Berlin den 13ten September 1881
Lieber Karl!
Es war uns sehr erfreulich durch Deinen lieben Brief vom 1sten dieses Monats zu erfahren, daß Ihr trotz manchem Regen und Sturm doch auch noch schöne Tage in Tegernsee verlebt habt, die Ihr zu freundlichen Spaziergängen benutzen konntet, und nun glüklich wieder nach Hause zurükgekehrt seid, und hier Alles, groß und klein, in erwünschtem Wohlsein angetroffen habt. Es treibt das leider fortdauernde Regenwetter jetzt die Reisenden, die sonst noch länger im Gebirge oder an der See verweilen wollten, rasch nach Hause, und auch mein Kollegium wird nun wieder vollzählig. Nach meiner Rükkehr kam ich sofort durch die sehr zahlreich besuchte August-Konferenz in ein lebendiges Treiben, wenn ich auch keine Veranlassung, mich an den übrigens recht interessanten Verhandlungen aktiv zu betheiligen, gefunden habe; es wurde genug von Anderen geredet. In der folgenden Woche wohnte ich in Lübben der feierlichen Einführung des neuen Vice-General-Superintendenten der Niederlausitz, | Schulz bei; die Geistlichen und Superintendenten der Niederlausitz waren zahlreich versammelt und der neue General-Superintendent machte durch Predigt und sonstiges Verhalten einen sehr günstigen Eindruck. Der alte Büchsel vollzog die Einführung mit voller Kraft und Herzlichkeit in geistlicher Würde. Wir fanden eine sehr angenehme gastliche Aufnahme beim Landrath von Puttkammer, Bruder des Ministers und seiner gebildeten und liebenswürdigen Frau. – Ende des Monats denke ich einer Bibel-Konferenz in Halle als Präsident der Preußischen Haupt-Bibelgesellschaft beizuwohnen; es werden wichtige Berathungen von Delegirten der deutschen Bibelgesellschaften mit der Bibeltext-Revisions-Kommission, welche jetzt in letzter Konferenz die Revision des alten Testaments und damit der ganzen Bibel vorläufig abschließen wird, statt finden, da nunmehr auch über die Rechtschreibung und Sprachformen des Luthertextes, so wie über die Revision der Parallelstellen, Kapitel-Eintheilung etc. Beschluß gefaßt werden soll. Die Bibelgesellschaften vermitteln die Verbreitung der Bibel und müssen erwägen, in welcher Gestalt sie die Bibel drucken und den Geistlichen, Gemeinden und Schulen anbieten können. Dr. Frommann aus Nürnberg, der große Kenner | der deutschen, insbesondere der Luthersprache wird auch an der Konferenz Theil nehmen. Ende October, sogleich nach den Reichstagswahlen wird dann die Provinzialsynode zusammen treten, und sind wir angelegentlich mit der Vorbereitung der Vorlagen für dieselbe beschäftigt; es fehlt also nicht an Arbeit nach der in angenehmer Muße verlebten Urlaubszeit.
Unsere Waldenburger Kinder sind auch von ihrer Reise vor acht Tagen befriedigt und glüklich heimgekehrt; sie haben sich vorzugsweise in Ischl und Salzburg aufgehalten, auch in Zell am See. – Willy ist im Amt als Stellvertreter der verreisten älteren Kollegen festgehalten worden; doch hoffen wir, daß er uns noch in diesem, oder doch im nächsten Monat hier auf einige Tage besuchen werde. Es freut mich, daß er sich mit Fleiß und Eifer seinem Amt widmet; es ist der beste Weg, vorwärts zu kommen.
Clara und Klärchen befinden sich Beide ganz wohl und tragen mir herzliche Grüße auf. Mit besten Wünschen und Grüßen für Dich, Dein Haus mit Kindern und Kindeskindern
Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel)Immanuel HegelJurist/Konsistorialpräsident der Provinz Brandenburg11657072518141891 Hegel, Immanuel (Manuel, Emanuel) (1814–1891), Bruder Karl Hegels, studierte von 1832 bis 1834 und von 1835 bis 1836 Jura an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin, von 1834 bis 1835 an der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, trat 1836 in den preußischen Staatsdienst ein und war als Verwaltungsjurist in verschiedenen Verwendungen des Königreichs Preußen, vor allem im Staatsministerium, tätig, wurde 1865 Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg, heiratete 1845 Friederike Flottwell (1822–1861) und 1865 Clara Flottwell (1825–1912), beide Töchter des oftmaligen preußischen Oberpräsidenten und Staatsmanns Eduard Heinrich Flottwell (1786–1865), war u. a. Vater des preußischen Verwaltungsbeamten und Politikers Wilhelm (Willi) Hegel (1849–1925), war 1856 Taufpate seines Neffen Georg Hegel (1856–1933).
