Erlangen, 15. October 1877.
Lieber Manuel!
Bei meiner Rückkehr hierher fand ich Deinen lieben Brief an Susanna vor, woraus ich auch entnahm, daß meine Sendung aus Meran gut angekommen sei. Ich habe mich dort bei einem angenehmen Aufenthalt von 10 Tagen und schönem Wetter durch fleißiges Spazierengehen erfrischt und mich nebenbei über das dortige Schulwesen in der Volksschule und dem Gymnasium informiert. Die Volksschule, die nicht confessionell ist, fand ich in einem viel besseren Stande als das Gymnasium, das unter der Leitung von Benediktinern steht. Auch besuchte ich den Dichter von Redwitz, der durch Nervenleiden und Asthma an Meran gebannt ist. Von Pfarrer Richter habe ich Dir schon geschrieben. Eine Erlangerin, Frl. von Löwenich starb dort in denselben Tagen; ihre Schwester, Frau Consistorial Rath Ebrard kam, um sie als Leiche abzuholen. Meran hilft nicht, wenn die Natur und Gott nicht helfen!
Als ich über den Brenner kam, schneite es und in München war es sehr kalt. Ich wohnte eine Woche bei Anna während der historischen Commission. Sie war vollzählig bis auf Ranke, der Alters halber nicht mehr reisen kann. Leider muß man sich bei den Münchenern durchessen und kann froh sein, wenn man gut davon kommt. Die Naturforscher haben es diesmal besser gemacht; mit ihnen war vorher Felix viel beschäftigt gewesen, da er die Vorbereitungen mit besorgte und die Redaction der Berichte für den Druck leitete. Der kleine Otto ist ein Prachtjunge, mit blonden Locken, derb und stark wie einer; er begann eben zu laufen.
Hier in Erlangen traf ich meine liebe Susanna frischer und kräftiger als vorher; doch seitdem schwankt ihr Befinden wieder auf und ab, und zwar in den letzten Tagen eher ab, trotz des schönen warmen Wetters, welches ihr gestern und heute an der offenen Thür oder auf der Veranda zu sitzen gestattete. Sie kann doch nun ein paar Schritte im Zimmer weiter gehen und der Schlaf ist gut, wenn er nicht durch Husten unterbrochen wird; dieser ist das Schlimmste, aufregend und schmerzhaft; Athem und Puls sind wohl etwas weniger als im Sommer beschleunigt. Ich kann immer noch keine sichere Hoffnung fassen und zittere bei | jeder Veränderung des Zustands.
Die Nachricht von Georgs glücklich bestandenem Examen erhielt ich noch durch Telegramm in Meran; sie kam mir völlig unerwartet und ich fühle mich auf einmal einer andern großen Sorge ledig. Nun ist ihm doch endlich eine ehrenvolle Bahn geöffnet, und da er den Soldatenberuf mit Freude ergriffen hat und ganz darin lebt, so wird er ja auch wohl weiter kommen. Er fühlt sich jetzt nicht wenig gehoben und die tägliche Pflicht, die den Mann und seine Thätigkeit fordert, dient zu seiner sittlichen Stärkung. Er thut jetzt noch Unteroffiziersdienst, exerciert eine Abtheilung von Freiwilligen ein und unterrichtet sie, die meist Studenten sind; von den Offizieren ist er in ihre Abendgesellschaft geladen, und erwartet noch in diesem Monat seine Befördeung zum Fähnrich; erst im nächsten April tritt er dann in die Kriegsschule. Ihr könnt Euch denken, wie glücklich darüber unsere liebe Susanna ist.
Mariechen versieht ruhig und gewissenhaft das Hauswesen; sie besitzt in hohem Maß weibliche Herzensgüte. Beide Schwestern theilen sich in die Pflege der kranken Mama, die übrigens durch ein vortreffliches Dienstmädchen so besorgt wird, daß kaum weitere Hülfe nöthig ist. |
Nachmittags kommen Lommels mit den beiden Buben; mit dem älteren, Gottlieb, können wir, Eugen und ich, schon spazieren gehen. Die kleine Elisabeth war in den letzten Wochen unwohl.
