Berlin, Promotion an der Universität Erlangen und Habilitation an der Universität Würzburg ordentlicher Professor an den Universitäten Basel (1862–1864), Marburg (1864), Kiel (1864–1870), Erlangen (1870–1880), Bonn (1880–1888) und München (1888–1907) war, in Kiel (1869/70), Erlangen (1876/77) und München (1894/95) auch Prorektor beziehungsweise Rektor.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Straßburg48.584614,7.7507127Ehemalige Reichs-, Universitäts- und Bischofsstadt am Westufer des Rheines und an der Ill zwischen Vogesen im Westen und Schwarzwald im Osten gelegen.
BonnAuf eine römische Gründung zurückgehende alte kurfürstliche Residenzstadt am Rhein mit menschlichen Besiedlungsspuren, die ca. 14.000 Jahre zurückreichen, nach französischer Herrschaft ab 1815 eine Stadt des Königreiches Preußen, etwa 30 Kilometer nördöstllich von Köln gelegen.
königlichAuf einen König bzw. auf ein Königreich bezogen, dazu gehörend, diesem zuzuordnen.
BerufungHier im Sinne von: Ruf auf eine Professur und damit Angebot für ein wissenschaftliches Amt.
gran rifiutoAus dem Italienischen wörtlich: „große Abdankung“ bzw. im Sinne von „große Absage“, hier als Reminiszenz an Dante Aleghieri und seine „Divina Commedia“, Zitat aus dem 60. Vers des dritten Gesangs dieser Dichtung, sowie zugleich Dante folgend Anspielung auf den Eremiten Pietro da Morrone, den späteren Papst Coelestin V. († 1296), der 1294 hochbetagt zum Papst gewählt worden war und bereits im selben Jahr wieder abdankte. Das Zitat im Ganzen lautet: „Che fece per viltade il gran rifiuto“.
Universität ErlangenDie im Jahre 1743 gegründete Universität Erlangen gewann im 19. Jahrhundert innerhalb des katholisch geprägten Königreichs Bayern durch ihre evangelische Theologische Fakultät als wissenschaftliche Ausbildungsstätte protestantischer Geistlicher für die neue, nach 1806 erst entstehende Bayerische Landeskirche eine besondere Bedeutung. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war die „Erlanger Theologie“ durch große Geschlossenheit und Einheitlichkeit im Sinne des „Neuluthertums“ gekennzeichnet.
Prorector, Prorektor (Erlangen)Wie an der Universität Erlangen war an allen Universitäten des Königreichs Bayern stets der König Universitätsrektor, ein jährlich neu gewählter Professor sein Vertreter als Prorektor.
Mehrere Registerverweise
Zitierempfehlung
Die wissenschaftliche Korrespondenz des Historikers Karl Hegel (1813-1901), bearbeitet von Helmut Neuhaus und Marion Kreis