Hegel, KarlKarl Hegel
HiKo
11657075X
Berlin52.5170365,13.3888599Hauptstadt des Königreichs Preußen und ab 1871 auch des Deutschen Reiches.
Privatbesitz
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Privatbesitz
1000
Neuhaus
, Helmut (Hg.): Karl Hegels Gedenkbuch. Lebenschronik eines Gelehrten des 19. Jahrhunderts, Köln, Weimar, Wien 2013.
Neuhaus
, Karl Hegels Gedenkbuch
2013
Büchsel, Carl Albert Ludwig11866451418031889 Büchsel, Carl Albert Ludwig (1803–1889), geboren in der Uckermark, wurde 1846 erster Pfarrer der neuerrichteten evangelisch-lutherischen St.-Matthäus-Kirche (St. Matthäi-Kirche) in Berlin, nachdem er zuvor schon Superintendent in Brüssow gewesen war. In Berlin wurde er Generalsuperintendent.
Puttkamer, Richard Karl13905641618261898Puttkamer, Richard Karl (1826–1898), preußischer Verwaltungsbeamter und Rittergutsbesitzer, dessen Bruder der mehrmalige preußische Staatsminister Robert Viktor Puttkamer (1828–1900) war. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Heidelberg wurde er Besitzer des Ritterguts Glowitz in Hinterpommern. Von 1885 bis zu seinem Tod war er Landrat des Kreises Stolp.
Puttkamer, Robert Viktor11631433818281900Puttkamer, Robert Viktor (1828–1900), in Frankfurt an der Oder geborener preußischer Verwaltungsbeamter und konservativer Politiker, der nach dem Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Heidelberg, Genf und Berlin auf verschiedenen Ebenen der inneren Verwaltung tätig war. 1877 wurde er Oberpräsident der preußischen Provinz Schlesien, von 1879 bis 1881 war er in der Nachfolge Albert Falks (1827–1900) preußischer Kultusminister, dann bis zu seiner Entlassung durch König Friedrich III. (1831–1888) im Jahre 1888 preußischer Innenminister und Vizepräsident des Preußischen Staatsministeriums.
Puttkamer, Marie Beate Wilhelmine Henriette, geb. Schwerin
-18271910Puttkamer, Marie Beate Wilhelmine Henriette, geb. Schwerin (1827–1910), Ehefrau Richard Karl Puttkamers (1826–1898).
Frommann, Georg KarlGeorg Karl Frommannhttps://www.deutsche-biographie.de/sfz17798.html#adbcontent11537367518141887Frommann, Georg Karl (1814–1887), in Coburg geborener Sprachforscher und Germanist, der an der Universität Göttingen bei den deutschen Sprach- und Literaturwissenschaftlern Jakob Grimm (1785–1863) und Wilhelm Grimm (1786–1859) studiert hatte. Im Jahre 1853 wurde er Bibliothekar des neugegründeten Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg, 1865 zweiter Vorsitzender und befaßte sich vor allem mit der Erforschung deutscher Mundarten sowie der sprachlichen Revision der Luther-Bibel, an der er bis zur Fertigstellung der 1883 in Halle an der Saale erschienenen „Probebibel“ maßgeblich beteiligt war.
Hegel, Wilhelm (Willi)Wilhelm Hegel13593263718491925Hegel, Wilhelm (Willi) (1849–1925), in Berlin geborener Sohn Immanuel (1814–1891) und Friederike Hegels (1822–1861), Ehemann Armgard Hegels, geb. Wulffen (1862–1928), und Neffe Karl Hegels. Er war hoher preußischer Verwaltungsbeamter, u. a. von 1886 bis 1890 Landrat des Kreises Jerichow I, von 1895 bis 1905 Regierungspräsident von Gumbinnen, von 1905 bis 1908 in Allenstein, von 1908 bis 1917 Oberpräsident der Provinz Sachsen. Es war von 1887 bis 1890 Mitglied des Deutschen Reichstages und wurde im Jahre 1909 in den erblichen preußischen Adelsstand erhoben.