Dies ist das Bild unseres häuslichen Lebens, über welches wir nur wenig hinaussehen. Ich habe unterdessen einen dritten Band Cöln fertig gemacht, der Dir zukommen wird. Darin ist von mir eine lange Verfassungsgeschichte von Cöln, die auch separat ausgegeben werden soll. Jetzt bin ich mit unseres Vaters Briefen beschäftigt und habe einen Theil der größten Correspondenz mit Niethammer bereits in Abschrift genommen d. h. dictirt, wobei ich im Sommer einige Studenten verwendete, jetzt aber abwechselnd die Kinder gebrauche. Ich bin im Zweifel, wie viel ich davon drucken lassen soll, und werde Dir später das Ganze vorlegen. Ich mache Noten dazu, die zum Theil umständliche Nachforschungen in Zeitungsblättern und in der Literatur erfordern.
Vor einigen Tagen fuhr ich mit Dr. Beckh von Ratsberg nach Nürnberg, der mir viel von Berlin und Potsdam erzählte, auch daß er Dich besucht habe. Er gehört zu unseren alten Erlanger Freunden und ist ein sehr wackerer Mann von vielseitigen Interessen und in seinem Alter immer noch unglaublich rüstig und vielgeschäftig. Hofmanns sind noch in Ansbach bei der Generalsynode. Wie steht es bei Euch? und mit Deiner Kirchennoth? Vor allem wünsche ich, daß Ihr gesund bleibt.
Herzlich grüßend
Dein Bruder Karl.
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Erlangen49.5928616,11.0056Mittelfränkische Universitätsstadt, etwa 20 Kilometer nördlich von Nürnberg gelegen, seit 1810 Stadt und Universität des Königreichs Bayern.
Privatbesitz
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Privatbesitz
1000
Neuhaus
, Helmut: 150 Jahre Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Eine Chronik, München 2008.
Neuhaus
, 150 Jahre Historische Kommission
2008
Die Chroniken der deutschen Städte
vom 14. bis in’s 16. Jahrhundert, hg. durch die Historische Commission bei der Königl. Academie der Wissenschaften von Karl
Hegel
, Bd. 14, Die Chroniken der niederrheinischen Städte. Cöln, bearb. von Hermann
Cardauns
, Bd. 3, Leipzig 1877. (https://dlibra.bibliotekaelblaska.pl/dlibra/publication/59561/edition/54914 )
Chroniken der deutschen Städte
, Bd. 14, Cöln, Bd. 3
1877
Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher
Susanna Maria Hegel, geb. Tucher116146891918261878Hegel, Susanna Maria Karoline Henriette, geb. Tucher (1826–1878), häufig „Susette“ genannt, Tochter Johann Sigmund Karl Tuchers (1794–1871) und Maria Magdalena Tuchers, geb. Grundherr (1802–1876), Ehefrau Karl Hegels (1813–1901); siehe auch: Tucher, Susanna Maria.
Redwitz, Oskar11639298318231891Redwitz, Oskar (1823–1891), im fränkischen Lichtenau bei Ansbach geborener Dichter, der an den Universitäten München, Erlangen und Bonn Rechtswissenschaften sowie Sprachen und Literatur studierte. Im Jahre 1851 wurde er an der Universität Wien Professor für Ästhetik und Literaturgeschichte, zog sich aber schon ein Jahr später auf seine Güter ins Privatleben zurück.
Richter, CarlRichter, Carl, evangelischer Pfarrer in Gries bei Bozen, Schwiegersohn von Nitsche, N. N.
Löwenich, Gottschalk-18161892Löwenich, Gottschalk (1816–1892), Erlanger Tabakfabrikant (Tabakfabrik Caspari Erben), 1887 erster Erlanger Kommerzienrat.
Ebrard, Johann Heinrich August11868761118181888Ebrard, Johann Heinrich August Ebrard (1818–1888), aus hugenottischer Familie stammender, in Erlangen geborener evangelisch-reformierter Theologe, der von 1835 bis 1839 an den Universitäten Erlangen und Berlin studierte und 1841 in Erlangen zum Dr. phil. promoviert wurde. 1842 habilitierte er sich dort in der Philosophischen Fakultät und lehrte als Privatdozent auch in der Theologischen Fakultät, wurde 1844 ordentlicher Professor an der Universität Zürich und 1847 in Erlangen.
