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Karl Hegel an Georg Hegel, Erlangen, 26. Mai 1878

Lieber Georg!

Es freut mich zu hören, daß Du gesund und viel beschäftigt bist. Die Abwechslung von geistiger Arbeit und körperlichen Übungen erhält Seele und Leib in guter Ordnung und kräftigt beide. Die neuen Unterrichtsgegenstände in beiden Richtungen müssen viel Reiz für Dich haben und Deine Kräfte anspannen. Ich bin begierig zu erfahren, wie es Dir bei der Location aus der Befestigungslehre und bei der aus der Taktik ergangen ist. Im Zeichnen kommst Du wenigstens, wenn auch mit Anstrengung, nach: wie gut, daß Du doch einige Vorbereitungen bei Daßler gemacht hast! Ich glaube wohl, daß Du das Vermessen besonders schwierig findest, da Du Optik hier nicht gehört hast: außer dem Lehrbuch von Jochmann könnte Dir auch Dein Schwager Felix etwas nachhelfen, so oft Du Gelegenheit findest, ihn zu befragen.

Anna und Felix wollten gestern nach Kohlgrub abreisen; also wirst Du sie heute nicht sehen. Hast Du Deiner Schwester wohl an ihrem Geburtstag1 gratulirt?

Über die hiesigen Ereignisse bist Du durch Sophiechen orientiert. Mit Luisens Befinden geht es Gottlob bis jetzt ganz nach Wunsch und der kleine Junge sieht gut und kräftig aus.2

Das unglückliche Duell mit tödtlichem Ausgang wird bei Deiner genauen Bekanntschaft mit den Personen und Verhältnissen Deine Theilnahme in erhöhtem Maße erregt haben. Für die Herren Offiziere liegt darin eine starke Warnung, sich mit mehr Takt und Vorsicht gegen die jungen Leute zu benehmen, als es leider von seiten des im Zweikampf Gefallenen geschehen ist. Nimm Du Dich nur auch bei dem Umgang mit den Kameraden recht in Acht, kein beleidigendes Wort zu gebrauchen, das sich nicht wieder gut machen läßt; man kann ja auch ohne dies genug sagen. Zwischen dem jüngeren Gorup und Ernst Schmidtlein hat unlängst ein Säbelduell in Nürnberg stattgefunden wegen Äußerungen, die zwischen ihnen noch in der Kriegsschule vorgekommen sind. Über Guido Brandt wird in den nächsten Tagen das Schwurgericht in Nürnberg erkennen.

Nach Deiner Mittheilung über Deinen Cassabestand am 20. dieses Monats wirst Du, wie ich denke, bis zu Endes des Monats damit ausreichen. Indessen schicke ich Dir morgen durch Postanweisung den Betrag von 70 Mark für den kommenden. Ich erwarte über Deine Geldangelegenheiten immer die größte Offenheit: auf keinen Fall sollst Du Schulden machen.

Dein
treuer Vater