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Karl Hegel an Johann Eduard Erdmann, Erlangen, 1. Mai 1880

Verehrtester Herr College!

Ich habe soeben Ihre nun endlich gedruckte Hegel-Biographie aufs neue mit vieler Befriedigung gelesen und wiederhole Ihnen meinen freudigen Dank dafür. Als ich beim Lesen an das Ende kam, fühlte ich aber wie einen Stich ins Herz das Verschweigen der nachträglichen Säcularfeier am 3. Juni 1871, und ich begreife nicht, daß ich das selbst im Manuscript übersehen haben sollte! Ich sende Ihnen hierneben das Zeitungsblatt mit dem gleichzeitigen Bericht. Die Feier war eine sehr würdige in dem zwiefachen Act der Enthüllung des Denkmals und Übergabe desselben an die Stadt, und der solennen Rede bei der Universität in der stattlichen Versammlung der Aula; auch Michelets Rede im Saal der Singakademie wurde trotz ihrer Überschwänglichkeit mit großer Theilnahme von einem zahlreichen Publicum gehört. Um das Zustandekommen des Denkmals wie der Feier hat Michelet neben Professor Mätzner1 das meiste Verdienst.

Ich habe die im ganzen wohlgelungene Büste in Erz von des nun schon verstorbenen Künstlers und das Denkmal auf dem Hegelplatz hinter dem Kastanienwäldchen – erst vor kurzem mit Rührung wiedergesehen.2

Ich denke nicht, daß Sie einen Grund hatten, absichtlich von dieser nachträglichen Säcularfeier, welche wie Sie erwähnen, im Jahr 1870 nicht möglich war, zu schweigen. Wollten Sie nicht sich bewogen finden in einem Nachtrag zu dem (noch unvollendeten) 11. Bande der Allgemeinen Deutschen Biographie, wie derartige Zusätze sich auch in früheren Bänden finden, das Versäumte noch nachzuholen, damit es Ihnen nicht von anderen als ein absichtliches Übel gedeutet werde?3

Das Zeitungsblatt, welches zu meinen Reliquien gehört, bitte ich mir gefälligst wieder zurückzuschicken.

Mit vorzüglicher Hochachtung
ergebenst
Carl Hegel.