Ranke, LeopoldLeopold Ranke
HiKo
11859827917951886Ranke, Leopold (1795–1886), in Wiehe geborener deutscher Historiker, der von 1818 bis 1824 Gymnasiallehrer in Frankfurt an der Oder war. Im Jahre 1824 wurde er außerordentlicher Professor, 1834 ordentlicher Professor für Geschichte an der Berliner Universität. Von 1858 an war er erster Präsident der von ihm initiierten Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
Klein, FelixFelix Klein11856286X18491925Klein, Felix (1849–1925), in Düsseldorf geborener Mathematiker, der von 1872 bis 1875 ordentlicher Professor an der Universität Erlangen war, dann bis 1880 an der Technischen Hochschule München, bis 1886 an der Universität Leipzig und bis 1913 an der Universität Göttingen, Ehemann Anna Maria Carolina Kleins, geb. Hegel (1851–1927).
Hegel, Maria (Mariechen, Mimi)Marie HegelTochter Karl Hegels-18551929 Hegel, Maria (Mariechen, Mimi) (1855–1929), dritte Tochter Karl (1813–1901) und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878), die ab 1878 dem verwitweten Vater den Haushalt in Erlangen führte.
Hegel, Sophia (Sophiechen)Sophie Hegel-18611940Hegel, Sophia (Sophiechen) (1861–1940), vierte und jüngste Tochter Karl und Susanna Maria Hegels, geb. Tucher (1826–1878); sie blieb unverheiratet und absolvierte Stationen in München und Göttingen in den Haushalten der Schwestern Luise Lommel, geb. Hegel (1853–1924), und Anna Klein, geb. Hegel (1851–1927), später eine ca. 20 Jahre währende Tätigkeit als Lehrerin/Erzieherin an einem englischen Mädchenpensionat in Malvern, ab 1910 wieder in der Familie ihrer schwerhörigen Schwester Anna Klein lebend und dort vor allem in der Erziehung und Krankenpflege helfend; spätere Arbeit im sozialen Bereich in Göttingen.
Lommel, Luise, geb. Hegel
Luise Lommel, geb. Hegel-18531924 Lommel, Luise, geb. Hegel (1853–1924), Ehefrau des Physik- und Mathematik-Professors Eugen Lommel (1837–1899); siehe auch: Hegel, Luise (1853–1924).
Lommel, Eugen Cornelius JosephEugen Lommel10427615018371899Lommel, Eugen Cornelius Joseph (1837–1899), in der Rheinpfalz geborener Physiker und Mathematiker, der von 1854 bis 1858 an der Universität München studierte, Lehrer in der Schweiz und dann Privatdozent an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich wurde. 1867/68 war er Professor an der land- und forstwirtschaftlichen Akademie in Hohenheim und von 1868 bis 1886 Ordinarius an der Universität Erlangen, schließlich an der Universität München. Er war der Ehemann Luise Hegels (1853–1924), der zweitältesten Tochter Karl und Susanna Maria Hegels (1826–1878).
Hegel, Georg Wilhelm FriedrichGeorg Wilhelm Friedrich Hegel https://www.deutsche-biographie.de/sfz28648.html#ndbcontent11854773917701831 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich (1770–1831), Philosoph, Ehemann Maria Helena Susanna Hegels, geb. Tucher (1791–1855), Vater Karl und Immanuel Hegels , von 1808 bis 1816 Gymnasialrektor und Schulrat in Nürnberg, ordentlicher Universitätsprofessor für Philosophie von 1816 bis 1818 an der Universität Heidelberg und von 1818 bis 1831 an der Universität Berlin.
Beckh, Hermann Friedrich Jakob102321169618061886 Beckh, Hermann Friedrich Jakob (1806–1886), war Jurist in Nürnberg sowie Guts- und Schloßbesitzer in Rathsberg bei Erlangen.
