Erlangen 22. Juni 1877.
Lieber Manuel!
Ich danke Dir herzlich für Deine Mittheilung über das wichtige Ereigniß des Dich so hoch ehrenden kaiserlichen Erlasses und nehme brüderlichen Antheil an der gerechten Befriedigung, mit welcher es Dich erfüllt hat. Freilich viel Schwieriges steht Dir gleich jetzt bevor, wie Du mit den Namen Hoßbach und Rohde andeutest, abgesehen von der Umgestaltung des Consistoriums. Mögest Du auch dies glücklich überwinden und auf alle Fälle der Dir so nöthigen Sommerfrische nicht entbehren, welche Euch in der erfreulichsten Weise in Schlesien geboten wird.
Meiner lieben Susanna ist es in den letzten Tagen erträglich gegangen; eine Änderung zum Besseren läßt sich freilich noch nicht wahrnehmen, aber der Genuß der frischen Luft in den Nachmittags- und Abendstunden thut ihr doch sichtlich wohl und ich fange wieder an, einigermaßen in Hoffnung aufzuleben. |
Was mich aufrecht hält unter so schwerer Sorge ist reichliche Beschäftigung, die ich mir mache. Nachdem ich mit meiner langen Arbeit über die Geschichte und Verfassung von Cöln, die jetzt zum Druck kommt, endlich fertig geworden bin, komme ich auf Dino und die Dante Commentare zurück, wozu ein Aufsatz von Scheffer-Boichorst den Anstoß giebt, und habe zugleich die Briefe unseres Vaters vorgenommen, zu deren Edition ich mich anheischig gemacht, um sie nicht in andere Hände kommen zu lassen. Wohl den wichtigsten neuen Beitrag hierzu geben die zahlreichen Briefe an Niethammer, welche mir auf meine Bitte, der Reichsrath schon vor mehreren Jahren zugeschickt hat, und welche, über die Bamberger und Nürnberger Zeit ein höchst erwünschtes Licht verbreitend, von großem persönlichen wie sachlichem Interesse sind. Ich gedenke dabei den Text mit wenigen erläuternden Noten bezüglich der erwähnten Personen und Zeitgeschichten zu begleiten, und dazu brauche ich jetzt vor allem die Jahrgänge der Bamberger Zeitung, welche in Deiner Verwahrung sind. Ich bitte Dich daher, mir diese zu übersenden und weiter nachzusehen, ob sich vielleicht – | wie ich freilich selbst nicht glaube – noch ein Druckexemplar des 2. Bandes der Vermischten Schriften, Werke Bd. 17, und ein Exemplar von Rosenkranz Biographie vorfindet, welche ich für den Abdruck der Briefe verwenden könnte. Ich habe gefunden, daß der frühere Abdruck einer durchgängigen Revision sehr benöthigt ist und vielfach uncorrect erscheint. Auch werde ich eine andere Anordnung der Briefe nach chronologischer Folge treffen.
Um auf die Bamberger Zeitung zurückzukommen, so brauche ich die Jahrgänge von 1807 und 1808: es ist vortheilhaft, das durch die Post zu versendende Paket nicht schwerer als 10 Pfund zu machen und, wenn das Gewicht des Gegenstands mehr ausmacht, die Sache auf zwei Pakete unter 10 Pfund zu vertheilen.
Heute Vormittag (Ich schreibe dies am Sonnabend 23. Juni früh) um 11 Uhr hält College Steinmeyer seine Antrittsrede in der Aula. Er lebt sehr zurückgezogen mit seiner Frau, die ich noch gar nicht einmal gesehen habe, weil wir sie zum Besuch nicht annehmen konnten.
Herzliche Grüße an Clara, Willi und Clärchen.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Privatbesitz
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Privatbesitz
1000
Hegel
, Immanuel: Erinnerungen aus meinem Leben, Berlin 1891.
I. Hegel
, Erinnerungen.
1891
Hegel
, Karl: Verfassungsgeschichte von Cöln im Mittelalter, Leipzig 1877 (= Separatabdruck aus den „Chroniken der deutschen Städte“. Cöln, Bde. 1/3).
Hegel
, Verfassungsgeschichte von Cöln
1877
Hegel
, Karl: Über den historischen Werth der älteren Dante-Commentare. Mit einem Anhang zur Dino-Frage, Leipzig 1878.
