Obwohl ich Dir erst vor acht Tagen von uns Nachricht gegeben habe1, so will ich doch den 7ten dieses Monats nicht vorüber gehen lassen, ohne Dir einen Gruß zu senden. Ich bringe Dir also meine und meiner Frau herzliche Glückwünsche zu Deinem Geburtstage2. Möge der Herr Dich im neuen Lebensjahr mit Deinen Kindern in Frieden bewahren und Dich mit möglichst rüstiger Gesundheit zur Arbeit stärken. Die Arbeit giebt jedem Tage Kraft und Leben und behält ihren Werth auch im zunehmenden Alter. An Arbeit und an Lust dazu fehlt es Dir auch nicht; möge sie Dir auch im Beruf immer volle Befriedigung gewähren! –
Wie ich Dir schrieb, haben wir die Pfingstfeiertage3 in Pessin bei Knoblauchs zugebracht. Es war sehr schönes Wetter, so daß wir uns immer im Freien aufhalten konnten; im Garten war die volle Pracht der Blüthe von Flieder, Goldregen, Weiß- und Rothdorn, Kastanien und dergleichen mehr. Für das Land wäre freilich Regen sehr erwünscht gewesen; denn es herrscht seit vielen Wochen ununterbrochene Dürre. Es fanden sich andere Verwandte, Bredows4 etc. ein, Alles sehr konservative urwüchsige Leute, die übrigens höchst behaglich leben. Die Tage waren eine erquikende Erholung, die aber schon Dienstag5 wieder zu Ende ging. Ich bin jetzt mit meiner Frau allein zu Haus, da Klärchen erst morgen von Kalkwitz zurükkehren wird. – Die nächste Woche wird nun eine Festunruhe6 bringen; möchte der alte Kaiser sie glüklich bestehen; man muß bei ihm doch immer daran denken, daß jeder Tag ihn seinem Ende näher bringt, und plötzlich diese beiden Augen sich für immer schließen können. Es wird dieser Moment einen gewaltigen Ruk im Lande und in der ganzen Welt geben.
Grüße von uns herzlich Deine lieben Kinder.