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Karl Hegel an Immanuel Hegel, Erlangen, 22./23. Juni 1877

Lieber Manuel!

Ich danke Dir herzlich für Deine Mittheilung1 über das wichtige Ereigniß des Dich so hoch ehrenden kaiserlichen Erlasses2 und nehme brüderlichen Antheil an der gerechten Befriedigung, mit welcher es Dich erfüllt hat. Freilich viel Schwieriges steht Dir gleich jetzt bevor, wie Du mit den Namen Hoßbach und Rohde andeutest, abgesehen von der Umgestaltung des Consistoriums. Mögest Du auch dies glücklich überwinden und auf alle Fälle der Dir so nöthigen Sommerfrische nicht entbehren, welche Euch in der erfreulichsten Weise in Schlesien geboten wird.

Meiner lieben Susanna ist es in den letzten Tagen erträglich gegangen; eine Änderung zum Besseren läßt sich freilich noch nicht wahrnehmen, aber der Genuß der frischen Luft in den Nachmittags- und Abendstunden thut ihr doch sichtlich wohl und ich fange wieder an, einigermaßen in Hoffnung aufzuleben.

Was mich aufrecht hält unter so schwerer Sorge ist reichliche Beschäftigung, die ich mir mache. Nachdem ich mit meiner langen Arbeit über die Geschichte und Verfassung von Cöln3, die jetzt zum Druck kommt, endlich fertig geworden bin, komme ich auf Dino und die Dante Commentare4 zurück, wozu ein Aufsatz von Scheffer-Boichorst5 den Anstoß giebt, und habe zugleich die Briefe unseres Vaters vorgenommen, zu deren Edition ich mich anheischig gemacht6, um sie nicht in andere Hände kommen zu lassen. Wohl den wichtigsten neuen Beitrag hierzu geben die zahlreichen Briefe an Niethammer, welche mir auf meine Bitte, der Reichsrath schon vor mehreren Jahren zugeschickt hat, und welche, über die Bamberger und Nürnberger Zeit ein höchst erwünschtes Licht verbreitend, von großem persönlichen wie sachlichem Interesse sind. Ich gedenke dabei den Text mit wenigen erläuternden Noten bezüglich der erwähnten Personen und Zeitgeschichten zu begleiten, und dazu brauche ich jetzt vor allem die Jahrgänge der Bamberger Zeitung, welche in Deiner Verwahrung sind. Ich bitte Dich daher, mir diese zu übersenden und weiter nachzusehen, ob sich vielleicht – wie ich freilich selbst nicht glaube – noch ein Druckexemplar des 2. Bandes der Vermischten Schriften, Werke Bd. 177, und ein Exemplar von Rosenkranz Biographie8 vorfindet, welche ich für den Abdruck der Briefe verwenden könnte. Ich habe gefunden, daß der frühere Abdruck einer durchgängigen Revision sehr benöthigt ist und vielfach uncorrect erscheint. Auch werde ich eine andere Anordnung der Briefe nach chronologischer Folge treffen.

Um auf die Bamberger Zeitung zurückzukommen, so brauche ich die Jahrgänge von 1807 und 1808: es ist vortheilhaft, das durch die Post zu versendende Paket nicht schwerer als 10 Pfund zu machen und, wenn das Gewicht des Gegenstands mehr ausmacht, die Sache auf zwei Pakete unter 10 Pfund zu vertheilen.

Heute Vormittag (Ich schreibe dies am Sonnabend 23. Juni früh) um 11 Uhr hält College Steinmeyer seine Antrittsrede9 in der Aula. Er lebt sehr zurückgezogen mit seiner Frau, die ich noch gar nicht einmal gesehen habe10, weil wir sie zum Besuch nicht annehmen konnten.

Herzliche Grüße an Clara, Willi und Clärchen.

Dein Bruder Karl.