Hofmann, Charlotte, geb. Lameyer
Charlotte Hofmann, geb. Lameyer-1883Hofmann, Charlotte, geb. Lameyer († 1883), Ehefrau Johannes Christian Konrad Hofmanns (1810–1877), des ordentlichen Professors der evangelischen Theologie an den Universitäten Rostock und Erlangen.
Hofmann, Johannes Christian KonradJohannes Hofmann11870611X18101877Hofmann, Johannes Christian Konrad (1810–1877), in Nürnberg geborener evangelischer Theologe und Gymnasiallehrer, 1841/42 außerordentlicher Professor der Theologie an der Universität Erlangen, ordentlicher Professor an den Universitäten Rostock (1842–1845) und Erlangen (1845–1877).
Meran46.6695547,11.1594185Landeshauptstadt Tirols an der Etsch und Kurort, südlich des Brenners und circa 30 Kilometer nördlich von Bozen gelegen.
Brenner(-Paß)47.0073993,11.5066996Etwa 40 Kilometer südlich von Innsbruck und etwa 100 Kilometer nördlich von Bozen gelegener, etwa 1400 Meter hoher Nord-Süd-Übergang über die Alpen vom nördlichen in den südlichen Teil Tirols. Im Jahre 1867 wurde als erste Eisenbahnstrecke über den Alpenhauptkamm die Brennerbahn eröffnet.
München48.1371079,11.5753822Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Bayern an der Isar in Oberbayern.
Rathsberg49.618635,11.0192278Ort mit Gutshof und Schloß, etwa vier Kilometer nordöstlich von Erlangen auf der Höhe gelegen.
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Potsdam52.4009309,13.0591397Garnisons- und Residenzstadt des Königreichs Preußen an der Havel, etwa 30 Kilometer südwestlich von Berlin gelegen.
Ansbach49.3028611,10.5722288Ehemalige Haupt- und Residenzstadt des Markgraftums Brandenburg-Ansbach, etwa 100 Kilometer südlich von Schweinfurt und etwa 50 Kilometer südwestlich von Erlangen gelegen.
CommissionssitzungJährlich stattfindende ordentliche Plenarversammlung der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, früher in mehrere Sitzungen aufgeteilt.
Gesellschaft Deutscher Naturforscher und ÄrzteIm Jahre 1822 in Leipzig gegründete interdisziplinäre Wissenschaftsvereinigung.
Einjährig-FreiwilligerAus dem Militärdienst des Königreichs Preußen übernommene Figur des Wehrpflichtigen, der nach Erreichen eines höheren Schulabschlusses sich freiwillig zum Wehrdienst in einem von ihm gewählten Truppenteil melden konnte. Sie leisteten die Grundausbildung im Präsenzdienst, Abiturienten zum Beispiel in Universitäts- und Garnisonsstädten, wo sie Studium und Militärdienst miteinander verbinden konnten. Nach Vorliegen aller militärischen Voraussetzungen konnten sie Reserveoffiziere werden. Das Königreich Bayern folgte dem preußischen Vorbild im Jahre 1868.
FähnrichIn der Armee Dienstgrad vor dem des Leutnants.
Kriegsschule (München)In München 1858 gegründete militärische Fachschule zur Heranbildung von Offizieren der königlich-bayerischen Armee. Nachdem das Gebäude an der Schwabinger Landstraße im Jahr 1866 zu klein geworden war, erfolgte der Umzug in die „Maxburg“, wo 1867 der Lehrbetrieb der Kriegsschule, der Artillerie- und der Genieschule sowie der Kriegsakademie aufgenommen wurde.
Generalsynode (Königreich Bayern)Zur Beratung innerer Kirchenangelegenheiten geschaffene Repräsentation der evangelischen Kirche im rechtsrheinischen Bayern, die sich aus der 1848 geschaffenen Vereinigten Generalsynode der beiden Konsistorialbezirke Ansbach und Bayreuth gebildet hatte. Die linksrheinische pfälzische Landeskirche im Königreich Bayern löste sich 1848/49 vom Münchener Oberkonsistorium.