Hegel, Clara (Klara), geb. Flottwell
Clara Hegel, geb. Flottwell116570776?18251912Hegel, Clara (Klara), geb. Flottwell (1825–1912), Tochter Eduard Heinrich Flottwells (1786–1865) und Auguste Flottwells, geb. Lüdecke (1794–1862), jüngere Schwester Friederike Hegels, geb. Flottwell (1822–1861), der ersten Ehefrau Immanuel Hegels (1814–1891) und dessen zweite Ehefrau ab 8. September 1865.
Tegernsee47.7200701,11.738175054316027Nördlicher Voralpensee, etwa 50 Kilometer südlich von München, mit den Orten Egern und Rottach an der Südspitze.
Lübben51.9418987,13.8963805Etwa 80 Kilometer südöstlich von Berlin gelegene Garnisonsstadt im nördlichen Spreewald.
NiederlausitzSüdöstlich von Berlin nahe dem Spreewald gelegene Landschaft.
Halle51.4825041,11.9705452Universitätsstadt an der Saale, nordwestlich von Leipzig gelegen, 1680-1701 kurbrandenburgisch, dann Stadt des Königreiches Preußen.
Nürnberg49.453872,11.077298In Franken an der Pegnitz gelegene ehemalige Reichsstadt, seit 1806 Stadt des Königreichs Bayern.
Waldenburg50.7659054,16.2825424Etwa 75 Kilometer südwestlich von Breslau am Rande des Riesengebirges gelegene, sich rasche entwickelnde Handels- und Industriestadt im Landkreis Waldenburg.
Ischl47.7115299,13.6239333Etwa 260 Kilometer westlich von Wien und etwa 50 Kilometer südöstlich von Salzburg gelegenes österreichisches Kur- und Solebad an der Traun im Salzkammergut, seit Mitte des 19. Jahrhunderts Sommerresidenz des österreichischen Kaisers.
Salzburg47.7981346,13.0464806Ehemalige fürsterzbischöfliche Residenzstadt an der Salzach, etwa 130 Kilometer südöstlich von München gelegen, ab 1816 zum Kaisertum Österreich gehörend.
Zell am See47.3239636,12.7963165Etwa 80 Kilometer südwestlich von Salzburg und nördlich des 3798 hohen Großglockners, des höchsten Berges Österreichs, am Zeller See gelegene Gemeinde.
LandratIm Königreich Preußen Leiter der untersten staatlichen Verwaltungsbehörde, des Landratsamtes.
Konferenz deutscher BibelgesellschaftenZurückgehend auf die älteste deutsche Bibelgesellschaft, die im Jahre 1812 gegründete Württembergische Bibelanstalt, haben sich die verschiedenen Bibelgesellschaften in den Landeskirchen zwecks Verbreitung und sprachlicher Revisionen der Luther-Bibel zu einer überörtlichen Konferenz deutscher Bibelgesellschaften zusammengeschlossen.
Preußische Haupt-BibelgesellschaftDie am 23. November 1805 gegründete Preußische Bibelgesellschaft, ab 2. August 1814 landeherrlich anerkannte Preußische Haupt-Bibelgesellschaft war wie alle aus dem Geist des Pietismus und der lutherischen Erweckungsbewegung entstandenen Bibelgesellschaften zuständig für Herstellung und Verbreitung, teilweise auch Übersetzungen der Bibel. Vorsitzender der Preußischen Hauptbibelgesellschaft war während seiner Amtszeit als Präsident des Konsistoriums der Provinz Brandenburg Immanuel Hegel (1814-1891).
Reichstag (Deutsches Reich)In der Tradition des Reichstages des Norddeutschen Bundes von 1867 stehendes Parlament des Deutschen Reichs, das von 1871 bis 1918 bestand und zusammen mit dem Bundesrat die Reichsgesetzgebung ausübte. Verfassungsrechtlich ist er verankert in Kapitel V, Artikel 20-32, der Verfassung des Deutschen Reichs vom 16. April 1871.
SynodeVersammlung von gewählten Laien und Geistlichen zur Leitung und Verwaltung der evangelischen Kirchen auf verschiedenen Ebenen, u. a. Stadt-, Provinzial- und Generalsynoden.