Hegel
, Dante-Commentare
1878
Scheffer-Boichorst
, Paul: Zum Dino-Streit, in: Historische Zeitschrift 38 (1877), S. 186-192.
Scheffer-Boichorst
, Zum Dino-Streit, S. 186-192
1877
Scheffer-Boichorst
, Paul: Die Chronik des Dino Compagni. Kritik der Hegel’schen Schrift „Versuch einer Rettung“, Leipzig 1875.
Scheffer-Boichorst
, Chronik des Dino Compagni
1875
Georg Wilhelm Friedrich Hegel’s vermischte Schriften, Bd. 2
, hrsg. von D. Friedrich Förster und D. Ludwig Boumann (= Georg Wilhelm Friedrich Hegel’s Werke. Vollständige Ausgabe durch einen Verein von Freunden des Verewigten, Bd. 17), Berlin 1835.
Georg Wilhelm Friedrich Hegel’s vermischte Schriften, Bd. 2
1835
Rosenkranz, Karl: Georg Wilhelm Friedrich Hegels Leben, Berlin 1844
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Rosenkranz, Karl: Georg Wilhelm Friedrich Hegels Leben, Berlin 1844.
1844
Thye, Margot: Elias von Steinmeyer (1848-1922). Germanist und Vorstand der Bibliothekskommission in Erlangen (= Schriften der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, Bd. 32), Erlangen 1997
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Thye, Margot: Elias von Steinmeyer (1848-1922). Germanist und Vorstand der Bibliothekskommission in Erlangen (= Schriften der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, Bd. 32), Erlangen 1997.
1997
Hossbach, Theodor Johannes10176372718341894Hossbach, Theodor Johannes (1834–1894), in Berlin geborener evangelischer Pfarrer, der nach seinem Studium an den Universitäten Berlin und Bonn ab 1858 in den Pfarrdienst eintrat. Als Anhänger der liberalen Theologie erregte er 1877 mit einer Predigt in der St. Jakobikirche in Berlin großes Aufsehen und den Widerspruch des Konsistoriums unter Immanuel Hegels (1814–1891) Leitung, fand aber die Unterstützung des Evangelischen Oberkirchenrats und breiter Kreise der Berliner Pfarrerschaft.
Rhode (Rohde), Franz Georg Simon-18331892Rhode (Rohde), Franz Georg Simon (1833–1892), ordiniert 1857, von 1859 bis 1866 Pfarrer an der Berliner Marienkirche, dann an der Luisenstadt-Kirche in Berlin. Er gehörte zu den Liberalen und trat für die Streichung des Apostolikums ein, genoß aber weitgehend den Schutz des Evangelischen Oberkirchenrats, als Immanuel Hegel ein Disziplinarverfahren gegen ihn mit dem Ziel der Entfernung aus dem Pfarrdienst anstrebte; Rhode erhielt nur einen strengen Verweis.
Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher
Susanna Maria Hegel, geb. Tucher116146891918261878Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher (1826–1878), häufig „Susette“ genannt, Tochter Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871) und Maria Magdalena Tuchers, geb. Grundherr (1802–1876), Ehefrau Karl Hegels (1813–1901); siehe auch: Tucher, Susanna Maria.
Compagni, Dino1189110901246/471324Compagni, Dino (1246/47–1324), in Florenz geborener Tuchhändler, Politiker und Chronist. Über die Echtheit seiner Chronik der Stadt Florenz stritten sich in der deutschen Geschichtswissenschaft im 19. Jahrhundert Paul Scheffer-Boichorst (1843–1902), der die Fälschungsthese vertrat, und Karl Hegel (1813–1901), der die Echtheit der Chronik bewiesen hat.
Dante AlighieriDante
https://www.deutsche-biographie.de/pnd118523708.html
11852370812651321Dante Alighieri (1265–1321), in Florenz geborener italienischer Dichter und Philosoph.
