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Karl Hegel an Wilhelm Scherer, Erlangen, 25. Dezember 1876

Verehrtester Herr College!

Indem ich Ihnen hierneben Ihre Notizenblätter zurückschicke1, wiederhole ich Ihnen meinen und unserer ganzen Facultät wärmsten Dank für den wichtigen Dienst, den Sei uns durch Ihren gefälligen Beirath geleistet haben. Durch unsere vereinten Bemühungen sind wir schnell zum glücklichen Ende Ziel gelangt.

Steinmeyer ist der unserige geworden in dem Moment, da wir ihn zu verlieren fürchteten Wir danken es hauptsächlich unserem Ministerium, daß es unseren Wünschen so bereitwillig entgegenkam und mit Hülfe der Telegraphen die Entscheidung im königlichen Cabinet so ungewöhnlich rasch herbeiführte. So wurde die peinliche Lage, in der sich Steinmeyer ein paar Tage hindurch befand, bald ganz gehoben, und er hat es von seiner Seite ebenso wenig an rascher Entschließung fehlen lassen, wofür wir ihm zu vielem Dank verpflichtet sind.

Sie wissen, daß unser eventueller Vorschlag auf Martin gieng, von dem wohl anzunehmen war, daß er – besonders nach den neuesten häßlichen Czechen-Demonstrationen2 – gern von Prag weggehen würde. Schönbach wäre als dritter an die Reihe gekommen, falls es auch nöthig erschienen wäre, einen Dritten zu nennen. Er sehnt sich, wie wir wissen, von Gratz fort. Über die Vorschläge, die uns von anderen Seiten zukamen – Schröer, Kelle, selbst Bechstein – habe ich mich wirklich gewundert. Nur die Ihrigen habe ich solide und zuverlässig gefunden.

Möge es nun unserem Steinmeyer bei uns wohl gefallen! Ich fürchte zunächst für ihn die Wohnungsnoth, über die er vielleicht so bald nicht hinauskommen wird. Auch Andere haben sich eine Zeitlang mit einem Provisorium behelfen müssen, bis sich etwas besseres aufthat. Die Nachfrage ist immer größer als das Angebot, und was nun gebaut wird, genügt kaum den mäßigsten Ansprüchen. Doch Steinmeyer wird ja bald selbst zusehen; wir freuen uns sehr darauf, ihn schon jetzt bei uns zu begrüßen.

Mit aufrichtiger Hochachtung
der Ihrige
Carl Hegel.