Scheffer-Boichorst, PaulPaul Scheffer-Boichorst11860685918431902Scheffer-Boichorst, Paul (1843–1902), in Elberfeld geborener Historiker, der von 1862 bis 1867 an den Universitäten Innsbruck, Göttingen, Berlin und Leipzig studierte, wo er 1867 auch promoviert wurde. Von 1867 bis 1872 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Editionsunternehmen „Regesta Imperii“, dann bis 1875 bei den Monumenta Germaniae Historica. 1875 wurde er außerordentlicher Professor an der Universität Gießen und war von 1876 bis 1890 Ordinarius an der Universität Straßburg, anschließend bis zu seinem Lebensende an der Universität Berlin. Von 1891 bis 1902 gehörte er der Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica an, ab 1898 war er Mitglied der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Mit Karl Hegel (1813–1901) lieferte er sich einen heftigen Disput über die Echtheit der Chronik des Dino Compagni, bei welchem Karl Hegel recht behalten sollte.
Hegel, Georg Wilhelm FriedrichGeorg Wilhelm Friedrich Hegel https://www.deutsche-biographie.de/sfz28648.html#ndbcontent11854773917701831 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770–1831), Philosoph, Ehemann Maria Helena Susanna Hegels, geb. Tucher (1791–1855), Vater Karl und Immanuel Hegels , von 1808 bis 1816 Gymnasialrektor und Schulrat in Nürnberg, ordentlicher Universitätsprofessor für Philosophie von 1816 bis 1818 an der Universität Heidelberg und von 1818 bis 1831 an der Universität Berlin.
Steinmeyer, Emil EliasElias Steinmeyer11861755918481922Steinmeyer, Emil Elias (1848–1922), in der Nähe Potsdams geborener, aus preußischem Pfarrhaus stammender Germanist und Altphilologe, der nach seinem Studium an der Berliner Universität von 1873 bis 1877 außerordentlicher Professor für germanistische Mediävistik an der Universität Straßburg war, anschließend bis 1913 Ordinarius für deutsche Sprache und Literatur an der Universität Erlangen.
Steinmeyer, Anna Johanna, geb. Rust
11726302818441894Steinmeyer, Anna Johanna, geb. Rust (1844–1894), Ehefrau der Germanisten Emil Elias Steinmeyer (1848–1922).
Hegel, Clara (Klara), geb. Flottwell
Clara Hegel, geb. Flottwell116570776?18251912Hegel, Clara (Klara), geb. Flottwell (1825–1912), Tochter Eduard Heinrich Flottwells (1786–1865) und Auguste Flottwells, geb. Lüdecke (1794–1862), jüngere Schwester Friederike Hegels, geb. Flottwell (1822–1861), der ersten Ehefrau Immanuel Hegels (1814–1891) und dessen zweite Ehefrau ab 8. September 1865.
Hegel, Wilhelm (Willi)Wilhelm Hegel13593263718491925Hegel, Wilhelm (Willi) (1849–1925), in Berlin geborener Sohn Immanuel (1814–1891) und Friederike Hegels (1822–1861), Ehemann Armgard Hegels, geb. Wulffen (1862–1928), und Neffe Karl Hegels. Er war hoher preußischer Verwaltungsbeamter, u. a. von 1886 bis 1890 Landrat des Kreises Jerichow I, von 1895 bis 1905 Regierungspräsident von Gumbinnen, von 1905 bis 1908 in Allenstein, von 1908 bis 1917 Oberpräsident der Provinz Sachsen. Es war von 1887 bis 1890 Mitglied des Deutschen Reichstages und wurde im Jahre 1909 in den erblichen preußischen Adelsstand erhoben.
SchlesienSeit Beginn des 19. Jahrhunderts Provinz des Königreichs Preußen mit Breslau als Provinzhauptstadt.
Bamberg49.8916044,10.8868478Alte Bischofsstadt in Franken, etwa 60 Kilometer nördlich von Nürnberg an der Mündung der Regnitz in den Main gelegen.
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
Reichsräte, Reichsrath (Königreich Bayern)Mitglieder der „Kammer der Reichsräte“, der ersten Kammer des Landtages des Königreichs Bayern, der Vertreter des Adels, der Geistlichkeit und vom König ernannte Personen angehörten. Die erste Kammer, die „Kammer der Abgeordneten“, bildeten die vom Volk nach dem Zensuswahlrecht gewählten Abgeordneten.
Bamberger ZeitungMit wechselnden Namen erschien die „Bamberger Zeitung“ seit 1795 in der oberfränkischen Bischofsstadt. Der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1832) war 1807/08 deren Chefredakteur.